Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Schlagwort: Rezension

Kaltes Kunstprodukt

Jan Costin Wagner: Das Schweigen Der Titel hält, was er verspricht: Auf den über 280 Seiten des neuen Romans von Jan Costin Wagner herrscht eisiges Schweigen vor. Kein Geplapper, kein überflüssiges Wort, dafür knappe, funkelnde Deskription von Seelenzuständen und wohlgeschliffene Dialoge in Halbsätzen. Angesichts der Verbrechen, die im Roman beschrieben werden, ist jene beredete Stille […]

Der Tod einer schönen Tabakverkäuferin

Daniel Stashower: The beautiful cigar girl : Mary Rogers, Edgar Allan Poe, and the invention of murder Es gibt Kriminalfälle, von denen man bis heute nicht weiß, ob sie überhaupt ein Kriminalfall sind. Der immer noch ungeklärte Tod von Mary Rogers gehört dazu. Am 28. Juli 1841 wurde die Leiche der jungen Frau in Hoboken, […]

Harry, hol’ schon mal den Wagen

Es ist Zeit für eines meiner Lieblingszitate: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Hanns Joachim Friedrichs sagte das einst und pochte damit auf journalistische Neutralität. Dazu gehört in meinen Augen zum Beispiel auch die Trennung der beruflichen Tätigkeit als Journalist […]

Konventionelles Krimihandwerk

Jonathan Santlofer: Der Todeskünstler Maler oder Bildhauer sind eher selten unter Krimiautoren zu finden. Einer der wenigen bildenden Künstler, die auch Kriminalliteratur schreiben, ist der US-amerikanische Maler Jonathan Santlofer. In den USA ist seine Krimi-Reihe um die Kunstexpertin und Ex-Polizistin Kate McKinnon sowohl bei der Kritik wie auch beim Publikum recht erfolgreich. Dort liegen bislang […]

„Gut, und was soll das heißen?“

Es wirkt auf mich schon befremdlich, wenn professionelle Rezensenten und Rezensentinnen zu der Allzweckwaffe „nicht nacherzählbarer Plot“ greifen. So wie Katharina Granzin in der taz-Kolumne „Crime Scene“, in der sie die neuen Romane von Sara Paretsky und Fred Vargas bespricht. Granzins Ausführungen zu Vargas Roman „Die dritte Jungfrau“ sind – freundlich formuliert – so allgemein […]

Australischer Stinkefinger

Peter Temple: Kalter August »Man will nicht mehr wissen warum, sondern wer.« lässt Peter Temple seinen Hauptcharakter Joe Cashin in einem der vorderen Kapitel seines Romans »Kalter August« sagen. Cashin, ein Polizist aus Melbourne, beantwortet so die Frage seiner Mutter, warum man einen alten, wehrlosen Mann zusammenschlagen muss, wenn man ihn doch »nur« ausrauben will? […]

Wie sag‘ ich es nur?

Gelegentlich erreichen mich E-Mails von neuen Autoren, die gerade ihren ersten Krimi veröffentlicht haben. Fast immer sind diese Vorstellungen mit der Bitte verbunden, das entsprechende Buch doch zu lesen und zu rezensieren. Freundlich wird dann noch darauf hingewiesen, bei wem ich ein Rezensionsexemplar bestellen kann. Die Verlage, in denen diese Bücher erscheinen, waren mir bis […]

Kafka und die Macht der Einbildungskraft

Pablo De Santis: Die sechste Laterne Es war der argentinische Dichter Jorge Luis Borges, der die Literatur der „vernunftgerechten Phantasie“ der Literatur des „psychologischen Realismus“ gegenüberstellte. Im Vorwort zu dem 1940 erschienen Roman „La invención de Morel“ (dt.: „Morels Erfindung“) seines Freundes Adolfo Bioy Casares stellte Borges fest, das die Erstere als Kunstprodukt strengeren Formgesetzen […]

Im Harlekinkostüm

Gilbert Adair: Mord auf ffolkes Manor Gilbert Adair ist ein Meister in der Gradwanderung zwischen literarischer Parodie und Travestie: Ob in „The Key of the Tower“(1997, dt. „Der Schlüssel zum Turm“), einer schrillen Parodie auf Alfred Hitchcock, oder in „Love and Death on Long Island“ (1990, dt. „Liebestod auf Long Island“), der ironischen Hommage an […]

Fakten gegen Fiktion

Richard Birkefeld und Göran Hachmeister: Deutsche Meisterschaft Lange Listen mit Danksagungen in Kriminalromanen erstaunen mich immer wieder. Sie erinnern mich an endlos erscheinendene Abspänne von Kinofilmen, die darüber informieren, wer der zehnte Kabelträger war und welche Catering-Firma Schauspieler, Kameramänner und Kabelhilfen verköstigt hat. Ganz so ausführlich ist die Danksagungsliste in dem zweiten Roman von Richard […]