Brände, Bilder und Betrüger

vom Krimiblogger

Kein Rauch ohne FeuerPeter Robinson: Kein Rauch ohne Feuer

»Als Kind hat mich mein Vater immer wieder in die Yorkshire Dales mitgenommen, um dort zu fotografieren. Manchmal hat er stundenlang gebraucht, nur um auf das richtige Licht zu warten. Ich hatte also reichlich Zeit, mir die Landschaft anzuschauen.« erzählt Peter Robinson während seiner Lesung in Hamburg. Ob es die schroffen Sandsteinfelsen seiner englischen Heimat waren, die seinen Blick geschärft haben? Dass er ein genauer und guter Beobachter ist, beweist er in seinen Kriminalromanen rund um den Detective Chief Inspector Alan Banks. Jetzt liegt der 14. Fall für Banks unter dem Titel „Kein Rauch ohne Feuer” in deutscher Übersetzung vor, der es – verdientermaßen – auf Anhieb auf Platz 1 der KrimiWelt-Bestenliste geschafft hat.

Peter Robinson ist ein genauer Beobachter, nicht nur von Landschaften, sondern vor allem auch von Menschen. In „Kein Rauch ohne Feuer” entspinnt er eine komplexe Geschichte, die ihren Anfang mit zwei ausgebrannten Hausbooten auf einem Kanal in Yorkshire nimmt. Alan Banks und seine Kollegin Annie Cabbot werden zur Brandstelle gerufen, weil es zwei Tote gegeben hat. Auf dem einen Boot finden die Ermittler die Leiche von Tina Aspern, einer jungen Frau, die zu Lebzeiten drogenabhängig war. Ihr Freund Mark, mit dem sie illegal auf dem Boot gewohnt hat, gerät unter Verdacht, die Boote angezündet zu haben. Doch welches Motiv sollte Mark gehabt haben, seine Freundin, die er offenbar geliebt hat, so grausam umzubringen? Zudem hat er für die mutmaßliche Tatzeit ein Alibi.

Bleibt der zweite Tote, der sich auf dem ausgebrannten Nachbarboot findet. Thomas McMahon war, wie die Ermittlungen zeigen, ein gescheiterter Maler, der vor allem von kitschigen Landschaftsbildern für Touristen gelebt hat. Nach Aussagen von Mark, der seinen Nachbar nicht besonders gut kannte, hat Thomas in den Monaten vor dem Brand immer wieder Besuch von zwei Männern bekommen. Wer waren die beiden Männer und könnten sie etwas mit dem Tod der beiden Hausbewohner zu tun haben?

Echt oder gefäscht?

Trotz eines intensiven Verhörs kann Banks dem jungen Mark nichts nachweisen. Statt dessen beschuldigt Mark den Stiefvater seiner Freundin, den Arzt Patrick Aspern, Tina seit ihrer frühen Jugend sexuell missbraucht zu haben. Mark selbst kann Banks aufgrund von mangelnden Beweisen nicht festhalten und lässt ihn laufen. Verzweifelt über den Tod seiner Freundin flieht Mark aus der Stadt, als nur kurze Zeit später auf einem abgelegenen Feld ein Wohnwagen in Flammen steht und ein Mann durch das Feuer stirbt. Wieder ein Toter, wieder war Mark in der Nähe. Ist er vielleicht doch ein Pyromane? Mark bleibt allerdings nicht der einzige Verdächtige: Banks und Cabbot nehmen auch den Stiefvater der Toten ins Visier, der offensichtlich einiges zu verbergen hat. Schließlich ist da noch der Antiquar Leslie Whitaker, der Agent des toten Malers. Beide scheinen in einen groß angelegten Kunstbetrug verwickelt gewesen zu sein.

Nicht nur die Ermittlungen machen Banks zu schaffen: Seine Kollegin Annie, mit der er einst eine kurze Affäre hatte, ist verliebt. Eifersüchtig beobachtet Banks ihren neuen Freund, den Kunsthistoriker Phil Keane. Als Annie vorschlägt, Phil als Berater für die Ermittlungen zu gewinnen, ist Banks nicht begeistert, kann sich der Entscheidung seines Vorgesetzten aber nicht widersetzen. Keane überprüft im Auftrag der Polizei ein Bild, dass in einem Safe im ausgebrannten Wohnwagen gefunden wurde. Echt oder gefälscht? Eine Frage, die sich Banks nicht nur in Bezug auf das Bild stellt, als er herausfindet, dass Annies neuer Freund verheiratet ist und ein Doppelleben führt.

Peter Robinson by Ludger Menke copyright protecedModerne trifft auf Klassik

Gelungen kombiniert Peter Robinson zwei Erzählstränge: Da ist die tragische Geschichte der jungen Tina Aspern, deren Familie ein finsteres Geheimnis hütet und auf der anderen Seite ein ausgeklügelter Kunstbetrug, an dem mehr Leute beteiligt sind, als es zunächst scheint. Raffiniert lockt Robinson seine Leser von einer falschen Fährte auf die nächste, bis es schließlich zu einer bitteren, dramatischen und für Banks lebensgefährlichen Auflösung kommt. In einem wohldurchdachten Tempo dreht der Autor seine Twists, die immer wieder überraschend und spannend sind.

Sein fesselndes Drama lebt dabei vor allem von seinen lebendigen Charakterstudien: Robinsons Figuren sind kraftvoll und vor allem glaubwürdig gezeichnet. Bis in die Nebenfiguren hinein entwirft er ein lebensnahes Figurenensemble, das den Leser in Schach hält. Eindrucksvolle und atmosphärisch dichte Beschreibungen der ländlichen Landschaft, die in einem reizvollen Kontrast zum modernen Leben der Menschen stehen, runden das Bild ab. Die Verbindung von klassischen Elementen des Police Procedurals und des Who-done-it mit fein gezeichneten Psychogrammen – bei Robinson funktioniert das hervorragend. So wie sein Alan Banks sowohl klassische wie auch moderne Musik mag und hört, so kombiniert Robinson auf unterhaltsame Weise die Tradition des britischen Kriminalromans mit modernen Erzählelementen. Peter Robinson ist eben nicht nur ein guter Beobachter, sondern auch ein guter Krimiautor.

Robinson, Peter: Kein Rauch ohne Feuer / Aus dem Englischen von Andrea Fischer. – Berlin : Ullstein, 2006
ISBN-10: 3-550-08498-6
ISBN-13: 978-3-550-08498-0

Originalausgabe: Robinson, Peter: Playing with Fire. – New York : William Morrow, 2004

Ein Interview mit Peter Robinson können Sie hier hören.

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