Aufgewärmt
vom Krimiblogger
„Glauser vs. Deutscher Krimipreis“ heißt der neueste Eintrag von Herrn Starck (dass ist der mit „SexDotCom“, jenem Insider-Krimi-und-Hau-Drauf-und-vielen-Ferkeleien-Bericht aus der schmutzigen Welt der New Economy und der noch schmutzigeren Welt des Porno-Business, welches so gerne ein Skandalbuch gewesen wäre, es aber leider knapp verpasst hat, weil sich nur ein paar geprellte Anleger des darin skizzierten AdultShop wirklich darüber aufgeregt haben, den meisten Krimilesern aber schlicht egal war), der nach seinem Debüt in diesem Jahr in der Jury des Glauser-Autorenpreises 2005 sitzt und somit über die Vergabe des „Glausers“ entscheidet. Nun wärmt Starck eine Diskussion auf, die es schon im letzten Jahr gab (siehe hier und hier) und die schon damals keinen wirklich interessierte. Schon allein der Vergleich zwischen einem Kritikerpreis und einem Autorenpreis ist dummes Zeug, es sind die berühmten Äpfel und Birnen – oder Affen und Bananen, wie es Herr Starck in einem Anflug von Erkenntnis selbst bezeichnet. Ansonsten rennt Herr Starck (der ja eigentlich in Australien lebt und sich vielleicht mal die dortige Krimiszene angucken sollte) die bekannten offenen Türen ein, die Jan Christian Schmidt schon im letzten Jahr skizziert hat.
Wie dem auch sei, Marcus Starck ist in diesem Jahr in der Jury, scheint sich aber seines Urteils schon im Vorfeld nicht sehr sicher zu sein.
„Im Gegensatz zum DKP müssen die Verlage ihre Bücher einreichen. (Nur so nebenbei, weder Piper reichte Astrid Paprottas ›Die ungeschminkte Wahrheit‹ (Rang 1 DKP) noch Kiepenheuer & Witsch, Frank Schätzings ›Der Schwarm‹ (Rang 2 DKP) für den Glauser ein.)
Marcus Starck: Glauser vs. Deutscher Krimipreis
Es sind also die Verlage, die gepennt haben, deshalb kein Glauser für Paprotta, kein Preis für Schätzing. Schon mal auf die Seite von Astrid Paprotta, der Siegerin des DKPs geschaut? Was findet sich da unter den FAQ
„Weitschweifig und von eigener Wichtigkeit beseelt über die eigenen Bücher zu parlieren, liegt mir nicht. Ich trete auch nirgendwo ein, warum sollten sich beispielsweise die Farbe Blau liebende Menschen in einer Vereinigung der Farbe Blau liebenden Menschen zusammenschließen? Nur weil es dämlich ist.
exit
Astrid Paprotta
Es sage keiner, dies sei kein Argument, warum Frau Paprotta offensichtlich nix mit einer Vereinigung Namens „Syndikat“ zu tun haben will und somit für den Glauser nicht in Frage kommt.
Was wird also dieses Jahr passieren? Nichts. Irgendwann im März oder April kommt die Liste mit den nominierten Krimis für den Glauser und etwas später dann die Liste mit den Gewinnern, die dann während der Criminale im HSK ausgezeichnet werden. Schön für die Autoren und Autorinnen – die meisten Krimileser werden es achselzuckend zur Kenntniss nehmen (wenn überhaupt).
Kriminalliteratur hat in Deutschland eben keine Lobby (bis auf ein paar Leute, die sich wirklich damit auseinandersetzen) und wie Thomas Wörtche es formuliert hat „keine Tradition“. Krimi bedeutet in diesem Lande eben immer noch Agatha Christie, Martha Grimes, Dan Brown oder Leslie Silbert (der neue Shooting-Star). Da kann man noch soviel Event betreiben. Es interessiert nur ganz wenige Leute. Das darum solche Preise kaum wahrgenommen werden (mal ehrlich, wer hat die Gewinnerin vom letzten Jahr noch auf der Reihe?) – wen wundert es?
Also „Alles Scheiße, oder was?“ wie es Herr Starck formuliert?. Jein: Schade, dass es immer noch keine wirklich breite Krimikultur in diesem Lande gibt. Aber es gibt die Nischen, die feinen, kleinen Ecken und Plätze, engagierte Verlage wie Distel oder Pulp Master (in dem Herr Starck erscheint), es gibt die Alligatorpapiere, es gibt die klugen Buchhändler/innen, wie Frau Fauser in München oder Herrn Sarrazin in Köln, und es gibt auch immer wieder gute, neue Autor/innen. Man muss sie nur suchen. Das bedeutet Arbeit und dafür sind die meisten Krimileser einfach zu bequem. Gute Kriminalliteratur muss auf Widerspruch stoßen, muss die Konfrontation suchen, unbequem sein. In Zeiten, die von vielen Menschen als immer härter empfunden werden (unabhängig ob dies objektiv zutrifft), sehe ich gute Chancen für solche Bücher.
Kommentare
Ludger, nur so nebenbei.
Hast du Marcus Starcks Beitrag eigentlich wirklich aufmerksam gelesen?
Im Prinzip sagt er das Gleiche wie du. Ich habe es selten erlebt, daß zwei Typen die so die gleiche Meinung vertreten sich so vehement streiten. Irgendwie verstehe ich die Aggresivität deines Beitrags nicht. Erklär dich bitte.
Liebe/Lieber Alex,
so agressiv finde ich mich nicht. Ich denke, das Zitat von Paprotta sagt eigentlich schon alles. Fakt ist aber doch, dass es wirklich kaum jemanden interessiert, ob ich mich mit Herrn Starck (oder wie im letzten Jahr mit Herrn Eckert) streite oder nicht. Genausowenig, wie es nur wenige interessiert, wer denn nun den Glauser oder den DKP bekommt. Aber du magst recht haben: Mit solchen aufgewärmten Diskussionen kommt man auch nicht weiter.
Ergänzung: Ach so, hab‘ ich vergessen. Ich glaube übrigens nicht daran, dass eine „Kommerzialisierung“, wie es Marcus Starck anspricht, wirklich mehr Qualität bringen kann.
Hör doch auf. Die Kommerzialisierung hat doch schon längst vom Krimi Besitz ergriffen. Schätzing, zum Beispiel ist ein kommerziell gemachter Erfolg und alle rufen Hurra.
Ein Blick auf Astrid Paprottas Website zeigt, dass sis sich sehr gerne mit dem Deutschen Krimipreis schmückt. Den Glauser hätte sie sich bestimmt genau so gerne umgehängt, wenn ihr Verlag es nicht versäumt hätte ihr Buch für den Glauser einzureichen. Den Preis haben vor ihr schon andere Nicht-Sydikats-Mitglieder erhalten. Und die Kohle hätte sie bestimmt auch nicht abgelehnt.
Was ist mit all den Amis, die uns Kommerz vormachen. Kommerz hoch drei. Hurra wir kaufen sie. Geh doch mal in einen Buchladen. Brown, Brown, Brown, Chrichton und Schätzing.
Qualität liegt doch bei den Verlagen. So lange die jeden Schmarrn in die Buchläden drücken, werden die Auflagen immer kleiner und die Bücher immer schlechter. Weniger wäre hier mehr und sicher kommerziell erfolgreicher als die nicht verkaufte 10.000er Auflage des 100.000ndsten Eifel Krimis.
Ich finde dieser Starck hat hier eindeutig einen Punkt.
Ja, eigentlich sagst Du genau dass, was auch mein Punkt ist. Und Starck spricht sich ja nun eindeutig für den Kommerz aus. Ich glaube aber, dass dies letztlich nicht der Punkt ist. Natürlich scheffeln manche Verlage mit den Ami-Bestsellern (oder mit Herrn Schätzing) viel Kohle – deshalb sag ich ja: Kommerziell hat nix mit Qualität zu tun. Die geht immer mehr flöten, egal ob es nun DKPs oder Glausers gibt.
Was mich an Starcks Äußerung störte, war, dass er Sachen repitierte, die schon im letzten Jahr nicht wirklich gefruchtet haben. Also nichts Neues brachte, auch als Jury-Mitlgied nicht. Und nun hör‘ ich auf.
Diese gesamte Diskussion um Krimikultur ist genau so förderlich, wie das Aufwärmen der DKP-Frage vom letzten Jahr. Wofür steht eigentlich der schwammige Begriff Krimikultur? Dafür, dass Manchette höhere Auflagen erzielt als Donna Leon? Paprotta als Berndorf? Oder dafür, dass der „literarische Kriminalroman“ (was auch immer das sei) mehr Erwähnung in den Feuilletons bekommt? Oder dafür, dass sich in jeder idylischen Eifel-Gemeinde allwöchtentlich ein Kriminalliteratur-Salon zusammenfindet? Oder vielleicht dafür, dass die Bouchercon irgendwie cooler ist als die Criminale?
Da jetzt mit dem Holhammer „Tradition“ zu kommen, ist irgendwie albern. Warum muss irgendetwas eine „Tradition“ haben, um relevant zu sein? Japanische (oder gar koreanische) Autos hatten auch keine Tradition, sind in vielen Belangen mittlerweile den Fords, GMs und Chryslers gleichwertig. Diesbezüglich verweise ich gerne auf Horst Eckerts Meinung zu Wörtches Artikel: http://www.das-syndikat.com/gens.htm
Über die von Frau Paprotta so arg kritisierte Vereinsmeierei zu diskutieren, ist ebenfalls müßig. Das Syndikat scheint seinen Zweck zu erfüllen, ansonsten würden sich ihm nicht so viele Autoren anschließen. Und gäbe es keins, kommt bestimmt aus irgendeiner Ecke die Frage, wieweit es denn mit der Krimikultur her sei, wenn sich deutschsprachige Krimi-Autoren nichtmals in einem Netzwerk zusammenschließen können.
Ob der Deutsch-Krimi schließlich im Ausland wahrgenommen wird, halte ich auch für eher unwichtig, so lange die Qualität stimmt. Aber das eine muss nichts mit dem anderen zu tun haben. Grönemeyer oder die Fantas hört in den Staaten auch kein Mensch – und sind die jetzt allein aufgrund dieser Tatsache schlecht?
Zum Kommerz sage ich nur Schnie schna schnappi. Mit ordentlich Marketing-Getöse lässt sich alles verkaufen, sogar animierte Handy-Küken. Und da muss man den Verlagen durchaus mal den Ball zu spielen (bzw. lieber mal reingrätschen). Solange für Dieter Bohlen mehr Werbung gemacht wird als für einen richtigen Roman, können mich die Erfolge von Dan Brown und Konsorten nicht wirklich verwundern.
Aber wir drehen uns im Kreis.
Lars
Gefruchtet nicht, aber der DKP war ein Thema und ist es in irgendeiner Form auch in diesem Jahr (selbst wenn es nicht um die Auszeichnungen an sich geht). Ganz so umsonst war die Diskussion offensichtlich nicht, wenn man betrachtet, wie oft ein Jahr später darauf verwiesen wird.
Fruchtlos – klar. Die Argumente in diesem Jahr sind die gleichen wie im letzten, also hat´s nix gebracht. Ist nur die Frage, warum die Community diskutiert hat, es von der anderen Seite (Bochumer Krimi-Archiv, Syndikat) nicht aufgenommen worden ist. Aber dies können die letztgenannten bestimtm besser beantworten 🙂
Lars
Lieber Lars,
wenn Du uns beide (und vielleicht noch drei, vier andere) als Community bezeichnen willst 😉 Irgendwie nimmt diese Diskussion komische Formen an, wenn schon meine Sachen von fremden Menschen in fremde Blogs gepostet werdern. Sehr witzig. Scheint ja jemanden sehr zu interessieren.
Aber Krimikultur: Genau darum geht es mir. Was ist das? Wenn sich aber nie jemand darum Gedanken macht, wird es sie nie geben. Wenn immer nur reflexartig auf gestandene Kritiker eingeprügelt wird, die wenigstens versuchen, bestimmte Kriterien und Beurteilungen zu finden und sich konstruktiv dem Thema annehmen – jenseits von Bestsellerlisten – dann sehe ich in der Tat schwarz für eine, wie auch immer geartete Krimikultur. Wenn sich Selbstüberschätzung mancher Autoren und die naive Gutgläubigkeit einiger Leser treffen, dann kann da nichts Gutes heraus kommen.
Dan Brown und Martha Grimes können jedenfalls nicht die (alleinige)Antwort darauf sein. Auch nicht so brave Beamten-Krimis wie „Das dritte Zimmer“, welches im letzten Jahr den Glauser bekommen hat. Mir reicht das nicht. That’s all.
@Lars
Damit meinte ich natürlich nicht Dich. Entschuldigung, wenn das falsch rüberkam. Ich weiß, dass Du so einen Quatsch nicht machst. Also, falls es falsch angekommen ist, bitte ich Dich um Entschuldigung!!!