Aus dem Alltag eines Krimibloggers

vom Krimiblogger

„Warum finde ich bei Ihnen nichts über Irene Rodrian, eine der ganz großen deutschen Krimiautorinnen?“ Diese – sicher freundlich gemeinte – Anfrage eines Lesers fand ich heute in meinen E-Mails. Wobei man durchaus einen Vorwurf darin lesen kann. „Warum haben Sie noch nichts über Irene Rodrian geschrieben? Wie konnte Ihnen diese wichtige Autorin durch die Lappen gehen?“ Oder eine Anregung „Schreiben Sie doch mal über Irene Rodrian. Bald erscheint auch ihr neues Buch.“ So dankbar ich für Anregungen bin, sie führen immer zu dem gleichen Ergebnis: Niemand wird jemals alle Krimiautorinnen und Krimiautoren kennen und ihre Werke gelesen haben. Selbst die großen Portale wie kaliber38.de, krimi-couch.de oder krimi-forum.de haben Lücken. Mein kleines Krimiblog ist aber noch nicht einmal ein Portal, es ist eben ein Blog. Zeit also, einmal hinter die Kulissen zu schauen.

Der Alltag eines Krimibloggers sieht zur Zeit trübe aus. Nach der allmorgendlichen E-Mail-Lektüre und den ersten Haushaltsarbeiten wie Putzen oder Einkaufen muss ich mich erst einmal darum kümmern, wieder einen Job zu finden. Ich bin arbeitslos. Kein Gejammer, das Schreiben von Bewerbungen ist durchaus eine interessante Beschäftigung, das Lesen von Absagen hingegen eher nicht. Wenn ich dann, der kleine Uhrzeiger steht mittlerweile irgendwo zwischen 12 und 1, Zeit finde, schau’ ich in der Schauspielhaus-Kantine vorbei. Da gibt es einen halbwegs essbaren und erschwinglichen Mittagstisch. Oder die vielen kleinen Läden auf der Langen Reihe verführen meinen Bauch. Manchmal in Begleitung, meistens aber allein. Nach einem Abstecher zu den wirklich Gestrandeten hier im Heiligen Georg, im kleinen Cafe um die Ecke, wo sich die Horizontalarbeiterinnen, gestreßte Geschäftsleute und die üblichen Schnacker vom Hansaplatz treffen, und ich nach einer Viertelstunde genug von den kleinen, täglichen Dramen habe, die sich außerhalb der Mauern des großen Theaters abspielen, treibe ich entweder durch die nahegelegenen Buchhandlungen, schau’ mir den kleinen Hamburger Binnensee an oder lenke meine Schritte in Richtung Wohnung.

Dort darf dann der richtige Alltag eines Krimibloggers beginnen. Ich lese. Krimis. Wenn es gut läuft, schaffe ich in einer Woche zwei bis drei Bücher, die ja leider immer dicker werden. Ich lese meistens komplett, also kein Reinlesen, kein Anlesen, kein Querlesen. Manchmal klingelt aber auch das Telefon, oder wie Ulrich Ritzel sagen würde „es schlägt an.“ Das reißt mich dann aus der Lektüre. Zwischendurch lese ich Blogs und Krimiseiten. Was melden die Alligatorpapiere, was schreibt dpr, was läuft in den gängigen Krimiforen? Dann setzt die Dämmerung ein. Nach der abendlichen Nahrungsaufnahme kommt es drauf an: Ich schreibe entweder eine Besprechung, überlege mir, was ich noch im Blog machen könnte. Beantworte E-Mails oder kommentiere auf anderen Blogs. Oder ich lese den Krimi weiter, den ich ja bald besprechen möchte.

Es gibt aber auch Ausnahmetage, zum Beispiel wenn ein Interview mit einem Krimiautor ansteht. Hektische Vorbereitungen, ist der Akku im MD-Player aufgeladen, funktioniert das Mikro, wo ist bloß der Zettel mit den Interviewfragen? Ein letzter Blick in die Pressemappe muss auch noch sein. Leider sind diese aber Ausnahmetage.

Die Wochenenden sehen übrigens in der Regel anders aus.

Es bleiben somit zwei bis drei Bücher pro Woche. Damals, als Bibliothekarsstudent, trichterte uns eine Professorin ein, dass man als Bibliothekar ja wohl ein Buch pro Tag schaffen könne. Mindestens. Ich schaffe das nicht, es sei denn, das Buch hat maximal 200 Seiten. Die schaffe ich an einem Tag. Mehr geht aber nicht. Nicht unbedingt immer aus Zeitgründen. Vor allem, weil ich auch aufnehmen möchte, was ich da lese. Ein Freundin von mir, die schafft das. Die liest, trotz Tochter, Mann, Haushalt und Halbtagsjob, ein Buch pro Tag, manchmal braucht sie zwei. Frage ich sie allerdings nach ein paar Wochen, was sie da gelesen hat, kann sie sich kaum an etwas erinnern.

Ich habe es da besser. Ich habe dieses Blog. Ich kann mich erinnern. Auch wenn ich nicht alle Krimiautoren kenne und gelesen habe. Lücken und Löcher gehören eben zum Leben eines Krimibloggers. Irene Rodrian kenne ich übrigens, Ich habe vor einigen Jahren den Artikel über sie in den „Kreuzverhören“ gelesen. Aber Sekundärliteratur ist ja kein Krimi.