Bebop und Blue Notes

vom Krimiblogger

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Bill Moody: Bird lives!

Jazzliebhaber sind von seinen Krimis begeistert: Bill Moody heimste mit seiner Krimireihe um den Pianisten Evan Horne vor allem in den einschlägigen Gazetten zahlreiche positive Besprechungen ein. Wohl kaum ein lebender Autor schreibt so elegant und kenntnisreich über Bebop und Blue Notes, keiner bringt die Buchstaben so zum schwingen und lässt seine Leser die Musik fühlen. Jazz ist eben mehr als nur Musik, es ist ein Lebensgefühl und Bill Moody weiß, wovon er schreibt. Er ist Jazzmusiker, arbeitete als Schlagzeuger mit vielen Jazzgrößen zusammen, legte Platten als Radio-DJ auf und unterrichtet Komposition. Das Schöne: Bill Moodys Romane sind Krimis und auch sein aktueller Roman „Bird lives!“ zeigt, wie gut Jazz und Krimi miteinander harmonieren.

Ein Serienmörder hat es auf Musiker abgesehen, die mit „Smooth Jazz“ Millionen scheffeln. „Die Musik ist leicht, stellt keine Ansprüche an die Zuhörer und besteht meistens aus einem Blasinstrument mit einer Rhythmusabteilung wie in der Rockmusik und jeder Menge Elektronik.“ – so lässt Moody seinen Evan Horne diese Musikrichtung erklären. Für Puristen ein Graus und so liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Mörder um einen durchgedrehten Fan handelt. Darauf deuten auch die Hinweise, die sich an den jeweiligen Tatorten finden: Eine Vogelfeder und der Spruch „Bird lives!“, der auf die Lichtgestalt des Bebops, Charlie „Yardbird“ Parker, hinweist.

Das ermittelnde FBI ist mit der Deutung dieser Zeichen überfordert und holt sich Rat bei Evan Horne, der gerade vor einem Comeback steht. Nach einer Handverletzung musste der Pianist eine Pause einlegen, doch jetzt, nach einer heißen Session in einem kleinen Jazzclub in Los Angeles, lockt ein neuer Plattenvertrag und Evan könnte endlich wieder in der Musikszene Fuß fassen. So kommt ihm die Anfrage des FBI reichlich ungelegen, aber da er schon in früheren Fällen die Polizei unterstützt hat und ihn sein Freund, der Polizist Danny Cooper, um Hilfe bittet, kommt er nicht umhin, sein Wissen über Jazz weiterzugeben. Doch damit ist es nicht getan. Unter den argwöhnischen Augen seiner Freundin Natalie wird Evan immer mehr in den Fall hineingezogen. Natalies Misstrauen hat vor allem einen Grund: Die hübsche FBI-Agentin Andie, die Evan zur Seite gestellt wird. So sieht sich Evan schon bald nicht nur im Zwispalt zwischen zwei Frauen, sondern wird zum Lockvogel für den Serienmörder, der sich als Serienmörderin entpuppt und die Evan mit unheimlichen Anrufen verfolgt.

Beschwingte Improvisation

Bill Moodys Kenntnisse des Jazz, der Jazzgeschichte und der aktuellen Jazzszene finden sich, wie schon erwähnt, auch in „Bird lives!“ wieder. Doch das alleine macht noch keinen guten Krimi. Interessanter ist es, wie Moody dieses Wissen in seine Geschichte einflechtet. Sein ruhiger, locker dahin fließender Erzählrhythmus liest sich wie eine beschwingte Improvisation über das Thema Jazz, angetrieben vom Rhythmus eines modernen Krimis. Ganz nebenbei erfährt man viel über Charlie Parker, Miles Davis oder John Coltrane und ihren Einfluss auf den Jazz, über das knallharte Musikgeschäft und über die Menschen, die dort – je nachdem – ihr Glück oder Unglück finden. Gerade Moodys Seitenhiebe auf die seelenlose Musik einer seelenlosen Musikindustrie sind klar und deutlich, ohne Effekthascherei oder schrille Töne.

Die Krimihandlung verliert Moody dabei nicht eine Sekunde aus dem Auge. Sowohl die Wahl der Erzählperspektive in der Ich-Form wie auch die Erzählzeit – Moody schreibt durchgängig im Präsens – zeugen von der Erzählkunst Bill Moodys. Beides sind für einen Krimi keine einfachen Stilmittel, Moody beherrscht sie jedoch exzellent. Er erreicht damit eine Dichte und Nähe zu seinen Figuren und zu seiner Geschichte, von denen manch andere Krimiautoren nur träumen können. Gebannt und aufmerksam folgt man Moodys Geschichte bis zu ihrem logischen und eindrucksvollen Ende.

Moody, der in einem längeren Aufsatz seine Gedanken über Jazz und Literatur formuliert hat, zeigt sich als ein eleganter, einprägsamer und intelligenter Erzähler, der es versteht, Musik und Musiker auf spannende Weise seinen Lesern näher zu bringen, ohne dabei Spaß, Lust und Leidenschaft aus den Augen zu verlieren. Ich jedenfalls sehne mich schon nach der nächsten heißen Session mit Evan Horne und freu’ mich auf Bebop und Blue Notes.

Bill Moody: Bird lives! / Aus dem Englischen von Anke Caroline Burger. – Zürich : Unionsverlag, 2006
ISBN 3-293-00356-7

Originalausgabe: Bill Moody: Bird Lives!. – New York : Walker & Company, 1999

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Links
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