Wahre Worte

vom Krimiblogger

„Meine Meinung, deutsche Autoren seien weniger professionell als angloamerikanische, ist ein subjektiver Eindruck, und du hast objektiv sicherlich Recht. Es geht mir aber um die Attitüde. Ich verstehe, ehrlich gesagt, Autoren nicht, die frank und frei schwafeln, es ginge ihnen überhaupt nicht um Literatur, sondern „nur“ um Unterhaltung. Ich verstehe sie deshalb nicht, weil ich es einen Frevel finde, sein Handwerkszeug geringzuschätzen, die Sprache nämlich. Natürlich geht es um Unterhaltung, in der Literatur geht es immer um Unterhaltung. Aber wenn ich mir dieses Steckenpferdeln und Heimwerkern so anschaue, dieses gedankenlose Zusammenbosseln von Versatzstücken, ohne Ambition, das Optimale herauszuholen (man kann dabei scheitern, das ist sogar ehrenvoll!) – nee, bitte nicht.
dpr im Hinternet-Weblog: Literarische Krimis – eine Diskussion

Unser geschätzter Krimischullehrer dpr hat es mal wieder auf den Punkt gebracht: Es geht um Sprache. In diesem Punkt hat er meine volle Zustimmung.

Probleme habe ich allerdings mit seiner (zugegeben versteckten, aber dennoch einfachen) Behauptung Literatur sei gute Literatur, wenn sie ihre entsprechende Zielgruppe erreiche. Ergo: „Gute Zeiten – Schlechte Zeiten“ oder „Verliebt in Berlin“ ist gutes Fernsehen, weil es seine Zielgruppe erreicht? Nee, danke!

In meinen Augen reduziert dies den Begriff der Literatur dann doch zu sehr auf das Handwerk, das Können. Mir ist das zu wenig. Da wäre dann zum Beispiel die Frage, welche „Zielgruppe“ ein (im Artikel erwähnter) Thomas Mann im Auge gehabt hätte. Die bürgerlichen Intellektuellen? Die Lübecker Kaufleute? Hat er überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, für wen er schreibt? Wie oft denken Autor/innen an ihre Leser/innen? Was ist dann mit dem Drang des „Schreiben-Müssens“, des „sich-artikulieren-wollens“, nur heraus mit Gefühlen und Gedanken, gepresst in das, was wir Sprache nennen. Expressivität total. Alleine das Beherrschen von literarischem Handwerk macht eben noch keine gute Literatur. Und was ist, wenn vielleicht eine „falsche“ Zielgruppe erreicht wird? Haben Sjöwahl/Wahlöö mit ihren Sozio-Krimis wirklich die Massen von einfachen Arbeitern erreicht, oder waren sie doch eher die Lieblinge der linksliberalen Intellektuellen in den 70er Jahren? Hat sich auch nur ein einfacher, schwedischer Polizist in den Romanen wieder erkannt – oder kannte er sie gar nicht?