„Die Krimi-Vereinsmitglieder sind vollzählig erschienen“

vom Krimiblogger

Geheimnisvolle Dinge tun sich im Untergrund der deuschen Krimiszene. Kriminelle Elemente – so das Gerücht – sollen sich zu einer radikalen Zelle zusammengerottet haben. Ihr Ziel: Die Krimikritik-Weltherrschaft. Dagegen erscheinen die Lichtgestalten diverser anderer Gruppierungen – etwa dem „Syndikat“ – wie Chorknaben und -mädels. Dem Krimiblog wurde das Protokoll eines geheimen Treffens dieser gefährlichen Gangster zugespielt, dass hier veröffentlicht wird.

Irgendwo im Hinterzimmer einer saarländischen Spelunke: Georg Pimpelmann betritt das Vereinszimmer, in dem sich sechs Mitglieder aufhalten, darunter ein weißhaariger älterer Herr, der sich während der ganzen Sitzung immer wieder mit erhobenem Finger zu Wort meldet, aber von niemandem beachtet wird und auch nichts zu trinken bekommt.

Stimmengewirr, Begrüßung.

Georg legt Block und Kugelschreiber sowie verschiedene Krimis vor sich hin.

Ober: Darf ich mal die Bestellung aufnehmen . . .

Koschinsky: Ein Bier . . .

Ober: Also, wieviel Bier ?

Dr. Randolph: Ein Pils . . .

Ober: Zwei Bier . . .

Meier: Ein Cola . . .

Schmidt-Wuschel: Mir bitte einen Hagebuttentee . . .

Georg: Einen normalen Tee . . .

Ober: Mit Milch oder Zitrone ?

Georg: Milch

Der Ober wendet sich zum Gehen.

Frau Weltenmacher: Entschuldigen Sie . . . für mich ein Viertel trockenen Roten . . .

Ober: Einen trockenen Roten . . .

Der Ober wendet sich wieder zum Gehen.

Georg: Ach, und eine saarländische Schlachterplatte . . .

Ober: (im Gehen) Eine Schlachter . . .

Meier: Herr Pimpelmann, Sie haben heute den Vorsitz !

Georg: Ach was ?

Meier: Ja . . .

Georg holt seine Brille aus der Brusttasche.

Georg: Ach so . . . ja . . . dann . . . stelle ich fest, dass wir vollzählig sind . . . die Herren Kritiker und Frau Weltenmacher . . .

Dr. Randolph: Das könnte ich doch schon mal . . . ?

Georg: Ja, das sollten Sie . . . äh . . . festhalten . . .

Er setzt seine Brille auf.

Georg: In unseren letzten Vereinssitzungen haben wir Vereinsanliegen und Vereinszielsetzung unseres Vereins umrissen, uns aber noch nicht auf . . . äh . . . einen Vereinsnamen einigen können, der unsere Vereinsinhalte klar zum Ausdruck bringt . . . Ich glaube, Herr Koschinsky hatte da . . .

Koschinsky: Ja . . . unser Verein will ja die Begriffe ‚Krimi‘ und ‚Geld‘ in den Literaturgedanken einbringen . . .
Ich meine, dieses Ziel sollte ganz klar im Vereinsnamen einge . . . einbezogen . . .

Ober: Also z w e i Bier, d r e i Tee, e i n e Schlachter . . .

Frau Weltenmacher: Und ein Viertel trockenen Rotwein . . .

Meier: Ein Cola . . .

Ober: Zwei Bier, ein Cola, ein Wein, eine Schlachter, drei Tee . . .

Georg: Z w e i Tee

Schmidt-Wuschel: Ein Hagebutten, ein Normal . . .

Ober: Zwei Bier, drei Cola . . .

Meier: E i n Cola !

Ober: Äh . . . ein Cola, zwei Bier, ein Wein, eine Schlemmer, ein Hagebutten, ein Normal . . .

Dr. Randolph: Ein Pils !

Koschinsky: Ein kleines . . .

Der Ober wendet sich zum Gehen.

Ober: Ein Pils, zwei Bier, ein kleines . . .

Dr. Randolph ruft dem Ober nach.

Dr. Randolph: Nur zwei . . . zwei insgesamt !

Georg: Herr . . . äh . . . Koschinsky, Sie wollten uns gerade . . .

Koschinsky: Ja . . . ich hätte da hinsichtlich der Reihenfolge der Begriffe . . . der Integration der Begriffe in die Reihenfolge . . .

Dr. Randolph: Bitte, merken Sie sich doch, was Sie sagen wollten, Herr Koschinsky . . . Wir sollten ja wohl davon ausgehen, dass der Literaturgedanke Vorrang hat, weil ja die Begriffe ‚Krimi‘ und ‚Geld‘ in den Literaturgedanken einzubringen sind . . . !

Meier: . . . Herr Dr. Randolph, vielleicht haben Sie mal darüber nachgedacht, dass der Begriff ‚Krimi‘ auch Raum für ‚Literatur ‚ und ‚Geld‘ bietet . . .

Dr. Randolph: Herr Meier . . .

Meier: Moment !

Georg: . . . Also, ‚Verein für Literatur trotz Krimi und Geld‘ . . .

Meier: Eben nicht !

Georg: Ach so . . .

Dr. Randolph: Ich nehme das schon mal auf . . .

Georg: Nein – nein . . .

Meier: Wie wäre es mit ‚Literatur im Gedenken an Krimi und Geld‘ . . .

Der Ober serviert.

Frau Weltenmacher: Also, dazu muß ich . . .

Meier: Wir sind uns wohl darüber einig, dass wir mit den Begriffen ‚Krimi’, ‚Geld‘ und ‚Literatur‘ drei ganz heiße Eisen angefaßt haben . . .

Schmidt-Wuschel: Herr Meier . . .

Meier: Ganz heiße Eisen . . .

Schmidt-Wuschel: Herr Meier . . . die Literatur . . .

Frau Weltenmacher hebt die Hand.

Meier: Ganz heiße Eisen . . .

Georg: Frau Weltenmacher möchte was sagen . . .

Frau Weltenmacher: Also, hier wird doch wieder . . .

Meier: . . . Ganz heiße Eisen !

Frau Weltenmacher: Hier wird ja wieder total vergessen, dass der Krimi ein paar ältere Rechte hat als das Geld ! Das muss im Vereinsnamen klar zum Ausdruck kommen ! . . . Herr Pimpelmann !

Georg ist dabei, sich ein Scheibe Blutwurst in den Mund zu schieben, er hält erschrocken inne.

Georg: Bitte ?

Frau Weltenmacher: Wofür habe ich denn achtzehn Jahre lang gekämpft ?!

Koschinsky: Na schön, na schön . . .

Schmidt-Wuschel: (gleichzeitig) Ach, du lieber Gott . . . !

Meier: Dann formulieren Sie das mal . . .

Frau Weltenmacher: Ich würde sagen . . . „Verein zur Integration der Begriffe ‚Literatur‘ und ‚Geld‘ in den ‚Krimi‘ . . .“, das prägt sich auch ein !

Schmidt-Wuschel fischt etwas aus seinem Bier.

Meier:. . . Und wo bleibt der Gedanke ?

Georg: Welcher Gedanke ?

Schmidt-Wuschel: Sehr richtig !

Koschinsky: Der Begriff ‚Literatur‘ beinhaltet ja den Gedanken an den Begriff ‚Literatur‘ . . . Ich weiß nicht, ob ich mich da deutlich genug . . .

Dr. Randolph:. . . Soll ich das vielleicht schon mal bis hierhin festhalten ?

Georg: (kauend) . . . Ich glaube, dass wir heute noch nichts entscheiden sollten . . .

Meier: Was haben wir denn bis jetzt im Protokoll ?

Dr. Randolph: „Die Krimi-Vereinsmitglieder sind vollzählig erschienen . . .“

Mit Dank → an Pussi, dem Informanten.