Dr. Mabuses feuchte Träume

vom Krimiblogger

Vincents Methode
Rüdiger Janczyk: Vincents Methode : Niederrhein Krimi

Wenn der Onkel Doktor zum Stift greift, muss er nicht unbedingt rezeptpflichtige Medikamente verschreiben. Er kann zum Beispiel auch einen Krimi zu Papier bringen. Rüdiger Janczyk ist Arzt und hat statt einem Medikamentenrezept seinen dritten Krimi geschrieben. „Vincents Methode“ lautet der Titel und verspricht eine Geschichte über das organisierte Verbrechen am Niederrhein. Leider eine Geschichte mit Nebenwirkungen.

Hauptfigur des Romans ist eben jener Vincent Rosebud, ein eiskalter Psychotherapeut mit meerblauen Augen, der Leute umbringt oder umbringen lässt. Warum er dies tut, erfährt man als Leser während der Lektüre durch zahlreiche Rückblenden. Eine unglückliche Kindheit im Nachkriegsdeutschland, ein alkoholkranker Vater, die Nazi-Vergangenheit des Großvaters, eine unglückliche Liebe zu der Studienkollegin Lea und die Bekanntschaft mit deren geisteskrankem Bruder Ulrich, der sich für den Erzengel Gabriel hält, sind die Begleiter, die einen wie Vincent zum Mörder werden lassen.

Während der Psychotherapeut ein wenig Doktor Mabuse spielt, reihenweise Frauen vernascht und Kontakte zur Unterwelt unterhält, ermittelten Kommissarin Nadine Jansen und ihre Kollegen unterdessen im Fall Schulz. Polizeimeister Schulz liegt als Weihnachtsmann verkleidet erschossen im Stadtpark von Mönchengladbach. Als Kommissarin Jansen und ihr Kollege Sebastian Hoffmann zur Wohnung des Ermordeten fahren, um die Familie zu informieren, finden sie dort ein Blutbad vor. Schulz hat offenbar seine Frau und zwei seiner drei Kinder umgebracht. Alles deutet auf einen erweiterten Selbstmord hin. Nur die älteste Tochter Tanja hat überlebt und sitzt geschockt in einem Schlafzimmer. Nadine Jansen nimmt die verwaiste Tanja zu sich nach Hause. Ein Fehler, wie sich bald herausstellt, denn das Mädchen wird eines Nachts entführt.

In einer Nebenhandlung erzählt Janczyk dann auch noch von der bisexuellen Psychotherapeutin Hanna Seligmann, Tochter eines angesehenen Lokalpolitikers. Sie behandelt nicht nur den geisteskranken Ulrich, sie hat auch eine Affäre mit dem unheimlichen Vincent. Ach ja, und die russische Mafia spielt ebenfalls eine Rolle. Nur welche, das wird nicht so recht deutlich. Es geht um den Verkauf einer Firma, mehr erfährt man leider nicht.

Fatale Nebenwirkung

Reichlich rote Fäden also, die diesen Roman durchziehen und dem Autor entgleiten. Der Bandbreite von Nebenfiguren, Nebenhandlungen, Rückblenden und Inneneinsichten ist Janczyk nicht gewachsen, außerdem überlagern sie den mageren Krimiplot. Ab und zu tauchen ein paar Killer auf und natürlich hat der böse Lokalpolitiker seine Finger im Spiel, aber der große Zusammenhang fehlt. Statt einem handfesten Politthriller rührt Janczyk eine unlogische und abstruse Geschichte zusammen, in der vor allem die Seelenzustände seiner Haupt- und Nebenfiguren im Mittelpunkt stehen. Vor lauter privater Tristesse versäumt es Janczyk, eine stringente, spannende und auf sich abgestimmte Handlung zu entwickeln. Es ist halt grau und trüb in Mönchengladbach, wie in den Seelen der Protagonisten. Vincent trauert seiner verlorenen Liebe nach, die irgendwann zu einem drogensüchtigen Monster mutiert ist, Nadine hat Probleme mit ihrer Tochter und die bisexuelle Hanna ist das schwarze Schaf ihrer angesehenen Eltern. Als ob sich in Kriminalromanen nicht schon genügend durchgeknallte Psychofritzen, genervte Kommissarinnen oder nymphomane Weibchen herumtreiben würden.

Janczyks bemühte und künstliche Sprache kann dies kaum zusammenhalten. Mal schreibt er ausschweifend, mal sehr knapp, Schachtelsätze wechseln sich mit kryptischen Wortfetzen ab und der Autor springt unmotiviert von einer Szene in die nächste. Ein brüchiger Stil, dem man den Eifer und die Ambitionen des Autors deutlich anmerkt, und der gerade deshalb eher albern als überzeugend wirkt. Besonders klar zeigt sich das Versagen des Autors in den reichlich vorhandenen erotischen Szenen. Sex können nur wenige Autoren und Autorinnen wirklich gut (be)schreiben. Janczyk erreicht hier gerade mal das Niveau eines pubertierenden Jungen, der seine feuchten Träume im Tagebuch festhält. Letztlich bleibt eine Mixtur aus düsteren und künstlichen Seelenlandschaften sowie einer manierierten Sprache, die beim Leser eine fatale Nebenwirkung hat: Langeweile.

Rüdiger Janczyk: Vincents Methode : Niederrhein Krimi. – Köln : Emons Verlag, 2005. 208 S. – ISBN 3-89705-399-3

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