Schwarze Romane

vom Krimiblogger

Dark ZoneMartin Compart: Dark Zone: Ein Noir-Reader
Comparts neuer Reader hat auf der Krimi-Couch zu einer interessanten Diskussion geführt. Wie schon im Vorgänger, Noir 2000 (DuMont, leider vergriffen), gibt es auch im neuen Reader so lustige Listen wie zum Beispiel „Die schlechtesten Verfilmungen von Noir-Romanen“ oder „10 Noir-Romane, die man gelesen haben sollte“. Nun, natürlich ist das nur Beiwerk, Auflockerungen zwischen düsteren Portraits und dem Schwerpunkt zu Alain Delon, der 2005 siebzig Jahre alt wird. Ein wenig befremdlich ist es schon, wenn Delon als Säulenheiliger des Noir-Films herhalten muss und augenzwinkernd als „Geschenk der Götter“ gefeiert wird. Aber gut, es wird Gründe dafür geben.
Wesentlich spannender war für mich Joachim Kalkas Beitrag über Gilbert Keith Chesterton (G.K. Chesterton – auteur noir. Ein kleiner Versuch, S. 112 – 125), der eine eigenwillige Tradition zwischen Chesterton und dem Noir-Film herstellt. Wo der gute Chesterton doch hierzulande vor allem als Erfinder von Father/Pater Brown gilt und wem kommen dabei nicht die wenig noirhaften Verfilmungen mit Heinz Rühmann in den Sinn? Auf jeden Fall ein interessanter Ansatz.
Lesenswert auch das Vorwort von Compart, in dem er (einmal mehr) auf die Verlage einschlägt.

Die Hoffnung, dem Noir-Liebhaber (wenn er denn noch nicht ganz zur fremdsprachigen Lektüre abgewandert ist, wovon die immer umfangreicheren Angebote nicht nur in Krimi-Buchhandlungen künden) ein paar neue Lesevergnügen zu bereiten oder einenen neuen Autor oder Film entdecken zu lassen, hat die Produktion dieses Buches motiviert. Der gute Verkauf des ersten Noir-Readers (trotz aller Schwierigkeiten) war für ein sekundärliterarisches Buch fast sensationell. Was beweist, dass die Verlage eine potente Kundschaft und ein großes Potential nicht nutzen, dafür aber gerne darüber jammern, dass der sogenannte Mittelbau (Bücher, die sich ständig aber nicht bestsellermäßig verkaufen) weggebrochen sei. Dabei wäre alles so einfach: Rückkehr zu den Reihen, die jeder Leser sofort identifizieren kann. Reihen mit skandinavischen Psychokrimis, Reihen mit Detektivromanen, Reihen mit historischen Krimis, meinetwegen auch Reihen mit Weichspülgeschichten mit ein wenig grüner Sozialkritik und Kommissarinnen mit Menstruationsbeschwerden… Aber, zum Teufel, auch Reihen mit harten Polit-Thrillern und Noir-Romanen, die belegen, das unsere Zivilisation auf Kains Mord aufgebaut ist.
Martin Compart

Quelle: Martin Compart (Hrsg.): Dark Zone – Ein Noir-Reader. – Erkrath : Strange Verlag, 2004. – ISBN 3-89064-818-5

Ob es wirklich so einfach ist? Krimis in entsprechende Reihen zu packen und schon finden die richtigen Bücher zu den richtigen Lesern? Die Diskussionen der letzten Zeit zeigen doch, dass die Grenzen fliessend sind. Was neue Autoren angeht: So neu sind die im Buch besprochenen Autoren nun auch wieder nicht. Zu den Filmen will und kann ich nichts sagen. Trotzdem: Comparts Reader ist ein kluger, schwarzer Schmökerspaß, für Leute, die es im Kriminalroman gerne härter und dunkler haben möchten.

Was mir allerdings auffällt (schon beim ersten Noir-Reader), dass Compart relativ wenig französischsprachige Autor/innen bespricht. Was ist mit Jean-Patrick Manchette oder Jean-Bernard Pouy, die im Distel Literatur Verlag erscheinen. Gerade die Programmarbeit dieses Verlages zeigt doch, dass es gute Noir-Literatur auch in deutscher Übersetzung gibt. Auch der kleine Assoziation A Verlag aus Berlin baut gerade eine neue Noir-Reihe auf. So düster sieht es also vielleicht doch nicht aus für die schwarzen Romane.

Dark Zone bestellen bei:
» amazon.de