Platzpatrone – Folge 4: Die Elke Heidenreich des Kriminalromans

vom Krimiblogger

Lexikon der internationalen KrimiautorenAlex Flückiger: Lexikon der internationalen Krimiautoren

Wer ist Alex Flückiger? Ein Mann, eine Frau? Kommt er oder sie aus der Schweiz, Österreich, Deutschland oder aus einem anderen Land? Keine Ahnung, aber Alex Flückiger hat ein Buch veröffentlicht. Als Book on demand, der Anlaufstelle für alle gescheiterten Autorinnen und Autoren, die glauben, die Welt mit bedrucktem und gebundenem Papier beglücken zu müssen. Ja, ja, nicht alles, was in Norderstedt eilig gedruckt und zusammengeklebt wird ist gleich Papierverschwendung. Im Falle von Alex Flückiger trifft dieses Vorurteil leider zu.

„Lexikon der internationalen Krimiautoren“ heißt das Werk. Was für ein geschickter Marketing-Trick! Da rotzt ein Mensch ein Buch mit 613 Seiten auf den Buchmarkt, aber eine Seite 614, wo sich Herr oder Frau Flückiger kurz mal vorstellt, die ist nicht mehr in den Druckkosten drin? Das kann und will ich nicht glauben. Dies ist die neue Variante eines wissenschaftlichen Whodunits, den uns Herr oder Frau Flückiger auf Seite 11 gleich mal flott erklärt: „Der Begriff Whodunit („Who done it?“) steht für den Rätsel- oder Tüftelkrimi. Beispiele: Die Produkte aus dem „Golden Age“ des Kriminalromans.“ Undifferenzierter kann man diesen Begriff wohl kaum erklären. Bleibt die Frage: Wer war es? Wer hat diesen „Tüftelkrimi“ verbrochen, der sich als „Lexikon“ tarnt und gespickt ist mit Fehlern, Ungenauigkeiten, Schlampereien und vor allem Meinung? Das nenne ich geschicktes Marketing!

→ Thomas Przybilka, → Jan Christian Schmidt und → dpr haben ja schon einiges zu diesem Buch geschrieben. Vor allem der Kritik von dpr ist nicht mehr viel hinzuzufügen. Flückiger plaudert ihren oder seinen Krimigeschmack munter daher, hangelt sich durch das Alphabet der Krimiautor/innen, aufgeteilt nach Ländern. Ein Autorenregister fehlt natürlich, wahrscheinlich aus Faulheit oder Platzmangel. Inhaltlich geht es richtig zur Sache: Entweder schreibt ein Autor „spannend“ oder „langweilt“. Mal hat er oder sie ein Buch „zusammengestiefelt“ oder gibt „seinen Senf dazu“. Flückiger schreibt immer von „wir“, was den Verdacht aufkommen lässt, dass er oder sie nicht ganz alleine dieses Lexikon „zusammengestiefelt“ hat. Mal davon abgesehen, das kein einzelner Mensch das Gesamtwerk von geschätzten 900 bis 1.500 Krimiautorinnen und -autoren so gut kennen kann, dass er oder sie sich ein fundiertes Urteil dazu erlauben könnte. Die Schätzungen, wie viele Autorinnen und Autoren vorgestellt werden, gehen übrigens auseinander. Nachzählen werde ich ganz bestimmt nicht, Zahlen werden von Flückiger nicht genannt.

Beim Lesen der meisten Einträge wurde mir flau im Magen und Hirn: Bilder von Elke Heidenreich stiegen in mir auf, die ja bekanntlich keine Kriminalliteratur mag. Nun, jetzt hat die Kriminalliteratur auch in Deutschland ihre eigene Elke Heidenreich. Zwar nicht im Fernsehen, dafür in Form eines „Lexikons“: Alex Flückiger heißt sie und gibt den braven Leserinnen und Lesern die ultimativen Lesetipps mit auf den Weg. Das hat nun wirklich niemand verdient, kein Autor und keine Autorin, kein Leser und keine Leserin. Mit wissenschaftlicher Arbeitsweise eines Lexikon hat diese Papierverschwendung überhaupt nichts zu tun. Auch als populärwissenschaftlicher Schmöker taugt dieser wahr gewordene Albtraum nicht. Dankbar bin ich nur, dass unter den „saftigsten Internetseiten“ zum Thema Krimi, die Flückiger auflistet, meine Seite nicht gelistet ist. Ich würde mich schämen.

Alex Flückiger: Lexikon der internationalen Krimiautoren : Von Agatha Christie bis Donna Leon, Ed McBain bis Henning Mankell, Georges Simenon bis Minette Walters, Eric Ambler bis Tom Clancy – die volle Dröhung. – Norderstedt : Books on Demand, 2005
ISBN 3-8334-3306-X