Indizierungsantrag gegen Buch aus dem Verlag Assoziation A
vom Krimiblogger
Die Blogchronik der Kommunikationsguerilla berichtet darüber, dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen Indizierungsantrag gegen das drei Jahre alte Buch „Autonome in Bewegung“ aus dem Verlag Assoziation A gestellt hat. Der Berliner Verlag Assoziation A reagiert mit einem Brief, der auf der Blogchronik dokumentiert ist. Dort heißt es unter anderem:
»Die Darstellung und kritische Reflexion der linken Geschichte und der sozialen Bewegungen bildet seit Jahren einen thematischen Schwerpunkt des Verlages Assoziation A, der sich in Sachbüchern und Romanen niedergeschlagen hat.
So geben die Romane Nanni Balestrinis einen genauen Eindruck vom Lebensgefühl der Akteure der italienischen autonomen Bewegungen wider. Paco Ignacio Taibos Romane sind ein fortlaufender kritischer Kommentar der mexikanischen Geschichte, so beispielsweise in seinem letzten Krimi, den er zusammen mit Subcomandante Marcos verfasst hat. Die Übersetzungen französischer Neopolar-Kriminalromane haben die Studentenbewegung, die Migration oder die Judenverfolgung in Frankreich zum Thema.«
Weiter heißt es
»Das Bundesministerium beanstandet vor allem Stellen und Textpassagen, die aus Erinnerungen und Reflexionen bestehen und als Zitate von autonomen Zeitgenossen graphisch gekennzeichnet sind. Natürlich geht es dabei auch um Militanz, um ihre Beschreibung, Problematisierung und Kritik. Für das Verständnis eines so wichtigen Abschnitts linker Politik ist die Auseinandersetzung um Militanz bedeutend und darf auf keinen Fall zensiert werden.
Würde ein Buch wie „Autonome in Bewegung“ tatsächlich auf den Index kommen, müsste tatsächlich mit einer Flut von weiteren Anträgen – nicht nur gegen Bücher unseres Verlages – gerechnet werden, da die Vorwürfe auf zig Sachbücher und Romane übertragbar wären.«
Bleibt abzuwarten, wie die Bundesprüfstelle (BPjM) auf diesen Antrag reagiert. Eine Indizierung wäre allerdings in der Tat ein Rückschritt und ein deutliches Zeichen für eine „geistig-moralische“ und politische Wende, wie sie offenbar der Bundeministerin von der Leyen (CDU) vorschwebt.
Ergänzung:
Links zum Thema
→ Homepage der Autoren
→ Links zu Buchrezensionen
→ Verlag Assoziation A
→ Bundesprüfstelle
Kommentare
Was bedeutet eine Indizierung für ein Buch? Das es nicht mehr verkauft werden darf? Oder, daß es nicht an Menschen bestimmter Altersgruppen verkauft oder verliehen werden darf? Kurz, wozu dient diese Indizierung? Wer soll vor dem Buch geschützt werden?
LG
barb
*ist ja immer froh in Québec zu leben, aber manchmal eben noch froher.
Hallo Barb,
eine Indizierung würde bedeuten, dass das betroffene Buch nicht mehr Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren zugänglich gemacht werden darf. Es darf nicht in Buchhandlungen offen ausgelegt werden, es darf nicht beworben werden, in öffentlichen Bibliotheken wandert es in den „Giftschrank“ – kurz es wird „unter dem Ladentisch“ nur an Personen über 18 Jahre (ggf. gegen Vorlage des Personalausweises) verkauft. Auch über den Versandhandel darf es nicht mehr vertrieben/verkauft werden.
Für eine Beschlagnahmung/Einziehung von Büchern hingegen ist die BPjM nicht zuständig, sondern die Strafverfolgungsbehördern (Staatsanwaltschaft). Sollte ein Buch rechtskräftig beschlagnahmt werden, dann darf es überhaupt nicht mehr vertrieben, verkauft oder zugänglich gemacht werden. Dies gilt insbesondere für Volksverhetzung (nach § 130 StGB), Gewaltverherrlichung und -verharmlosung (§ 131 StGB) oder harte Pornografie (§§ 184a und 184b StGB).
Im Falle des oben erwähnten Buches geht es um eine Indizierung, d.h. das Buch, dass bislang (seit drei Jahren) frei im Buchhandel verkäuflich war, dürfte, sollte es indiziert werden, nicht mehr Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht werden.
Die Gründe für eine Indizierung können vielfältig sein, ich vermute, es geht in diesem Fall besonders um die Darstellung von Gewalt. Dazu gibt es verschieden Kriterien, die ein Buch jugendgefährdend erscheinen lassen.
Auffällig ist jedenfalls, dass erst jetzt, drei Jahre nach Veröffentlichung, das Buch auf den Index soll und das ausgerechnet das Ministerium von Frau von der Leyen den Antrag stellt.
Weitere Infos zum Buch gibt es jetzt auch wieder auf der Seite der Autoren.
Weitere Infos zum Indizierungsverfahren der BPjM gibt es hier (PDF-Dokument)
Liebe Grüße
Ludger