Schöner Sterben

vom Krimiblogger

Tiefer SchmerzArne Dahl: Tiefer Schmerz

In seiner Besprechung „Ein Vielfraß lehrt die Kunst des Sterbens“ stellt Thomas Steinfeld fest:

„Der Kriminalroman setzt, besonders wenn er so gewalttätig daherkommt wie derzeit der schwedische, eine rundum sozialversicherte Leserschaft voraus, die solch blutige Darbietungen als fremden Reiz goutieren kann – und als Abwehrzauber gegenüber dem, was einem immer noch funktionierenden Sozialstaat in naher oder ferner Zukunft soll drohen können. Es ist kein Zufall, dass diese Art von Kriminalroman vor allem in sozialstaatlich verfassten Nationen Europas zum Erfolg wird und schon Großbritannien kaum noch erreicht. (…) In der Eskalation der Gewalt im Kriminalroman steckt daher ein barockes Motiv, die meditatio mortis, das Einüben des Sterbens auf der Grundlage der Fiktion. (…) Zugleich aber lässt die imaginäre Hinwendung an exzessive Gewalt ein erzählerisches Problem entstehen: Denn je wilder die Tat, desto wüster hat man sich den Charakter des Täters vorzustellen, und irgendwann muss diese logische Konsequenz auf Kosten des Realismus gehen – …“

Thomas Steinfeld: „Ein Vielfraß lehrt die Kunst des Sterbens : Der Schrecken und sein Sozialstaat: Arne Dahls „Tiefer Schmerz“ und der deutsche Erfolg des schwedischen Kriminalromans“. In : Süddeutsche Zeitung, Nr. 39, 17.02.2005, S. 16

Die Überzeichnung der Übeltäter, die immer bizarreren Mordmethoden der Täter – das gibt es nicht erst seit Mankell und Dahl. Die Kunstfigur des Killers in Krimis hatte eigentlich schon immer – bis auf wenige Noir-Romane – nur wenig mit der Realität zu tun. Interessanter vielleicht der Hinweis auf die „Einübung des Sterbens“. Der Tod – als eines der letzten Tabus in unserer Gesellschaft – wird in der Vorstellung gedacht und erlebt. Schöner Sterben mit Krimis?