Digitales Dauerthema

vom Krimiblogger

Der gute dpr hat sich Gedanken zum Thema → „Print vs. Blogs?“ gemacht. Ins Zentrum rückt er dabei, angestoßen durch einen → Artikel in der New York Times, den in der sogenannten Blogosphäre zum Dauerthema avancierten Streit von dilettantischen Privatschreibern gegen professionelle Journalisten. Buchbesprechungen verschwinden immer mehr aus den gedruckten, dem „professionellen“ Feuilleton, dafür erobern Amateure die Meinungshoheit im Literaturbetrieb. Vielen Argumenten, die dpr anführt, kann man nur zustimmen. Es gäbe da aber ein oder zwei kleine Einwände meinerseits.

»Ein fähiger Rezensent muss weder Journalist noch Literaturwissenschaftler sein.«

schreibt dpr und formuliert anschließend ein Anforderungsprofil für einen Rezensenten:

»Was er neben einer gewissen Sprach- und Stilbeherrschung braucht, ist ein Kenntniskanon. (…) der Rezensent hat demzufolge ein Allrounder mit Spezialkenntnissen zu sein.«

Nicht nur, dass dies durchaus Anforderungen an einen Journalisten sind, sinnvolle Literaturkritik außerhalb des wissenschaftlichen Literaturbetriebs, der andere Ansprüche und Ziele verfolgt, ist nur mit journalistischen Werkzeugen möglich. Ohne die Fähigkeit Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, ohne die Beherrschung von journalistischer Strukturierung von Texten, ohne Kenntnisse des Medien- und Buchbetriebs und vor allem ohne journalistische Recherchekenntnisse bleiben solche Rezensionen eben das, was sie innerhalb vieler Blogs doch sehr oft sind: privates Geplaudere. Niemand wird in Abrede stellen, dass ein Rezensent Sprache und Stil beherrschen muss, niemand wird bestreiten, dass er oder sie sehr gute Kenntnisse des Literaturkanons haben muss. Alles sehr richtig und wichtig. Doch das alleine recht eben nicht.

Gerade der journalitische Hintergrund sorgt dafür, dass der Rezenent ein Allrounder wird, der Literatur auch jenseits von Intertextualität und Hermeneutik begreifen, erläutern und vermitteln kann.

Kritisch bleibt auch das Beispiel, das dpr anführt, um die „David-Goliath-Verhältnisse zwischen Blogs und Printerzeugnissen“ zu relativieren. Er verweist auf seine frühe Besprechung von Andrea Maria Schenkels „Tannöd“, ein Kriminalroman, der ja mittlerweile zu einem Bestseller avanciert ist.

»Inzwischen ist die wtd-Rezension von „Tannöd“ viele tausendmal GEZIELT aufgesucht worden. Und das ist der Unterschied zu herkömmlichen, das heißt entweder gar nicht oder nur zeitlich begrenzt oder nur gegen Bezahlung digital zugänglichen Rezensionen: die Zeit arbeitet für uns. Während eine Buchbesprechung in der Tageszeitung von den meisten Konsumenten schlichtweg nicht oder nur flüchtig zur Kenntnis genommen werden dürfte, erreichen Blogs (und digitalisierte Zeitungen, Internetportale etc. selbstverständlich auch) ihre LeserInnen gezielt.«

Gezielte Suche setzt aber zumindest die Kenntnis des Titels voraus. Man muss zunächst einmal wissen, dass es einen Kriminalroman mit dem Titel „Tannöd“ gibt und vielleicht auch wissen, dass ihn Andrea Maria Schenkel geschrieben hat. Dies können Blogs, die im Vergleich zu Zeitungen immer noch einen eher kleineren Nutzerkreis haben, zur Zeit (noch) nicht leisten. Daraus lässt sich allerdings etwas sehr Postives für Blos ableiten: Während sich das gedruckte Feuilleton tatsächlich oftmals nur noch zum „Überfliegen“ eignet – denn der begrenzte Platz für inhaltliche Tiefe, insbesondere bei Literaturbesprechungen, wird unsinnigen Texten über Büchern von Eva Hermann oder den immer breiter gewordenen Medienseiten gewidmet, die fast ausschließlich der journalistischen Nabelschau dienen – während das Feuilleton also immer mehr verflacht und ausfranst, können gute Blogs hier inhaltliche Tiefe und vor allem Diskussion auf Augenhöhe bieten.