Blut- und Busenliteratur

vom Krimiblogger

Flop von Ken Bruen und Jason StarrKen Bruen und Jason Starr: Flop

Auf den ersten Blick treffen zwei Welten aufeinander: Der Ire Ken Bruen, der unter anderem in seiner Serie um den Ex-Polizisten und Privatdetektiv Jack Taylor ein bitterböses Sittenbild des modernen Irlands zeichnet, und der in Brooklyn geborene Jason Starr, dessen düstere Geschichten neurotische Figuren im Moloch New York zeigen. Der zweite Blick jedoch verrät, das wir es hier mit zwei Autoren zu tun haben, die vor allem ihre Vorliebe für tiefschwarzen Humor verbindet und dieser Humor scheint auch anzukommen. Immerhin haben Bruen und Starr mittlerweile drei Romane gemeinsam geschrieben. In der “Max-und-Angela“-Serie um den skrupellosen Geschäftsmann Max Fisher und seine kaltblütige Geliebte Angela Petrakos soll im kommenden Herbst nach den Romanen “Bust“ und “Slide“ der dritte Streich mit dem Titel “The Max“ erscheinen. Während in den USA die Fans also auf den dritten Band warten, können wir uns hier in Deutschland zumindest über den ersten Roman in der Übersetzung von Richard Betzenbichler freuen. “Flop“, so der deutsche Titel, ist eine rasanter und fast schon zeitloser Hardboiled-(Alb)traum.

Bruen und Starr treiben ihre Figuren in einen gnadenlosen und für einige von ihnen auch aussichtslosen Überlebenskampf. Der schon erwähnte Max Fisher ist bislang einer der Glückspilze der New Economy gewesen. Mit seiner IT-Firma „NetWorld“ scheffelt er ordentlich Kohle, die er unter anderem gerne in Striplokalen verprasst, schließlich steht er auf große Titten. Die wiederum bieten ihm weder seine Frau, noch seine heimliche Geliebte Angela Petrakos, eine Irin mit griechischen Vorfahren. Dennoch hat auch Angela ihre Reize, die Max soweit treiben, dass er für sie seine holde Gattin abmurksen lassen will. Er engagiert dafür den ehemaligen IRA-Kämpfer Dillon, der sich Popeye nennt und wiederum mit Angela unter einer Decke steckt, sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne. Das irische Liebes- und Gangsterpaar will nicht nur Mrs. Fisher um die Ecke bringen, sondern auch Mr. Fisher, um so an sein Geld zu kommen. Vierter im Gruselkabinett gestörter Großstadtmenschen ist Bobby Rosa, ein an den Rollstuhl gefesselter Golfkriegsveteran, der wie Max große Brüste bevorzugt und diese vor allem mit der Kamera abschießt.

Die Wege der Vier kreuzen sich und schon läuft der Plan vom schnellen Geld aus dem Ruder. Als Dillon die Ehefrau von Max erschießen will, ist leider auch ihre Nichte im Haus und die muss dann gleich mit dran glauben. Außerdem hinterlässt Dillon im noblen Hause Fisher einen großen Scheißhaufen, was Max mehr stört als der ungeplante Tod der Nichte. Doch noch größerer Ärger bahnt sich an: Als sich Max heimlich mit Angela zu einem kleinen Schäferstündchen in einem Hotel getroffen hat, wurden die beiden vom Spanner Bobby überrascht, der sie natürlich auch gleich in flagranti fotografiert. Das bislang geheime Techtelmechtel zwischen Max und Angela könnte auffliegen, also soll Max zahlen. Derweil steigt auch bei Angela die Nervosität, denn ihr durchgeknallter Freund Dillon erschießt einen der ermittelnden Polizisten. Das Morden hat gerade erst begonnen.

Grandiose Sinnlosigkeit

Schon das Figuren-Quartett aus aalglattem Geschäftsmann, zwielichtiger Femme fatal, psychopathischem Profikiller und kaltschnäuzigem Erpresser ist eine Besetzung wie aus dem Krimi-Lehrbuch. Dazu covern die beiden Autoren auf rasante Weise so ziemlich jedes Hardboiled- und Noir-Klischee und zwar aus allen Bereichen der Populärkultur: Musik, Comic oder Pulp-Trash. Dazu zitieren sie zahlreiche Kollegen – von Allan Guthrie über Joe R. Lansdale bis zu Daniel Woodrell – zu Anfang jedes Kapitels. Dies alles wird von den beiden Autoren perfekt abgemischt, unterlegt mit einem treibenden Erzählbeat, getragen vom tiefschwarzen Humor des Iren und des New Yorkers. Dazu eine völlig durchgedrehte Handlung, deren grandiose Sinnlosigkeit mit dem Leser Achterbahn fährt.

Das ist grandioser Hardboiled-Trash, den man in der lahmarschigen deutschen Krimikultur eher selten trifft. Bei Bruen und Starr wird ehrlich ausgeteilt, hier wird gehasst, gelogen und gefickt, hier wird das neurotische Ego gepflegt und das alles nur, um zu unterhalten. Keine Psychothriller-Pappe, keine gedrechselten Hochliteraturergüsse, keine tief schürfenden Charakterstudien. Statt dessen ist “Flop“ ein ursprüngliches, ein reines und vor allem ein sehr geiles Lesevergüngen. Blut- und Busenliteratur der Sonderklasse.

Ken Bruen und Jason Starr: Flop. – Übersetzt von Richard Betzenbichler. – Berlin : Rotbuch Verlag, 2008
ISBN 978-3-86789-023-6
(Hard Case Crime; 003)

US-Amerikanische Ausgabe:
Ken Bruen and Jason Starr: Bust. – New York : Dorchester, 2006
ISBN 0-8439-5591-0
(Hard Case Crime; 020)

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Links:
→ “Politisch korrekt geht es da natürlich nicht immer zu” – Interview mit der Herausgeberin und Lektorin Lisa Kuppler zum Start der “Hard Case Crime”-Reihe in deutscher Übersetzung
→ Homepage von Ken Bruen
→ Homepage von Jason Starr
→ hardcasecrime.de – Internetseite zur deutschen Reihe
→ hardcasecrime.com – Internetseite zur US-amerikansichen Reihe