
Christian Jungersen: Ausnahme
Von Spannungsliteratur erwartet man gemeinhin, dass sie spannend ist, sonst wäre sie ja keine Spannungsliteratur. Eine Binsenweisheit. Manche Leser geben sich dann auch damit zufrieden – war Spannungsliteratur spannend dann war es gute Spannungsliteratur. Aspekte wie Sprache, Dramaturgie und Figurenzeichnung geraten schnell aus dem Blickwinkel. Noch problematischer wird es, wenn Spannungsliteratur Botschaften – etwa zur Moral – vermitteln will. Hier bewegen sich beide, Autor und Leser, schnell auf sehr brüchigem Eis. Ein Beispiel dafür ist der aktuelle Roman des dänischen Autors Christian Jungersen. Sein Buch „Ausnahme“ ist ein spannender Roman, bei dem das Etikett Krimi nicht so recht passen will. Dafür arbeitet Jungersen mit zahlreichen Versatzstücken, die er aus der Kriminalliteratur entliehen hat. Die alte, klassische Frage „Wer war es?“ taucht bei ihm ebenso auf wie psychologische Porträts oder der Zwiespalt, ob es sich bei bestimmten Vorfällen um Unfälle oder Mordanschläge handelt. Letztlich aber geht es ihm vor allem um eine große moralische Frage: Unterliegen wir in unserem Handeln einem – wie auch immer gearteten – Determinismus oder handeln wir, ob gut, ob schlecht, aus freiem Willen?
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