Criminale in Farbe – Folge 2 – Grüne Lunge

vom Krimiblogger

WaldwegGrüne Lunge

Das Hochsauerland ist grün – keine politische Aussage so kurz vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Politisch würde man wohl eher schwarz sehen, denn die Mehrheit der Menschen in dem 2.000 Quadratkilometer großen Gebiet wählt immer noch CDU und ist durch und durch katholisch. Grün zeigt sich vor allem die Natur im sogenannten Land der Tausend Berge. Dunkle Nadelwälder auf steilen Bergen bestimmen das Bild. Die „grüne Lunge“ des Ruhrgebiets, das nur gut eine Autostunde entfernt liegt, ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, sowohl im Sommer wie auch im Winter. Die Hochsauerländer wissen dies: Der Fremdenverkehr ist eine wichtige wirtschaftliche Einnahmequelle. Die meisten Beschäftigten im HSK finden sich allerdings im Sozial- und Gesundheitswesen, was vermutlich auch an den zahlreichen Kurorten liegt, die mit gesunder, frischer Luft und klarem Wasser werben. Gut durchatmen kann man hier immer noch.

Kulturell erscheint das Land immer noch als Diaspora. Heimat zählt hier mehr als moderner Schnickschnack. Jährlicher Höhepunkt in den vielen kleinen Dörfern rund um den Kahlen Asten sind die Schützenfeste, bei denen mit frischem sauerländischen Bier, zum Beispiel Warsteiner oder Krombacher, und zünftiger Blasmusik gefeiert wird. Kino, Theater, Musik – jenseits der Blaskapelle – gibt es zwar auch, aber echte Sauerländer feiern lieber in ihren Vereinen. Vor allem das Sportangebot ist groß: Ob mit schnellen Rädern auf einer Biker-Tour über Stock und Stein, ob Nordic-Walking durch die rauhe Berglandschaft oder Ski-Langlauf im Winter – wer Sport liebt, dürfte sich hier wohl fühlen. So verfügt allein die kleine Stadt Winterberg über eine Kunsteisbahn, eine Bobbahn (wo eine gewisser Stefan R. aus K. seine Wok-WM einmal im Jahr zelebriert) eine Skisprung-Schanze (die sich allerdings nicht mit der im nahen Willingen messen kann) sowie zahlreiche Ski-Loipen und Ski-Lifte. Spöttisch wird die kleine Stadt deshalb auch gerne das „Sankt Moritz des Sauerlandes“ genannt. Nur so edel geht es hier nicht zu: Man liebt die Natur und das Natürliche. Teuere Pelze und Klunker werden nur selten gesichtet, sind es doch vor allem Familien, die hier einen Kurzurlaub einlegen.

Mehr Mord und Totschlag

Noch ein WaldwegDie Bewohner dieser herben Waldlandschaft gelten als stur und maulfaul. Ein Vorurteil mag man da denken, doch es ist in der Tat nicht so leicht, mit einem echten Sauerländer ins Gespräch zukommen. Fremde und Fremdes werden argwöhnisch beäugt. Der Gastfreundschaft tut dies allerdings keinen Abbruch – schließlich wissen die Menschen, wem sie ihren bescheidenen Wohlstand zu verdanken haben. Wer es schafft, ein gewisses Vertrauen zu den Einheimischen aufzubauen, wird bald schon ein Stein im Brett haben und immer gerne gesehen. Am ehesten öffnet man Mund und Herz eines Sauerländers bei einem Bier in einer der vielen Kneipen – hier spielt das Leben außerhalb von Arbeit und Alltag.

Schaut man einmal auf den kriminellen Hintergrund der Gastgeberregion der diesjährigen Criminale, dann wird schnell klar, dass es hinter der ländlichen Idylle Lug und Betrug, Böses, Verbrechen, Mord und Totschlag lauern. Die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2004 weist etwa einen Anstieg bei den Gewaltverbrechen nach. Zwei Mordversuche, ein vollendeter Mord sowie fünf Totschlagsfälle zählt die Polizei auf. Auch bei Sexualdelikten und dem Missbrauch von Kindern gab es leider eine Steigerung. Jugendkriminalität und Kriminalität bei Spätaussiedlern sind weitere Probleme, die der Polizei zu schaffen machen. Ob die deutschsprachigen Krimiautorinnen und -autoren hier neue Motive und Ideen für ihre Romane finden werden?

Vielleicht werden sie sich aber auch einfach nur an der schönen Landschaft freuen, die sauerländische Gastfreundschaft genießen und der einheimischen Küche frönen. Kräftige Fleischgerichte, wie Kassler, Sauerbraten und Mettwürstchen stehen hier ebenso auf der Karte wie Grünkohl, Sauerkraut und Kartoffeln. Gut gestärkt dürfen sie sich dann auf Besuchstour begeben: Wälder und Wiesen rund um den Kahlen Asten, der historische Altstadtkern in Arnsberg oder putzige Dörfer mit Fachwerkbauten rund um Olsberg – zu entdecken gibt es sicher einiges.