Mords-Moden

vom Krimiblogger

Noch kaum bemerkt vollzieht sich ein Paradigmenwechsel im zeitgenössischen Kriminalroman. Der Serienkiller, der mit den sensationellen Erfolgen von Thomas Harris’ Roter Drache (1981) und Schweigen der Lämmer (1988) im zeitgenössischen Bewusstsein zur Inkarnation des modernen, diabolischen Verbrechers geworden ist, wird von einem neuen Teufel in Menschengestalt ersetzt: dem Kinderschänder und Kindesentführer.
Tobias Gohlis
Quelle: Tobias Gohlis: Zwei Millionen Dollar für ein Kind. Die Zeit

Droht nun also die Übermacht der Kinderschänder im Kriminalroman? Ein schauerlicher Gedanke. Kaum entschlafen die Serienkiller, schon kommen die nächsten, garstigen Gestalten, die für Spannung sorgen sollen. Widerliche Kerle (meistens), die sich an kleinen Kindern vergehen. Soooo neu finde ich das nun auch wieder nicht. Mitte/Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts nahm sich zum Beispiel schon Andrew Vachss mit seinen Burk-Krimis des Themas an.

Ob dieses Thema aber wirklich so viele Leser finden wird, wie die (ja immer noch oft auftretenden) Serienkiller, bezweifle ich. Serienkiller boten die Möglichkeit des Grusels, den Einblick in kranke Psyche, mit einer entsprechenden Distanz. Die Glorifizierung dieses Verbrechertyps, gerade auch durch die Verfilmung der Harris-Romane, förderte ihre Beliebtheit, auch beim lesenden Publikum. Die meisten Serienkiller-Romane bieten genügend Schutz, eine Mischung aus Abscheu und Faszination, um sich mit den Schattengestalten auseinander zu setzen. Von der realen Darstellung wirklicher Serienkiller einmal ganz abgesehen. Dazu oft das Mysterium einer Mordstruktur: Warum bringt ein Serienkiller nur bestimmte Opfer (weiblich/männlich, blond, braun) an bestimmten Orten oder durch bestimmte Methoden um? Warum hinterlässt er bestimmte Symbole? Kinderschänder hingegen sind eigentlich nur igitt.