Aus dem Krimitagebuch – 10

vom Krimiblogger

Der geheimnislose Junge von Stephan Brüggenthies Färbt die Lektüre auf den jeweiligen Leser ab? Heute morgen in der U-Bahn: Ein junger Mann, vertieft in einem Sammelband von Wolf Haas, schaute grantig von seinem Buch auf.

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dpr hat ein Interview mit Martin Compart geführt. Was sagt der zu Haas? „…finde ich Haas unleserlich, fürchterlich gewollt, ohne Charme und Stil“. Nun gut. Besonders interessant auch der Absatz, in dem sich Compart mit der Veränderung der Leserschaft beschäftigt und die in dem schönen Satz gipfelt: „Wesentlich ist, dass das männliche Publikum verscheucht wurde.“ Vielleicht haben sich aber auch einfach die Männer gewandelt. Wäre ihnen zu wünschen.
Das ganze Interview gibt es bei Krimikultur: Archiv

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Die aktuelle deutschsprachige Kriminalliteratur ist ja nicht so das Ding von Martin Compart. Bei der Lektüre von Stephan Brüggenthies erstem Roman „Der geheimnislose Junge“ kann ich das einmal mehr nachvollziehen. Wie schafft man es – jetzt mal rein psychisch – als Autor eigentlich über 500 Seiten mit Langeweile anzufüllen, sich in Phrasen zu ergehen und einen Plot zu entwickeln, der schon zig mal variiert wurde? Ich meine, da muss man sich doch eigentlich schon selbst als Autor beim Schreiben langweilen und auf den Wecker gehen.

Dann hat Eichborn seinem jungen Autor gleich noch einen Buchtrailer gegönnt. Mal abgesehen davon, dass der Trailer langweilig ist, wird er auch noch schön auf der Eichborn-Verlagsseite versteckt. Hallo? Das Prinzip dieser Werbespots sollte doch die VERBREITUNG sein. Sowas gehört auf YouTube & Co., mit einer Embed-Funktion. Manche kapieren’s einfach nicht. Es heißt nicht „alles meins“, es heißt „alles deins“. Dabei fällt mir ein, ich wollte noch was zu Social Networks und Krimiverlage schreiben.

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Alles negativ? Nein, hier kommt das Positive: “Durch die Nacht mit Alan Cumming und Ian Rankin” ist gelaufen und kann jetzt bei arte+7 angeschaut werden. Sehr schöner Film. Und die Kühe in Rankins Garten kommen mir bekannt vor.

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Ablenkung von schlechter Lektüre gibt am Wochenende. Hamburg feiert CSD. Vielleicht twittere ich ja ein wenig von der Parade. Ansonsten: Mein aktuelles Lieblingslied kennt Ihr ja schon. Damit quäle ich Euch jetzt noch ein wenig.

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Stapel der unbesprochenen Werke:
Christian Moerk: Darling Jim
Christian Dorph und Simon Pasternak: Der deutsche Freund
William Gay: Nächtliche Vorkommnisse
Krischan Koch: Flucht übers Watt
Petros Markaris: Die Kinderfrau
Catherine O’Flynn: Was mit Kate geschah
Michael Robotham: Dein Wille geschehe
Dan Simmons: Drood
Daniel Stashower: Sir Arthur Conan Doyle – Das Leben des Vaters von Sherlock Holmes