Suhrkamp twittert – nicht (Update)
vom Krimiblogger
Es ist erst einige Monate her, da sorgte der gefälschte Twitter-Account des Suhrkamp-Verlags für Lacher, Stirnrunzeln oder Verärgerung – je nach der eigenen Sicht auf die Dinge. Nun tauchte vor einigen Tagen ein neuer Twitterer (oder eine neue Twitterin) mit dem Twitternamen „suhrkampverlag“ auf, der/die vorgibt, als Suhrkamp-Verlag zu twittern und es aktuell auf über 130 Follower gebracht hat. „Ab Oktober gibts hier neueste Infos und Statements zum Thema Literatur. Maximal ein Tweet pro Woche.“ wird dort im Twitterprofil angekündigt, gleichzeitig auch ein Link auf die Homepage des Verlages angeboten. Sollte sich Suhrkamp also nun doch entschlossen haben, seine Leserinnen und Leser mit Tweets aus der aufregenden Welt des Verlagswesen zu versorgen? Steigt man hinab aus dem Elfenbeinturm in die Niederungen von Twitter, dessen Gebrauch nach neuen „Erkenntnissen“ ja angeblich dumm machen soll?
Vielleicht lehne ich mich jetzt ein wenig aus dem Fenster, und bei der Presseabteilung von Suhrkamp habe ich auch noch nicht nachgefragt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser neue Twitter-Account wieder eine Fälschung ist. Nicht nur, dass dieser alberne Satz „Maximal ein Tweet pro Woche.“ einen aufhorchen lassen sollte. Welcher Twitterer kündigt schon seine Tweetfrequenz an, ohne, dass auch bislang nur ein einziger Tweet abgesetzt wurde? Betrachtet man sich im Hause Suhrkamp nicht geradezu als gebranntes Kind nach den Erfahrungen mit dem letzten Fake? Auch das Hintergrundbild (hier anzusehen), das die Twitterseite von „suhrkampverlag“ schmückt, könnte einen Leser ins Grübeln bringen. Da wird das angebliche Titelblatt des Manuskripts „Theorie des kommunikativen Handelns“ von Jürgen Habermas gezeigt, das vermutlich – die Spiegelungen deuten es an – hinter einer Glasscheibe liegt. Das Buch erschien tatsächlich 1981 im Suhrkamp-Verlag in zwei Bänden. Der Titel ist ein deutlicher Seitenhieb auf die Nichtkommunikation des Verlages. Traut man sich bei Suhrkamp soviel Selbstironie zu? Dazu kommt eine ganz einfache, grafische Überlegung: Warum nutzt Suhrkamp für seine mutmaßliche Kommunikation über Twitter nicht das schlichte, markante Logo, das den Verlag ziert?
Was also soll das? Sind wir Twitterer wirklich zu dumm? Vergisst das Netz, vergisst die Community, vergisst Twitter so schnell? Darf man nicht gerade von den Suhrkamp-Followern mehr Kritikfähigkeit erwarten? Soll hier erneut der Verlag vorgeführt werden? Oder ist es am Ende gar doch der Suhrkamp-Verlag selbst, der uns zeigen will, dass man dort das Augenzwinkern nicht verlernt hat? Wir werden es erfahren. Im Netz. Und warten sehnsüchtig auf den ersten Tweet von „@suhrkampverlag“. Folgt ihnen.
Ergänzung vom 21. September 2009
Frau Reinsch vom Suhrkamp Verlag hat mir per E-Mail bestätigt, dass es sich erneut um einen gefälschten Twitter-Account handelt.
Zweite Ergänzung vom 21. September 2009
Der betroffene Twitter-Account wurde jetzt von „suhrkampverlag“ in „falscherverlag“ umbenannt.
Kommentare
Hmmm… könnte man in der Zeit, in der man diese Mutmaßungen unternimmt, nicht ganz einfach und schnell im Verlag per Mail nachfragen? Recherche statt Verdacht?
Ganz so technikfeindlich kann Suhrkamp übrigens nicht mehr sein, denn seine Webseite (neu überarbeitet) ist u.a. dafür fitgemacht, dass man sie per Twitter direkt empfehlen kann.
Müssen Follower gleich dumm oder vergesslich sein? Ich für meinen Teil probiere gern aus, wer wem refollowed und daran kann man oft erkennen, wer Fake ist und wer nicht.
Und was lernen wir daraus: Für Firmen empfiehlt sich noch mehr Transparenz bei Twitter, wirkliche Kommunikation, auch Dialog – und auch in der Technik sind die Menschen dahinter sehr wichtig. Köpfe statt Logos. Dann wird der Fake auch schneller zum Rechtsbruch…
Meine Meinung: Ich glaube dann, dass das Suhrkamp ist, wenn der Verlag auf der Webseite seinen Twitteraccount bewirbt und verlinkt.
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von krimiblogger und Yvonne Berardi. Yvonne Berardi sagte: RT @krimiblogger Krimi Suhrkamp twittert–nicht: Es ist erst einige Monate her, da sorgte der gefälschte Twitter-Acco.. http://bit.ly/11uqzK […]
Der Link „Verlag“ wurde nicht von mir erstellt. Ich distanziere mich deutlich von Bezahlverlagen.
Liebe Petra,
vorweg wegen des Verlaglinks: Nein, die generiert der Werbevermarkter hier direkt. Ich habe den mal raus genommen. Als Blogadmin kann ich die Werbung leider nicht sehen.
Was die Mutmaßungen betrifft: Ja, natürlich kann man nachfragen (habe ich mittlerweile auch getan). Mal sehen, ob ich eine Antwort bekomme.
Ich denke auch nicht, dass der Suhrkamp Verlag “technikfeindlich†ist. Darum geht es mir gar nicht. Es geht um Kommunikation. Wie nutzen Verlage diese neuen Wege? Wollen sie überhaupt in dem Ausmaß mit ihren Lesern kommunizieren? Schaffen sie das – zeitlich und personell – überhaupt? Und wenn nicht, welche Alternativen gibt es da?
Was die Leichtgläubigkeit betrifft: Es wird auch in Zukunft Fälscher und Fälschungen bei Twitter geben. Dessen muss man sich als Nutzer einfach bewusst sein. Dennoch wird man als Twitterer nun nicht jeden möglichen Follower auf Herz und Nieren prüfen können (und auch wollen). Aber man muss – da hast Du völlig recht – wachsam sein.
Letztlich schaden diese “Spaßvögel†auf Dauer sich selbst und natürlich auch denjenigen, deren Identität bei Twitter geklaut wurde. Und je mehr von diesen Fakes auftauchen und entlarvt werden, um so langweiliger wird dieses Spielchen und nutzt sich ab.
Liebe Grüße
Ludger