Bloggen für Krimiautoren – Teil 2

vom Krimiblogger

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Tote, Tags und Technik

Rechtsmedizinisches Institut Hamburg: Auf dem Sektionstisch liegt ein kaltes, totes Blog. Viele Monate lang hat es seine Schuldigkeit getan, täglich neue Texte, Bilder, Töne und Filme den geneigten Lesern zu Kenntnis gebracht. Jetzt ist es tot. Kommissar Kai Kleever und Pathologin Dr. Nathalie Jour-Naillie stehen vor vielen Rätseln: Wie hat es das gemacht, dieses kleine, unscheinbare Blog? Wie konnte es diese ganzen Inhalte in so wohlgeordneter und ansprechender Form nur bewältigen? Und woran ist es gestorben? Die charmante Gerichtsmedizinerin greift zur Säge: „Wollen wir doch mal schauen, was es so in sich hat, dieses kleine Blog“. Mit einem scharfen, monotonen Ton schneidet sich die Säge ihren Weg durch die Oberfläche des Blogs…

Kommissar Kleever macht sich zwischenzeitlich schon mal kundig, wo und wie so ein Blog lebt. Er findet heraus, dass so ein Blog richtig proper und prall wird, wenn es regelmäßig mit frischen Inhalten gefüttert wird. Es giert geradezu nach Buchstaben, Bildern oder Tönen. Doch davon alleine kann es nicht leben. Seine Anatomie ist recht komplex und setzt sich aus vielen kleinen Elementen, Organen und Features zusammen. Das Licht der Welt kann es an zwei Orten erblicken: Entweder bei einem freundlichen Bloghoster oder seine Eltern haben ihrem virtuellen Sprößling Speicherplatz bei einem Webhoster verschafft. In beiden Umgebungen kann ein Blog gedeihen und wachsen, allerdings kann es auch bei beiden ab und zu stolpern und im schlimmsten Fall auf die schiefe Bahn geraten.

Erste Erkundigungen führen Kommissar Kleever zu einem Bloghoster. „Ist doch alles ganz einfach“ sagt der Bloghoster. „Werdende Blogger – die Mütter und Väter der kleinen Blogs – kommen zu uns, melden sich an, geben sich und ihrem Neugeborenen einen Decknamen, suchen sich ein schickes Kleid oder einen eleganten Anzug aus und schon lebt das kleine Blog.“

Kleever erscheint das etwas zu einfach. Ein paar Dinge sollten sich werdende Blogger bei der Auswahl ihres Bloghosters überlegen. Nicht alle freundlich lächelnde Bloghoster führen Gutes im Schilde. „Good Guys – Bad Guys“, denkt sich Kleever. Die „Good Guys“ erkennt man daran, dass sie klar und deutlich sagen, was man als Blogger so erwarten kann. Bei kostenlosen Deals muss der Blogger damit rechnen, dass auf der Kleidung des schicken Blogs Werbung pappt. Oder sein Blog bekommt nur einen kleinen Speicherplatz. Wenn man das aber nicht will, dann muss man zahlen. Dann verschwinden Werbung oder das gefräßige Blog hat auf einmal viel mehr Platz.

Info: Augen auf bei der Wahl des Bloghosters!

  • Bietet er ein unkompliziertes Upgrade von einem kostenlosen zu einem kostenpflichtigen Blog?
  • Wie sehen die AGB aus?
  • Für welche Zeitspanne (Abo) muss man als Blogger den Speicherplatz mieten?
  • Welche Features bietet der jeweilige Bloghoster? (dazu auch unten mehr)
  • Können Sie die Templatedateien bearbeiten?

Die bekanntesten Bloghoster sind blogg.de, blogger.de, twoday.net, blogger.com, bloghof.net, blogigo.de oder TypePad.com. Unter bloghaus.net gibt es einen Vergleich der verschiedenen Anbieter.

„Wenn das alles ist, worauf man achten muss.“ meint Kleever und lehnt sich erleichtert zurück.
„Nein, nein, so einfach ist das nicht“, erwidert die sonore Stimme des Bloghosters. „Wir haben ja noch eine Menge Features, über die sich so ein Blog freut – andere haben die nicht.“
„Features? Was ist das denn?“
„Ja, also wir haben da Pings, Trackbacks, Kommentare, Moblogging und ‘ne Menge mehr zu bieten“.
Kleever schwirrt der Kopf. „Können Sie mal ein bisschen deutlicher werden?“ Plötzlich klingelt Kleevers Handy. Die Stimme von Dr. Jour-Naillie kämpft sich durch das Rauschen in Kleevers Ohr: „Fahren Sie sofort mal in dieses Versuchslabor für Open-Source-Systeme! Da gibt’s ‘ne heiße Spur. Die kommen mir vor wie der billige Jakob. Da stimmt was nicht.“

„’Tschuldigung“ wendet sich Kleever an den freundlichen Bloghoster. „Ich muss dringend weg. Aber das mit den Features müssen Sie mir später unbedingt noch erklären.“

blog_tastatur1.jpgEine halbe Stunde später steht Kleever in einem schicken, modernen Großraumbüro. Überall klackern Hände über die Computertastaturen, leises Lüfterbrummen erfüllt den Raum. „Sie wollen was über Blogs wissen?“ fragt ihn ein junger Typ in Jeans und Sweatshirt. „Da sind sie richtig bei uns. Wir testen Open-Source-Software und Scripte.“
„Was testen Sie?“ fragt Kleever verduzt.
„Open-Source-Software, dass sind Programme oder Scripte, deren Quellcode jeder einsehen kann und wenn er will auch verändern darf. Meistens, nicht immer, sind diese Programme frei für jeden zur Benutzung zugänglich. Es gibt sie kostenlos im Internet. So etwas gibt es auch für Blogs. Na, Sie werden doch wohl schon mal was von Serendipity, Textpattern oder WordPress gehört haben?“
„Nein, eigentlich nicht“ gesteht Kleever ein.
„Oh, Mann, ich denke Sie sind bei der Polizei? Also, wenn Sie bei einem Webhoster Speicherplatz gemietet haben, dann können Sie darauf auch ein Blog installieren. Solche Blogs laufen über Scripte, wie eben Serendipity, Textpattern oder WordPress. Können Sie sich im Internet holen. Damit die aber arbeiten können, muss Ihr Webhoster in den meisten Fällen zusätzliche Sprachen und Datenbanken anbieten. Für WordPress zum Beispiel muss bei Ihrem Webhoster MySQL für die Verwaltung der Datenbank vorhanden sein, die Sciptsprache PHP muss laufen und über einen Apache-Server freut sich WordPress auch. Bei den meisten anderen Blog-Scripten ist es ähnlich. Sie laden sich Ihr Lieblingsblogscript aus dem Internet, schieben die entsprechenden Daten auf Ihren Server, schauen sich an, wie die Datenbank heißt, die Ihr Hoster anbietet, installieren das Blogscript und schon liegt auf Ihrem Webspace ein Blog bereit, dass Sie füttern können. Dazu gibt’s schicke Designer-Klamotten, die Sie sich im Internet herunterladen können und viele Features oder Plugins, die Ihr Blog noch schöner macht.“
„Moment, Features? Plugins? Das habe ich schon mal gehört“ hakt Kleever ein. „Erklären Sie mir das mal genauer.“
„Ja, gleich, ich hole mir nur mal eben schnell einen Kaffee.“

Info: Wenn Sie bei einem Webhoster Speicherplatz gemietet haben, zum Beispiel für Ihre Homepage, dann können Sie dort auch in der Regel ein Blog installieren. Kenntnisse in HTML, PHP und CSS sind allerdings notwendig. Gängige Scripte für Blogs sind die bereits erwähnten Serendipity, Textpattern oder WordPress. Achten Sie bei der Auswahl eines Scripts auf Folgendes:

  • Welche Voraussetzungen (MySQL, PHP, Server) muss Ihr Webhoster für das jeweilige Script anbieten und gibt es die auch bei Ihrem Webhoster?
  • Gibt es für die Scripte Installationsvorlagen, Dokumentationen und Tutorials. In welcher Sprache?
  • Gibt es eine lebendige Community, die an der Weiterentwicklung des jeweiligen Scripts arbeitet?
  • Gibt es Foren, in denen Sie Fragen stellen können?
  • Gibt es fertige Vorlagen, sogenannte Templates, mit denen Sie das Aussehen Ihres Blogs verändern können?
  • Gibt es Plugins, also kleine, zusätzliche Scripte, die Sie in Ihr Blog einbauen können?

Auch für Blogsysteme findet sich ein Vergleich bei bloghaus.net. Oder Sie schauen sich bei OpenSource CMS um. Dort können Sie Demo-Versionen verschiedener Blogsysteme testen.

„Können Sie mir jetzt mal erklären, was diese Features, Plugins und all dieses Bloggergedöns soll?“ fragt Kleever den jungen Typen, der mit seinem Kaffee ins Büro schlurft.
„Sie haben aber auch wirklich keinen Schimmer. So ein Blog, dass besteht aus vielen Elementen. Da gibt’s den Header, also den Kopf des Blogs, in dem sein Name steht, da gibt’s die Sidebar, in der Archive und Linklisten verankert sind, dann die Beiträge, die Kommentare oder den Footer, ganz unten im Blog. Kommen Sie, ich zeig’ Ihnen mal die wichtigsten Organe eines solchen Blogs“.
Der junge Typ führt Kleever in einen abgedunkelten Raum, nur erleuchtet durch das Flackern vieler Flachbildschirme.

blog_anzeige1.jpg„Das hier, das sind Kommentare. Viele Blogger lieben sie, andere hassen sie wie die Pest. Als Blogger sollten Sie sich entscheiden können, ob Sie überhaupt Kommentare anbieten. Wenn ja, dann kann es gefährlich werden. Hitzige Diskussionen, Streit, gar virtueller Mord und Totschlag – wer weiß das schon. Jedenfalls sollten Sie die Kommentare moderieren können, also unliebsame Äußerungen löschen können. Ein gutes Blogscript sollte Ihnen das ermöglichen.“

„Dann haben wir hier den Spam-Schutz. Sie wissen doch, im Internet treiben sich böse Onkels und Tanten herum, die glauben, ihren Müll – so Lockrufe für anrüchige Seiten oder penetrante Werbung für Potenzmittelchen – überall und ungefragt absondern zu dürfen. Anfällig dafür ist ausgerechnet die Kommentarfunktion, die diesen Müll dann auffangen muss. Mit einem Spam-Schutz kann man sich damit zumindest etwas dagegen schützen. So gibt es zum Beispiel schwarze Listen (Blacklist), auf denen solche Dreckschleudern verzeichnet sind und die durch solche schwarzen Listen gehindert werden, ihren Müll abzulegen. Oder aber Sie können Ihrem Blog beibringen, dass es bei bestimmten Wörtern, einer bestimmten Anzahl von Links oder bei bestimmten Adressen, hinter denen sich die Dreckschleudern verbergen, seinen Dienst, vor allem aber die Kommentarfunktion, verweigern soll.“

„Hier hätten wir den RSS- oder Atom-Feed. Da ein Blog ein großes Mitteilungsbedürfnis hat, will es seine Leser gerne über neue Inhalte informieren. Aber nicht alle Leser besuchen es auch regelmässig, angeblich, weil sie keine Zeit haben. Für diese gestressten Surfer haben sich kluge Leute ein Abo- und Vorschausystem ausgedacht. Ein bekanntes Beispiel ist der sogenannte RSS-Feed (RSS steht für Really Simple Syndication). Die eiligen Leser haben auf ihrem Computer einen spezielles Programm, den Feed-Reader, der diesen RSS-Feed lesen kann. Wenn es in Ihrem Blog einen neuen Beitrag gibt, und ein Leser den RSS-Feed Ihres Blogs abonniert hat, dann bekommt er dadurch den Hinweis, dass Ihr Blog wieder etwas Neues mitzuteilen hat. Meistens gibt es dann in dem Feed-Reader auch noch eine kleine Vorschau, etwa die ersten drei Zeilen eines längeren Textes und einen Link zum vollständigen Beitrag im Blog. Eigentlich ganz schön, doch es gibt Blogger, die das nicht so toll finden. Jedenfalls, eine gutes Blogscript bietet zumindest die Möglichkeit an, ein RSS- oder ein Atom-Feed, eine Weiterentwicklung von RSS, zu führen. Zur Not können Sie es ja ausschalten.“

„Ganz wichtig für Blogs sind die Kalender und Archive. Wenn Ihr Blog langsam gedeiht und wächst, wird es schnell unübersichtlich. Für Ordnung sorgen da Kalender oder Archive, in denen Ihre Beiträge zeitlich geordnet abgelegt werden. Zumindest ein Archiv, durch das Ihre Leser blättern können, sollte vorhanden sein. Ganz schick ist auch ein Suchfunktion, mit der die Leser das Blog durchforsten können. Für die heimlichen Bibliothekare unter uns hat man sich die Kategorien ausgedacht. Das sorgt für noch mehr Ordnung, weil einzelne Beiträge Kategorien zugeordnet werden können.“

„Sehr wichtig ist auch der Blogroll. Damit sich das Blog nicht so einsam fühlt, können Sie ihm viele nette Gesellen zur Seite stellen. Das machen Sie zum Beispiel durch einen Blogroll, einer Linkliste. Hier können Sie Links sammeln und Ihren Lesern zur Verfügung stellen. Viele Blogger verlinken zum Beispiel Blogs oder Internetseiten, die thematisch ähnlich sind oder die von Freunden geführt werden.“

„Ja, und dann wären da die Pings. Blogs sind, wie eben schon erwähnt, mitteilungsbedürftig. Nicht nur RSS oder Atom, auch Pings sorgen dafür, dass man draußen in der weiten Welt erfährt, wenn sich etwas auf einem Blog getan hat. Dazu schickt das Blog jedesmal ein sogenannten Ping an bestimmte Verzeichnisse (Update Services) im Internet und informiert so über neue Beiträge. An welche Verzeichnisse diese Pings geschickt werden, kann man in den Einstellungen des Blogs festlegen. Beispiele für solche Verzeichnisse sind etwa technorati.com, weblogs.com oder blo.gs. Eine Liste finden Sie hier oder hier.

„Jetzt wird es ein wenig komplizierter: Trackback und Permalinks sind heikle Gesellen. Blogs sind nicht gerne alleine. Deshalb vernetzten sie sich. Das kann durch einfach Links geschehen. Spannender wird es aber, wenn sie sich gegenseitig zu bestimmten Beiträgen verlinken. Stellen Sie sich vor, ein Bloggerkollege hat einen interessanten Beitrag zum Thema Mordermittlung geschrieben. Sie möchten in Ihrem Blog darauf hinweisen. Sie verfassen Ihren Beitrag und verlinken darin den interessanten Artikel. Das können Sie ganz simpel mit dem sogenannten Permalink machen. Ein Permalink ist die URL zu diesem bestimmten Beitrag, und könnte so aussehen: http://bloggerkollege.bloganbieter.de/interessanter-beitrag-mordermittlung

Sofern Ihr Blog und das Blog Ihres Kollegen sogenannte Trackbacks erlauben, können Sie dem verlinkten Eintrag zudem mitteilen, dass Sie in Ihrem Blog darauf hingewiesen haben. Dies geschieht durch eine speziellen Trackback-URL, die Sie bei dem Artikel finden, auf den Sie verweisen wollen. Die könnte zum Bespiel so aussehen http://bloggerkollege.bloganbieter.de/
interessanter-beitrag-mordermittlung/trackback
. Diese URL müssen Sie, wenn Sie Ihren Beitrag schreiben, in einem speziellen Feld eingeben. Veröffentlichen Sie Ihren Beitrag, so schickt Ihr Blog einen Hinweis an den Beitrag, auf den Sie verlinkt haben und – sofern das Kollegenblog es erlaubt – erscheint eine kurze Vorschau mit dem Link Ihres Artikels beim Artikel Ihres Kollegen, meistens bei den Kommentaren. So sehen die Leser des Bloggerkollegens, das Sie sich auch mit dem Thema beschäftigt haben und können durch die Verlinkung Ihren Artikel anschauen, den Sie dazu verfasst haben.“

„Ich glaube, das waren so die wichtigsten Elemente eines Blogs. Gibt ja noch viel mehr – Mobloggin, Videoblogs und Podcast zum Beispiel.“
Kleever stöhnt. „Mir reichts für heute, dass kann sich ja keiner merken“.

Kurze Zeit später steht Kleever wieder in den eiskalten Räumen der Gerichtsmedizin. Dr. Nathalie Jour-Naillie kommt in einer blutverschmierten Kittelschürze auf ihn zu. „Also dieses Blog da, dass hatte alle notwendigen Organe. Alles gesund. Ich glaube ja eher, dass es psychische Probleme hatte. Einsamkeit vielleicht, oder Lieblosigkeit seines Bloggers. Wer ist der überhaupt? Schon was rausgefunden?“
„Darum, werte Frau Doktor, darum kümmere ich mich nächste Woche. Ich hab’ jetzt Feierabend.“