Hamburger Lesetage – Zwischenbilanz

vom Krimiblogger

Lesung mit Arne Dahl und Camilla Läckberg
Hamburg ist keine große Bücherstadt. Das muss ich einfach mal feststellen. Im Vergleich zu anderen deutschen Großstädten wirkt das literarische Angebot – etwa was Lesungen, aber auch die Vielfalt der Buchhandlungen betrifft – eher provinziell. Köln zum Beispiel hat die Lit.Cologne und viele, viele interessante Buchhandlungen. Von Frankfurt, München oder Berlin einmal ganz zu schweigen. Literatur findet in Hamburg eher im Verborgenen, im kleinen Rahmen statt. Das hat auch seinen Reiz, eine breite Masse von Lesern und Leserinnen wird aber selten angesprochen.

Eine der wenigen Ausnahmen sind die Hamburger Lesetage, die jährlich im April stattfinden. Innerhalb von acht Tagen gab und gibt es in diesem Jahr 130 Veranstaltungen. Ein Marathon für einen Leser, der sich jeden Abend neu entscheiden muss, zu welcher der Lesungen er den gehen möchte. Keine Frage: Das Programm ist vielfältig und interessant, zudem ist der Eintrittspreis für eine Lesung mit fünf Euro erschwinglich. Geworben wird allerdings auch mit Lesungen an „ungewöhnlichen“ Orten, und da offenbaren sich manchmal eben Schwächen. So bei der Lesung mit Arne Dahl und Camilla Läckberg am vergangenen Freitag. Ort des Geschehens: Der Fleethof, eine mit Glas überdachte Einkaufs- und Büropassage in der Mitte der Hansestadt. Solche schicken Konsumtempel gibt es reichlich zwischen Alster und Elbe. Edle Boutiquen, Reisebüros und Luxus-Fressbuden – der shoppingbegeisterte Hamburger liebt sie offensichtlich.

Als Ort für eine Lesung allerdings höchst ungeeignet. In dieser sterilen und unpersönlichen Atmosphäre saßen mehr als hundert Zuhörer und wollten Camila Läckberg und Arne Dahl lauschen. Doch es gab nur Rauschen. Ein künstlicher Wasserfall plätscherte den ganzen Abend über munter vor sich hin. Verschlimmert wurde dies durch die grauenvolle Akustik, die solche Glaspaläste nun einmal haben. Trotz Lautsprecher und Mikrofon kamen die gesprochenen Worte nur dürftig in den hinteren Reihen an. Der geplagte Tontechniker, der während des ganzen Abend umher lief, gab sein Bestes. Es wurde schließlich lauter, aber der Vortrag der beiden Autoren hatte, rein akustisch, den Charme einer Zugansage im Bahnhof.

„Naja, für fünf Euro Eintritt kann man sich ja wohl nicht beklagen.“ meinte eine Dame zu mir. Grummelnd nickte ich ihr zu, zufrieden war ich trotzdem nicht. Es rauschte munter weiter und meine Konzentration wurde arg beansprucht. „Das soll eine Kulturveranstaltung sein? Ist ja lächerlich.“ erzürnte sich eine andere, ältere Dame während der Pause. „Also wenn die schon auf Schwedisch lesen, könnte man mindestens ein Videoband mit der simultanen deutschen Übersetzung einblenden!“ Das lies mich dann doch staunend zurück. Was hatte die gute Frau erwartet? Natürlich lesen schwedische Autoren in ihrer Muttersprache, zumal es offenbar reichlich Zuhörer gab, die dieser Sprache mächtig sind. Selbstverständlich wurde die jeweilige Textpassage auch noch einmal gekonnt und mit viel Körpereinsatz von dem Schauspieler Sebastian Dunkelberg vorgetragen. Nein, inhaltlich war der Abend gelungen, sowohl was die beiden Autoren betrifft, wie auch die Moderation durch die Übersetzerin Dagmar Mißfeldt. Nur dieses Wasserrauschen, das habe ich immer noch im Ohr.

Foto oben (von links): Sebastian Dunkelberg, Arne Dahl, Dagmar Mißfeldt und Camila Läckberg.