Grenzgänger zwischen Realität und Fiktion
vom Krimiblogger
Nicht jede Pressemeldung, die in meinem realen oder virtuellen Briefkasten landet, schafft es auch in dieses Blog. Aber es gibt Ausnahmen, wie zum Beispiel die Pressemitteilung aus dem Hanser-Verlag, die mich auf den Podcast zum Roman „Die Arbeit der Nacht“ von Thomas Glavinic aufmerksam machte. Thomas Glavinic dürfte Krimilesern seit seinem Roman „Der Kameramörder“ bekannt sein. Der Roman wurde 2002 mit dem Friedrich-Glauser-Krimipreis ausgezeichnet. Nun hat der österreichische Autor ein neues Buch veröffentlicht – eben „Die Arbeit der Nacht“ – und dazu hat der Verlag eine eigene Internetseite gestartet. Allerdings – und das ist bislang eher selten in der deutschen Verlagslandschaft – mit einem Podcast, der 15 Folgen umfasst. Mehr dazu im Pressetext.
Es ist der 4. Juli, an dem der Schriftsteller Thomas Glavinic und Wolfgang Tischer vom Literatur-Café im Internet die Orte eines Romans besichtigen. Auch die Romanfigur Jonas durchschreitet an einem 4. Juli ein menschenleeres Wien. Glavinic und Tischer folgen ihm, auch wenn ihr Wien zum Glück etwas belebter ist. Sie starten zwischen der Rechten- und Linken-Wienzeile, wandern über den Naschmarkt zum Stephansdom und besuchen den Prater. Sie sprechen über die unterschiedlichsten Themen, über Essen, Waffen, Filme und mehr, Lesungen der Textpassagen, die Glavinic/Tischer und auch Jonas aufsuchen, ergänzen die einzelnen Features.
Man kann Thomas Glavinic und Wolfgang Tischer an über einem Dutzend Orte begleiten und so das reale Wien und das Wien aus „Die Arbeit der Nacht“ unter Führung des Autors akustisch und auch visuell (durch Google-Maps und andere Kartendienste) durchwandern.
Ein Diskussions-Forum ermöglicht den Austausch mit Autor und anderen Podcast-Usern, der Podcast ist bereits im Verzeichnis von Apple iTunes gelistet.
Ist das nun innovativ oder alberner, neumodischer Kram? Geschicktes Marketing oder platte Werbung für den Roman? Wie auch immer, solche Podcasts zum Buch sind bislang Raritäten, ein Klick auf die Seite dürfte sich also lohnen.
Kommentare
Das ist, um das wenigste zu sagen, schlechtes und falsches Deutsch: „Auch die Romanfigur Jonas durchschreitet an einem 4. Juli ein menschenleeres Wien.“ ? Wieso auch? Wer „durchschreitet“ (durchschreitet? was gestelzt) außerdem ein menschenleeres Wien? Niemand. Denn Glavinic und Tischer „durchschreiten“ ein Wien, „das zum Glück etwas belebter ist“. Sprachliche Logik? Null.
Ebenso unbeholfen: „Es ist der 4. Juli, an dem“. „Die Orte eines Romans“: weio! Die Orte, an denen ein Roman spielt, vielleicht? „Sie sprechen über die unterschiedlichsten Themen“? Nullaussage. „Lesungen der Textpassagen, die Glavinic/Tischer und auch Jonas aufsuchen“? Ergibt dieser Halbsatz irgendeinen Sinn? Nein.
Summa summarum: eine Absurdität an Pressemeldung. (Was nichts über die Podcasts aussagt, höchstens über den stilistischen Verstand und das Stilgefühl der Presseabteilung. Das würde ich in einem Blog noch gerade akzeptieren, aber von einem der ambitioniertesten Verlage, die immer noch einige der interessantesten Autoren unter Vertrag hat, nicht. (Außerdem kann man das reale Wien nicht per google-maps und andere „Kartendienste“ durchwandern oder durchschreiten oder wasimmer (der Verlag sollte sich mal mit sich selber einigen), sondern nur ein virtuelles oder phantasiertes, eben mit dem Finger (oder Zeiger) auf der Landkarte. Das haben wir früher auch schon gemacht. Aber: Ein reales Wien kann man eben nur real durch…äh…dingsen. Soweit zur Logik.)
Nee, nee, nee.
Huch, der Dschordsch hat ja mal Recht…Kalender her, Rotstift her…
bye
dpr
Dechfrachs, äh: Frechdachs! (War übrigens schon mal ein Beitrag zur Diskussion um richtige und falsche Sprache.) (Wo?) (Na, bei dpr.) (Huch, wird die Klammer () jetzt zu meinem Anobella-Asteriskenersatz?)
Och, lieber Georg, ich dachte immer, Wien kann man nur durchschreiten, unabhängig ob es nun menschenleer oder belebt ist. Hat vermutlich auch etwas mit der Angst von Redakteuren und PR-Leuten vor Doppelung zu tun: Schließlich „folgen“, „wandern“, „besuchen“ und „suchen“ Glavinic und Tischer „auf“. Ein einfaches „gehen“ ist zu dröge und langweilig.
Ludger
„Durchschreiten“! Ph!