Nebelmaschine
vom Krimiblogger
Bettina Gundermann: Teufelsbrut
Das Etikett „Noir“ wird mittlerweile (wieder) gerne auf Kriminalromane geklebt. Noir ist chic, Noir ist „in“ und Noir, so scheint es, ist per se ein Qualitätszeichen für gute Kriminalliteratur. Nicht alles, was unter diesem Label dann verkauft wird, hat auch ernsthaft etwas mit Noir zu tun. Jüngstes Beispiel ist Bettina Gundermanns Roman „Teufelsbrut“, der in der neuen Reihe „Die Dunklen Seiten bei nymphenburger“ erschienen ist.
Bitte wundern Sie sich nicht: Ich weiß sehr wohl, das „dunkel“ als Adjektiv klein geschrieben werden müsste, während Nymphenburger als Eigenname groß zu schreiben wäre, es steht aber so mehrfach auf und in dem Buch. Das haben sich vermutlich kluge Marketingstrategen beim Verlag ausgedacht, ist vielleicht chic oder modern – ich find’s dämlich. Aber wer achtet nach der Verwirrung durch neue und alte Rechtschreibung schon auf solche Kleinigkeiten – Kleingeister wie ich, vermutlich.
Der Autorin kann dies sicher nicht angelastet werden, genauso wie der tolle Klappentext auf ihrem Buch, der „ein in der Tradition der „serie noire“ stehenden Psychothriller“ verspricht. Was also erwarte ich? Eine realitätsnahe, gesellschaftskritische Erzählung, einen dunklen Roman, der die Schrecken der Seele offenbart, aufzeigt oder irgendwie greifbar werden lässt. Geschundene Seelen gibt es in der Tat reichlich in dem Buch. Gleich am Anfang gibt’s eine Vergewaltigungsszene in der „Heiligen Nacht“. Neun Monate später bringt Ambra, das Opfer, die „Folgen“ der bösen Tat zur Welt: Die Zwillinge Luca und Raphael. Es handelt sich um engelsgleiche Wesen, folgt man der Wahrnehmung von Zardok („der Gerechte“). Zardok, vermeintlicher Onkel der beiden Geschwister, lebt in einem Dorf und zieht die beiden Kinder groß.
Kitschig-klebrige Psychostory
Jahre später begegnet die junge Sara dem geheimnisvollen Zardok, als sie enttäuscht von ihrem Leben in der Stadt in eben jenes Dorf flüchtet, in dem kurz zu vor eine junge Frau von den Dorfbewohnern zu Tode gehetzt wurde. Sara verliebt sich in Zardok, der diese Liebe jedoch nur deshalb erwidert, weil Sara ihn an Luca erinnert. Luca und ihr Bruder Raphael sind hingegen verschwunden.
Sara entdeckt bei Zardok die Tagebücher von Ambra, in dem die Mutter das Geheimnis ihrer „Teufelsbrut“ niedergeschrieben hat. Sara kommt auch Zardok auf die Schliche und lüftet nach und nach ein Geheimnis, in dem Inzest, Kindesmissbrauch, Mord und Hetze eine wichtige Rolle spielen.
Mit Noir hat das herzlich wenig zu tun: Bettina Gundermann erzählt ihre krude Geschichte in einer furchtbar manieristischen Sprache, haut dem Leser platte Dialoge um die Ohren und setzt künstliche Mythen, wie etwa drei Krähen, aufdringlich ein. Auch sonst scheint die Autorin ein Faible für Nebelmaschinen (es wabbert kräftig) und billige Effekte zu haben. So fällt zum Beispiel das Wort „Kinderficker“ mindestens drei Mal – was als Provokation gedacht ist, entpuppt sich jedoch nur als widerlicher Possenreißer. Jeder B-Movie versprüht mehr Esprit als Gundermanns kitschig-klebrige Psychostory. Noir ist hier gar nichts, höchstens eine (vom Verlag aufgesetzte?) Attitüde, weil es gerade angesagt ist. Klare Empfehlung: Lesen Sie lieber ordentliche Noir-Romane. Davon gibt’s ja reichlich.
Bettina Gundermann: Teufelsbrut/ Roman. – München : Nymphenburger, 2005
ISBN 3-485-01039-1
(Die Dunklen Seiten bei nymphenburger)
Buch bestellen bei:
» amazon.de » libri.de » buch24.de