Eine geschmacklose Puppe
vom Krimiblogger
Ist die Puppe „Barbie“ geschmacklos, wie es Marcus Starck in seinem Weblog behauptet? Aus heutiger Sicht sicher, weil sie eine Namensgleichheit mit dem „Schlächter von Lyon“, Klaus Barbie, aufweist. Was Marcus allerdings übersieht, sind einige wichtige Dinge:
- 1959, als die US-Amerikanerin Ruth Handler (übrigens eine Jüdin) die Barbie-Puppe erfunden hat, lag Europa in Sachen Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit noch immer im Dämmerzustand. Zwar hatten die Nürnberger-Prozesse stattgefunden, aber in den 50er Jahren war man vor allem mit Wirtschaftswachstum und Wiederannäherung, gerade zwischen Frankreich und Deutschland, beschäftigt. Erst in den 60er Jahren (!) setzte eine tiefgreifendere Aufarbeitung des Holocaust und der Nazi-Verbrechen ein. Klaus Barbie selbst war bereit 1951 auf der sogenannten „Rattenlinie“ nach Lateinamerika gelangt, mit Hilfe des US-Geheimdienstes CIC. Dort lebte er unter dem Namen Klaus Altmann, ein von den Nazis ermorderter Rabbiner, verdeckt.
- Im Jahre 2005 stellt sich dies alles anders da. Historiker und Dokumentarfilmer, wie der bereits angsprochene Marcel Ophüls, haben die grauenhaften Taten des Klaus Barbie erforscht und in die Öffentlichkeit gebracht. Man weiß jetzt, was sich hinter den Mauern des Hotel Terminus in Lyon furchtbares abgespielt hat. Wenn ich dann den Anfang des umstrittenen Romanprojekts „Hotel Terminus“ lese, geschrieben von 12 preisgekrönten Autoren, dreht sich mir der Magen um, auch wenn der Name des Roman-Hotels nichts mit dem in Lyon zu tun hat. Gut, Hotel Terminus gehört nicht zu den ersten Orten, die mir spontan einfallen, wenn ich an die Verbrechen der Nazis denke – das sind Orte wie Auschwitz, Dachau, Buchenwald und einige mehr – aber das schützt nicht davor, bei der Namensgebung für ein solches Romanprojekt Sorgfalt walten zu lassen.
- Gerade der Aufbau Verlag, in dem so wichtige Autoren wie Anna Seghers, Lion Feuchtwanger oder Arnold Zweig verlegt werden, sollte doch hellhörig werden, oder?
Kommentare
Lieber Ludger,
sorry. Zugegeben, war ziemlich platt. Ruth und Elliot Handlers Tochter hieß Barbara. Barbie, Babs waren ihre Spitznamen. Ihr Sohn hieß Kenneth (Ken). Barbie wurde nach Barbara, benannt und Ken nach Kenneth. Auch aus heutiger Sicht ist der Name der Puppe nicht verwerflich.
Mit Romananfängen habe ich es sowieso nicht und im Moment schlage ich mich mehr mit dem massiven Rechtsrutsch in meinem eigenen Land rum. Viel schlimmer als die Nichtbewältigung der deutschen Vergangenheit finde ich dir derzeitige Tendenz nach Rechts in Amerika und Australien. Immer wenn Menschenrechte aus Patriotismus oder religiösem Fanatismus mit Füßen getreten werden, sollten Weltweit die Alarmglocken schellen. Tun sie aber nicht, weil Rechts is hipp. Kollege Peter J. Kraus berichtet in seinem Blog direkt von der Quelle. Lesenswert!.
Und hier in Australien sperrt man sogar Babys ein. Es könnte sich ja durchaus um Terroristen handeln. Zukünftige zwar, aber man weiß ja nie. Das Schlimme: Alle sehen zu. Keiner schreit: »Was soll die Scheiße eigentlich?«
Da ist ein Griff ins Klo mit einem Romananfang und einem Buchtitel zwar peinlich, aber eher unwichtig und nebensächlich.
Übrigens, hätte ich ihn geschrieben würde man mir eine vertrackte Marketingstrategie vorwerfen 😉 Wie war das noch mal mit Kunkel und seinen Nazipornos?
Alles Liebe vom anderen Ende der Welt
Marcus Starck
[…] fernen Australien, der nicht an diesem umstrittenen Projekt beteiligt war, äußerte sich hier dazu. Der Kommentar von Silvia Kaffke – ein wahrlich trauriges Beispiel von Geschichts […]