„Manchmal bin ich betrübt…“
vom Krimiblogger
Eröffnung des ersten Krimifestivals in Hamburg
Zirkusatmosphäre wehte durch die fliegenden Bauten, dem Vergnügungszelt auf dem Hamburger Kiez, als am Dienstagabend das erste Hamburger Krimifestival eröffnet wurde. Heiter erschien die Krimikunst auf der Bühne, auf der sich sonst Comedystars ein Stelldichein geben. Zwar versäumte es Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck nicht auf die Ernsthaftigkeit von Literatur und realem Verbrechen hinzuweisen, Ulrich Wickert, der Moderator des Abends, lenkte aber schnell die Aufmerksamkeit auf die eher humorvollen Elemente des „Krimis“. Zur Seite saßen ihm dabei zwei Damen, die zu den Bestsellerautorinnen der deutschen Krimiszene gehören: Ingrid Noll und Petra Hammesfahr.
Fröhlich plauderten die beiden Damen und der Herr über lustige Morde, schräge Figurennamen und dem Dauerthema – Realität im Krimi. Wer bei dem flotten Dreier eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Kriminalliteratur erwartete, sah sich getäuscht. Lustig sollte es sein, wobei alle drei ihre unterschiedliche Auffassung von Humor bewiesen. „Manchmal bin ich betrübt, wenn ich jemanden umgebracht habe“ bekannte Ingrid Noll, die mit ihrem trockenen Humor und ihrem wunderbaren Understatement sich sehr schnell in die Herzen des Hamburger Publikums redete. Geistreich, knapp und präzise brachte sie ihre Themen auf den Punkt. „Warum sollte immer der Gute überleben – dass sehe ich gar nicht ein“ antwortet Noll leicht trotzig, als sie von Wickert nach der Gerechtigkeit im Krimi gefragt wurde.
Frankreich, Italien und die Mafia
Ihre Kollegin Petra Hammesfahr sah das anders. „Die Bösen sollen ihre gerechte Strafe bekommen“ forderte sie. Die Autorin bekannte sich auch dazu, literarisch Rache zu nehmen. Zum Beispiel sei ihr Roman „Der Schatten“, aus dem sie Auszüge vortrug, auch eine Abrechnung mit der Filmindustrie, mit der sie offenbar schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Während Ingrid Noll sich eher kurz hielt, berichtete Hammesfahr ausführlicher über ihre Entwicklung als Autorin. So würde sie zum Beispiel nur wenig über ihre ersten 24 Lebensjahre berichten. Vieles, was sie damals erlebt habe, fließe in ihre Romane ein.
Spielten sich Noll und Hammesfahr durchaus gekonnt und mit leichter Hand die Bälle zu, drängt sich Ulrich Wickert als Moderator doch recht platt in den Vordergrund. Kamen Ingrid Noll die Bonmots leicht und gut platziert von den Lippen, unterstrich Hammesfahr dies dann noch mit einigen humorvollen Bemerkungen rutschte beim Ex-Tagesthemen-Moderator das Plauderniveau ab. „Was ist der Unterschied zwischen Frankreich und Italien?“ fragt der, der einst die Großen und Mächtigen der Welt interviewt hatte. „In Italien gibt es eine Regierung und eine Mafia. In Frankreich nur eine Regierung.“ Dass es in Deutschland weniger Korruption gäbe als in Frankreich läge an der Einfallslosigkeit der deutschen Politiker, behauptete Wickert. Als er dann auch noch anfing, über „alte Krimis“ zu schwadronieren konnte man ihn nicht wirklich mehr ernst nehmen.
Insgesamt dennoch ein netter, harmloser Auftakt für das erste Krimifestival in Hamburg, bei dem es in den nächsten Tagen durchaus härter und hoffentlich auch literarischer zugehen wird. Etwa wenn Heinrich Steinfest, Friedrich Ani oder Frank Göhre lesen werden. Wir lauschen gespannt.