Von Sesselpupsern, Blockwärtern und Maulhelden
vom Krimiblogger
To whom it may concern
Es gibt Blogger, die beziehen das, was sie Wissen nennen, vor allem aus dem Internet. Deshalb schreiben sie vor allem auch über das, was sie in anderen Blogs oder auf anderen Internetseiten lesen. Die schmieren ihre virtuellen Kladden voll mit wiedergekäutem „Wissen“, kritzeln sinnlose Statistiken ins Netz und verfügen über eine Formulierungsgabe, die man begrenzt nennen muss. Sie schreiben über „internationale“ Krimis und erklären der Welt in hölzernen Worten die US-amerikanische Verlagswelt – vermutlich ohne je einen Verlagsmitarbeiter persönlich getroffen zu haben. Mitarbeiter aus der Presseabteilung, Lektoren oder Vertriebskollegen kennen sie, wenn überhaupt, aus dem Internet. Bücher lassen sie sich von amazon.de schicken. Auf Buchmessen, Tagungen oder Festivals trifft man diese Blogger natürlich nicht an. Hintergrundgespräche, das Plaudern am Messestand, das „philosophieren“ über „den Markt“, die Klagen über wirtschaftliche Zwänge und Not, das gemütliche Beisammensein, das „komm’ lass uns einen Kaffee trinken“, die gemeinsame Zigarette, der Spaziergang durch den Park mit einem Verlagschef – all das kennen sie nicht. Schließlich müsste man dazu den bequemen Sessel verlassen.
Lustigerweise mokieren sich solche Blogger auch regelmäßig über die Qualität der Arbeit von anderen Bloggern und Journalisten. Sie, die vermutlich noch nie einem einzigen Autor hautnah gegenüber gestanden haben, wissen ganz genau, wie man Interviews plant, führt und schreibt. Ein selbständig geführtes Interview haben sie selbstverständlich noch nie veröffentlicht, weil sie auch dafür ihren bequemen Sessel verlassen müssten.
Sie ahnen nicht, wie es sich zum Beispiel anfühlt, wenn man einem total übermüdeten Krimiautor gegenübersitzt, der gegen seinen Jetlag kämpft und der immer dann, wenn das Mikro aus ist, in leisen Worten seine Selbstzweifel äußert; der weiß, dass sein neues Buch nicht wirklich gelungen ist, der unter Druck steht und gleichzeitig seine verletzte Seele verbergen und schützen will. Mit dem ich dann auf Englisch sprechen muss und ahne, dass jedes falsche Wort – was in einer fremden Sprache schnell und unbeabsichtigt fallen kann- dafür sorgt, dass er „dicht“ macht. Im Hintergrund der Mitarbeiter aus der Verlagspresse, der auf die Uhr schaut. „You know, it’s time..“. Anderseits: Sie werden auch wohl nie das Glücksgefühl nachempfinden können, wenn eine wirklich große Dame der Kriminalliteratur Dir ihre Privatadresse mit ihrer Geheimnummer gibt: „Wenn Du mal in der Stadt bist, ruf an und komm’ vorbei“.
Sie mussten wahrscheinlich auch noch nie die Eitelkeiten und Empfindlichkeiten so mancher Dichter- und Kritikerfürsten am eigenen Leibe erleben. Wenn man etwa freundlich ist, und dafür dann hinterrücks als „Schleimer“ verunglimpft wird. Wenn man jahrelang gedacht hat, ein „Kollege“ unterstützt Dich und dann lässt er Dich auf dem Bahnhof einfach achtlos stehen. Aber: Auch immer die Freude, die man empfindet, wenn es „Dein“ Autor oder „Deine“ Autorin in irgendwelche Bestenlisten schafft und er/sie sich mit Dir darüber freut.
Diese Sesselpupser, für die Literatur nichts anderes ist als ein Versuchslabor, in dem sie mit ihrem Maßband Texte vermessen und kategorisieren können, damit sie sie in Schubladen und Statistiken stecken können und das dann als kritische Textanalyse verkaufen, kotzen mich so an. Diese Blockwärter, die aus Angst vor ihrer eigenen Unfähigkeit echten Streit und echte Auseinandersetzung scheuen wie der Teufel das Weihwasser und die immer schön auf die „Ruhe“ in Bloghausen achten, sind mir so zuwider. Diese feigen Maulhelden, die ihre Dummheit und ihre Ideenlosigkeit hinter Bergen von Zitaten verstecken, und die mit ihren billigen, schmutzigen Wörtern versuchen, Dich in den Dreck zu ziehen, stoßen mich so ab.
Bleibt einfach in Euren Versuchslaboren, Euren Kleingartenkolonien und Euren Sesseln und wälzt Euch in Euren Exkrementen.
Kommentare
… und wälzt Euch in Euren Exkrementen.
Ausgezeichnete Kultur, Ludger!
Wo ist Dein Problem?
Du führst Deine Interviews mit den internationalen Krimistars und bernd berichtet über die internationale Krimiszene. Ich schätze die Vielseitigkeit der Blogs und bin dankbar, mit Nachrichten versorgt zu werden, die nicht in den öffentlichen Medien Platz finden. …lasst tausend Blumen blühen! (Ich hoffe, ich habe richtig zitiert)
Vielleicht beziehst Du mich ja in Deine Kritik ein, weil ich auch Artikel aus dem Netz ziehe und zusammenstelle. Aber ich muss mich vor niemanden rechtfertigen und will es auch nicht tun.
Ja sicher, eigentlich willst Du uns ganz etwas anderes mitteilen, und ich habe immer ein Problem damit, wenn man sich über andere erhebt. Es wird dann immer so durchsichtig. Jeder Mensch braucht ab und zu ein Stück Selbstbestärkung und ich freue mich über Deine Glücksmomente, die Du im Beisein der Krimiautoren, Verleger und Vertriebsmitarbeitern erlebt hast. Das sind unschätzbare Erfahrungen.
Aber das derart auszuspielen, das hast Du doch nicht nötig, Ludger.
Ich denke ja auch eher, dass Dir Deine Impulsivität im Wege stand. Meistens ist es ja so, dass man sich hochschraubt (und ich nehme mich da nicht aus) und danach schnell wieder bereut. Und ich bin mir sicher, dass es bei Dir auch schon der Fall ist.
Falls nicht und Dich mein Beitrag noch mehr erzürnt, nach all den Psychologismen, muss ich wohl erwarten, dass Du auch auf mich draufschlägst. Ich bin zwar eine Heulsuse, aber ich beiß die Zähne zusammen.
Herzliche Grüße
Henny
Nein, ich bereue diesmal nichts und nein, Dich schlage ich nicht. Ich schlage niemanden. Ich verteidige mich nur. Gegen den Angriff eines einzelnen, dummdreisten Bloggers. Ich teile oft genug aus, ich kann auch einstecken. Wer aber glaubt, mir vorwerfen zu können, ich verfügte nicht über die Fähigkeit zur kritischen Textanalyse und wer glaubt, mir sagen zu müssen, wie man Interviews führt, der sollte zunächst einmal vor seiner eigenen Tür kehren.
Ich spiele auch nichts aus, ich verweise nur darauf, dass ich das, was andere „Krimikultur“ nennen, lebe. Auch und gerade jenseits des gemütlichen Ohrensessels. Seit Jahren. Mit allen Höhen und Tiefen. Es gibt eben nicht nur Glücksmomente. Es gibt viel Trauer, Schmerz und Verlust. Es gibt das Scheitern, die Selbstzweifel, die Frustration, die Ablehnung.
Das alles mag nicht zielführend, es ist aber sehr befreiend und verhindert Magengeschwüre. Und Heulsusen sind mir hundert mal lieber als selbstgerechte Sesselpupser (sorry, das Wort musste noch mal sein).
Schönen Abend
Ludger
P.S.: Ach so, und es ist auch überhaupt nichts dagegen zu sagen, Informationen aus dem Internet zusammenzustellen, aufzubereiten und zu kommentieren. Aber über bestimmte Dinge kann man meiner Meinung nach nur schreiben, wenn man eben über die Infos aus dem Netz hinausgeht, rausgeht, Menschen trifft, in Bibliotheken recherchiert oder sonst was tut.