Glauser – Folge 5

vom Krimiblogger

Muss ich nun bittere Tränen in mein Kissen weinen? Marcus Starck versteht mich nicht. Das behauptet er in seinem letzten Blog-Eintrag mit dem Titel „Dabei wär’s so einfach…“. Also, lieber Marcus, weil es offenbar so schwierig ist, weil Du ja auch erst seit einem Jahr in der Glauser-Jury sitzt (dabei hinterlässt Du immer den Eindruck, als seiest Du ein gaaaanz alter Hase im Krimigeschäft und hättest Christie, Chandler und Hammett schon mit der Muttermilch aufgesogen), weil Du die Diskussionen zum Thema, die schon seit Jahren ausgefochten wurden (siehe zum Beispiel hier) offensichtlich nicht kennst, noch einmal eine Zusammenfassung.

1. Kritikpunkt: Mangelnde Transparenz
Ein Punkt, der schon lange in der Diskussion ist. Es geht dabei nicht so sehr um das Verfahren – das dürfte allen klar sein – es geht um die mehr als dürftigen Begründungen dafür, warum dieser oder jener Krimi nun in den Augen der Jury der „beste“ Krimi ist. Bislang gab es wenigstens im Vorfeld der Criminale schon die Gewinner und dazu eine kurze Begründung. Die bestand im letzten Jahr zum Beispiel aus dreiviertel Werbe- und Klappentext. Noch dürftiger sah es bei den Nominess aus: Warum wurden die jeweils fünf nominierten Titel überhaupt ausgewählt, warum sind sie qualitativ gut – kein Wort dazu, Fehlanzeige. Nochmal zum mitschreiben und mitdenken: Da sitzen Leute in der Jury, die ihr Geld mit Worten verdienen und sie sind nicht fähig, eine vernünftige Begründung – auch und gerade zu den Nominees – zu schreiben? Schämt Euch!

2. Kritikpunkt: Das Verfahren
So klar dieses Verfahren auch sein mag, es beruht darauf, dass die Verlage ihre Produkte – sprich die Bücher und Texte – bei der Jury einreichen. Pennt der Verlag (oder der Autor), hat sein Buch keine Chance. Beim DKP ist es eben anders: Da schaut die Jury selbst, welche Neuerscheinungen aus dem jeweiligen Jahr in Frage kommen. Damit wird eine Hürde schon einmal abgebaut.

3. Kritikpunkt: Qualität vs. Geschmack
Es wird von Syndikatsseite immer gerne darauf hingewiesen, dass der Glauser der „Oscar“ unter den deutschen Krimipreisen sei (dabei gibt es ja gerade mal drei oder vier). Also irgendwie wichtig. Warum schauen dann Millionen von Menschen weltweit die Oscar-Verleihung an und warum kommen gerade mal ein paar Hundert zur Criminale und warum schreiben die Zeitung irgendwo auf den letzten Seiten davon? Literaturpreise haben es schwer – selbst der Deutsche Bücherpreis wurde nach zwei Jahren wieder eingestampft. Woran liegt es? Mangelnde oder schlechte PR-Arbeit von Seiten des Syndikats? Sind die Leser zu dumm? Interessiert es nur einen harten Kern von Krimilesern? Selbst wenn dies so ist, warum geht man dann nicht auf die Fragen und Kritiken der Leser ein? Warum ziehen sich Leute wie Jan Zweyer oder Du jetzt auf den „Geschmack“ zurück? Du schreibst:

„Ah, ich verstehe, der Gewinner des Glausers trifft nicht Jedermanns Geschmack.
»So what?«

Ja eben, so what. Wenn es eh nur ein Geschmacksurteil ist, dann ist der Glauser nicht wichtiger als eine Lieblingsliste von begeisterten Krimilesern. Das Leser oft nach geschmäcklerischen Kriterien urteilen, finde ich zwar auch schade, aber man kann es ihnen nicht wirklich vorwerfen. Von einer Jury, die behauptet, den wichtigsten Krimipreis im deutschsprachigen Raum zu vergeben, erwarte wesentlich mehr als ein „Geschmacksurteil“. Damit diskreditiert Ihr Euch selbst.

Es gab in der Vergangenheit immer wieder Kritik, nicht nur von mir. Als Antwort bekam man immer die Floskeln: Syndikat ist wichtig, weil über 400 Mitglieder, Criminale ist die größte Veranstaltung – blah, blah blah. Ich kann es nicht mehr hören. Wie wäre es mit echter Textkritik – wenn Ihr Euch als Autoren zu einer Jury über Kollegen aufschwingt, dann sollte das doch möglich sein. Wie wäre es mit Selbstkritik in den eigenen Reihen? Mir erscheint das Syndikat wie eine Krimi-Kleingarten-Kolonie – spießig, lahmarschig, denkmalgeschützt und kritikresistent. Angeblich gibt es ja intern immer wieder Diskussionen – nur nach außen dringt davon nichts. Nach außen hin wird gefeiert und gejubelt – was ist man doch für eine tolle Truppe und wen scheren schon gute und wichtige Kriminalromane?