Konventionelles Krimihandwerk

vom Krimiblogger


Der Todeskünstler Jonathan SantloferJonathan Santlofer: Der Todeskünstler

Maler oder Bildhauer sind eher selten unter Krimiautoren zu finden. Einer der wenigen bildenden Künstler, die auch Kriminalliteratur schreiben, ist der US-amerikanische Maler Jonathan Santlofer. In den USA ist seine Krimi-Reihe um die Kunstexpertin und Ex-Polizistin Kate McKinnon sowohl bei der Kritik wie auch beim Publikum recht erfolgreich. Dort liegen bislang drei Romane mit dieser Heldin vor. Aktuell erscheint in diesen Tagen in den USA ein vierter Roman von Santlofer, mit dem er eine neue Serie um den Polizeizeichner Nate Rodriguez eröffnet. Deutsche Leser können den krimischreibenden Maler jetzt auch in der Übersetzung kennenlernen: Der Parthas-Verlag veröffentlichte unter dem Titel „Der Todeskünstler“ den Debütkrimi Santlofers.

Auch wenn der deutsche Verlag das Buch im Untertitel als „Kunstkrimi“ klassifiziert, darf man sich nicht in die Irre führen lassen: Hier ist keineswegs ein neues Subgerne geboren worden. Santlofers Roman ist ein reichlich konventioneller „Wer-war’s“-Krimi, gemischt mit Elementen des Polizei- und des Gesellschaftsromans, nur eben angesiedelt im Kunst- und Künstlermilieu New Yorks. Wie so oft wenn Kunst und Krimi aufeinander treffen, ist der Serienkiller nicht weit – schließlich verstehen diese modernen Monster ihre „Arbeit“ ja oft auch irgendwie als Kunstwerk. Santlofers böser Bube bildet da keine Ausnahme. Seine Opfer findet der Täter in der neurotischen New Yorker Kunstszene, wie zum Beispiel Elena, eine Performance-Künstlerin, deren Leiche übel zugerichtet in ihrer Wohnung aufgefunden wird. Die junge Frau war zu Lebzeiten Schützling von Kate McKinnon, die wiederum einst bei der New Yorker Polizei arbeitete, bevor sie den wohlhabenden Richard Rothstein heiratete und nun in ihrer eigenen Fernsehsendung als Kunstexpertin auftritt.

Kate mischt sich als ehemalige Polizistin immer mehr in die Ermittlungen ein, denn natürlich bleibt Elena nicht das einzige Opfer des irren Serientäters. Weitere Künstler, aber auch Kunsthändler oder Kunstsammler, fallen dem Killer in die Hände. Im Laufe der Zeit erkennt Kate das Muster seiner Morde: Der Täter arrangiert mit seinen Morden klassische und moderne Kunstwerke nach. Von Tizians Gemälde „Die Schindung des Marsyas“ über Jacques-Louis Davids „Der Tod des Marat“ bis hin zu Bildern des abstrakten Expressionisten Willem de Kooning reicht dabei die künstlerische Bandbreite und entsprechend vielfältig ist das dargebotene Gemetzel. Das scheint nicht zu stoppen zu sein, denn der „Künstler“ verbindet damit auch eine Botschaft an Kate – die diese jedoch nicht so schnell entschlüsseln kann.

Verfolgungsjagd und Amateurpornos

Santlofers Roman bietet einen interessanten Einblick in die Neurosen der New Yorker Kunstszene, ohne dabei ein Schlüsselroman zu sein. Die Figurenzeichnungen sind lesenswert, insbesondere mit seiner Heldin Kate ist dem Autor eine lebensechte Figur geglückt. Auch als Krimi funktioniert der Roman ganz passabel, Santlofer legt geschickt die ein oder andere falsche Fährte. Allerdings sorgen einige überflüssige Nebenhandlungen für gelegentliches Abflachen des Spannungsbogens. So entführt Santlofer seine Leser zum Beispiel in die schmuddelige Welt der Amateurpornos, was arg effekthascherisch wirkt und letztlich mit dem Fall nichts zu tun hat. Auch eine wilde Verfolgungsjagd durch die New Yorker Straßen, an deren Ende es einen Toten gibt, wirkt aufgesetzt und so, als habe der Autor schon mal auf eine mögliche Verfilmung seines Buches durch Hollywood geschielt.

Die ein oder andere Kürzung hätte dem Roman gut getan, zuviel Ballast hemmt letztlich den Erzählfluss. Schwierig zu beurteilen ist die Sprache des Autors. Zumindest die deutsche Übersetzung wirkt manchmal spröde, manchmal faszinierend exakt. Insgesamt ist Santlofers „Kunstkrimi“ keine große Krimikunst, sondern solides Krimi-Kunsthandwerk mit leichten Macken. „Der Todeskünstler“ ist das Debüt eines Autors, der viel Interessantes aus der Welt der Kunst zu erzählen hat, der allerdings bei der literarischen Form noch auf die ein oder andere Korrektur durch das amerikanische Lektorat angewiesen gewesen wäre.

Jonathan Santlofer: Der Todeskünstler : Kunstkrimi / Aus dem Amerikanischen von Paul Lukas. – Berlin : Parthas Verlag, 2007
ISBN 978-3-86601-701-6

Originalausgabe: Jonathan Santlofer: The Death Artist. – New York : William Morrow, 2002

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