Die Neider
vom Krimiblogger
Wenn man als Leser oder Rezensent sich kritisch zu einem Krimi äußert, dann kommt oft von Autoren der Vorwurf, der Leser oder der Kritiker sei „neidisch“. Noch viel schneller ist der Vorwurf bei der Hand, wenn es gar nicht um eine sachliche Argumentation geht, sondern um persönliche Angriffe. Ein Beispiel findet sich einen Eintrag tiefer, Kommentar Nummer 5. Was aber ist überhaupt Neid? Die Wikipedia – immer mit Vorsicht zu benutzen – schreibt etwa:
„Unter Neid versteht man das ethisch vorwerfbare, gefühlsmäßige (emotionale) Verübeln der Besserstellung konkreter Anderer. Ähnlich, aber ungebräuchlicher ist der Begriff Missgunst. Fehlt es am ethischen Vorwurf, spricht man auch von Unbehagen gegenüber Überlegenheit, die man selber gerne hätte und nicht zu erreichen vermag. „
Ein neidischer Leser oder Kritiker verübelt demnach einem Krimiautoren, dessen Werk er kritisiert, dass er besser gestellt wäre. Worin aber läge diese Überlegenheit? Neid setzt voraus, dass der Leser (oder Kritiker) etwas Gleiches oder doch Ähnliches erreichen will, das der Autor bereits erreicht hat – in der Regel hat er ein Krimi geschrieben und veröffentlicht. Der Neid – so die häufig gehörte Argumentation – rühre also daher, dass man als Leser/Kritiker dies noch nicht geschafft habe. Hier aber führt der Vorwurf – zumindest was mich betrifft – ins Absurde. Ich will gar keinen Krimi schreiben, ich habe das bisher nie getan und gedenke auch nicht, es in Zukunft zu tun. Dafür habe ich zuviel Ehrfurcht vor dem Können derer, die wirklich gute Kriminalromane geschrieben haben. Neid kann ich gegenüber Krimiautoren also gar nicht empfinden, weil ich nicht das erreichen möchte, was sie erreicht haben oder glauben, erreicht zu haben. Ich möchte nur über Krimis schreiben – und das mit Leidenschaft und Liebe.
„Aber was ist mit dem Ruhm?“ mag man da einwenden. Schließlich wusste schon Nepos „Invidia gloriae comes“ – „Neid ist des Ruhmes Begleiter“. Ist man als Leser oder Kritiker also neidisch, weil der Krimiautor im Rampenlicht steht, weil er freundlich lächelnden Lesern ihre Bücher signiert, weil Kameras und Mikrofone auf ihn gerichtet sind? Es mag sein, dass es einzelne Leser oder Kritiker gibt, die dies anstreben. Noch öfter findet man dies wohl bei Autoren, die nicht schreiben, weil sie das Schreiben lieben, sondern die Vorstellung, ein Autor zu sein. Sie drängen sich in jede Talkshow, quatschen in jedes Mikro, schreiben für jede Zeitung. Für mich ist das nicht erstrebenswert, schließlich arbeite ich seit über 13 Jahren – mit Unterbrechungen – beim Fernsehen, vermutlich einem der größten Jahrmärkte der Eitelkeit und einer Brutstätte des Neids. Wohlgemerkt hinter der Kamera. Das schärft den Blick auf die Vergänglichkeit, die Flatterhaftigkeit und die Schnelllebigkeit des Ruhms. Das ist nichts, was ich persönlich anstrebe oder als begehrenswert wahrnehme und wofür ich – oft eine Folge von Neid – Ehrgeiz entwickle.
Was nicht heißt, dass ich mich nicht über Aufmerksamkeit freue oder über Blogleser, die hier vorbeischauen. Aber ich mache das vor allem für mich. Solange es mir Spaß macht, solange ich Befriedigung darin finde. Bloggen heißt bei mir sein, bei den Dingen, die ich mag. Mit Neid auf erfolgreiche Krimiautoren – und wann ist man das? – hat das alles nichts zu tun.
Kommentare
Die deutsche Krankheit: Größenwahn. Die wirklich erfolgreichen Autoren habe ich stets als abgeklärt, freundlich und umgänglich erlebt. Probleme gibt es immer mit den „lokal“ Berühmten, die in ihrem Anzeigenblatt gelobhudelt werden, in der näheren Umgebung vierhundert Bücher verkauft haben und dann auf Sonnenkönig machen. Die den ganzen Tag Zeit haben, unbotmäßige Rezensionen und ihre Verfasser zu jagen und möglichst mundtot zu machen. In Foren und Vereinigungen sammelt sich das Autoren-Volk dann, um sich gegen die böse und ignorante Welt da draußen zu verteidigen. Man könnte einen Film darüber machen, aber warum sollte man etwas an dem Umstand ändern, dass die breite Leserschaft das alles gar nicht mitkriegt?
„Die wirklich erfolgreichen Autoren habe ich stets als abgeklärt, freundlich und umgänglich erlebt.“
Ja, deckt sich mit meinen Erfahrungen, wenn man „erfolgreich“ durch „qualitativ gute“ ersetzen würde, werte Viola.
Viele Grüße
Ludger
Die Taubenzucht wird auch selten so gewürdigt wie es ihr als seit Jahrtausenden gepflegter, oft in ausopferungsvoller Mühsal in der knappen Freizeit ausgeübter kulturpflegerischer Tätigkeit eigentlich gebühren würde!
Ich weiss, ich spreche da auch im Sinne von Frau Holze-Mannbier.
Mein bester Herr Simon, alias simoncito!
Man läuft sich offenbar im Netz immer wieder über den Weg, wie nett! Aber dass Sie meinen, zu gradezu unglaublich verstiegenen Intelektualismen wie diesem Neiderartikel in meinem Namen hanebüchene Kommentare abgeben zu müssen, das übersteigt gelinde meinen Horizont.
Verraten Sie mir lieber, warum die sommers auf den Landstraßen einherhechelnden Rennradsportler es ums Verrecken nicht fertigbringen, auf den reichlich vorhandenen und bequem asphaltierten Radwegen zu fahren! Da gehören sie doch eigentlich hin, diese jammervollen Gestalten in ihren Strampelhosen, oder?
Sie merken schon, ich bin erbost, und zwar nicht wenig! Aber nicht Ihretwegen! Machen Sie weiter, aber bitte: meine Kommentare schreibe ich in Zukunft selbst und dann auch nur dem, dem’s gebührt!
Herzlichst, Ihre Gabriele Holze-Mannbier
Liebe Frau Holze-Mannbier,
da hab ich sie wieder – auch wenn Ihre flüchtige Spur schon wieder mehr als zwei Monate alt ist.
Sie haben natürlich recht, die Intellektualismen (schreibt sich das nicht mit „Doppel-L“? Sind Sie’s auch wirklich? So lieblos gingen Sie doch nie mit der Orthographie um … ) mögen mir schlecht anstehen. Aber Sie haben Ihren Zweck erfüllt, da sind Sie ja wieder. Trotzdem will ich mich keinesfalls um die Ihnen gebührende Entschuldigung drücken – verzeihen Sie meinen kommentatorischen Übergriff. Die zur Äußerung gebrachte Meinung, Sie bzw. Ihre Kommentarfreiheit gehörten sich selbst, habe ich wohl vernommen. Eine gewohnt originelle Einstellung, wenn ich das hinzufügen darf, die wieder einmal dem Zeitgeist auf das Erfrischendste zuwiderläuft.
Teufel, da schreibe ich schon wieder auf das Manirierteste daher, eine schreckliche Unart, für die ich aber die Wiederlesensfreude veranwortlich mache.
Lieber als bunt benylonte Pharmazeutik-Tester hat man auf landschaftlich reizvoll gelegenen Landstrassen friedlich umherschweifende Rinder und Schafe, auch hierin gebe ich Ihnen recht. Die behindern den Verkehr im Allgemeinen und das eigene motorisierte Fortkommen zwar nicht minder, sind aber sehr viel idyllischer zu betrachten und sorgen für schöne Fotomotive. Eine Herde Schafe, von einem freundlichen Schäfer vor der Einfahrt zum Elbtunnel fahrbahnnah (etwa auf der Standspur) zur Weide geführt, könnte manchem Fahrzeuglenker einen Sonnenstrahl vor der Abfahrt ins Dunkel schenken, meinen Sie nicht?
Wie geht Ihre Bienenzucht voran?
Beste Grüße
simoncito