Das Schweigen der Autoren
vom Krimiblogger
In diesen Stunden feiern sich die Mitglieder des Syndakts, das ist die Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur, wieder einmal selbst. Neustadt an der Weinstraße ist dieses Jahr der Austragungsort der „Criminale“, ein als Festival getarntes internes Treffen der Autoren inklusive Vollversammlung, ungefähr so spektakulär wie die Jahreszusammenkunft der Vereinigung deutscher Wasserinstallateure. Mit dem Unterschied, dass die Wasserinstallateure ihr Treffen aus eigener Tasche bezahlen, während sich die deutschsprachigen Krimiautoren ihr Treffen großzügig sponsern lassen.
In diesem Jahr durfte der Verein „Zum Wohl. Die Pfalz e.V.“, dessen Aufgabe es ist, Marketing für Pfälzer Wein zu betreiben, eine Summe locker machen, die knapp unter oder knapp im sechsstelligen Bereich liegt. Genaue Zahlen werden nicht veröffentlicht, → diese ältere Pressemeldung (PDF) gibt aber einen Anhaltspunkt. Weil jeder teilnehmende „Syndiakts“-Autor dort auch mindestens einmal für die Allgemeinheit aus seinem Werke lesen muss – worin einige Zeitgenossen entweder eine Belästigung oder platte Buchwerbung sehen – klebt man ganz schnell das Etikett „KULTUR“ auf dieses Autorentreffen und schon hat der Pfälzer Winzer ein gutes Gefühl, denn Dank seines Mitgliedbeitrags im Verein „Zum Wohl. Die Pfalz e.V.“ hat er nicht nur was für Bildung und Kultur getan, er hat auch dafür gesorgt, dass es sich rund 170 hungerleidende Autoren für ein paar Tage gut gehen lassen können.
Schade ist nur, dass die für den Winzer eigentlich wichtigste Botschaft – nämlich Werbung für Wein und Region zu machen, denn das ist der hauptsächliche Sinn eines solchen Sponsorings – die Landesgrenzen kaum überschreitet. Klar, regionale Medien berichten über das „große Event“, weil sie als Medienpartner mit im Boot sitzen, doch jenseits der Weinstraße, in Hamburg, Berlin oder München zum Beispiel, da bekommt der Zeitungsleser, Radiohörer oder Fernsehzuschauer kaum etwas davon mit. Die „Criminale“ findet, medial gesehen, im Provinz-Nirvana statt. Das es in der Pfalz guten Wein und schöne Landschaft gibt, wissen die Pfälzer und ihre unmittelbaren Nachbarn selbst am besten. Sie möchten ja eigentlich, dass dies auch die Hamburger, Berliner oder Münchener erfahren. Das die Vereinigung deutschsprachiger Krimiautoren dafür allerdings nicht als Zugpferd taugt, werden die Winzer spätestens am Montagmorgen in den überregionalen Zeitungen sehen: Gerade mal eine 15-Zeilen-Meldung der dpa – das ist alles. Und dafür der ganze Aufwand und das Geld? Vielleicht wäre ein Topmodel als Weinkönigin doch werbewirksamer gewesen?
Doch das Syndikat eignet sich noch aus einem anderen Grund kaum als Sympathieträger für eine erfolgreiche PR-Kampagne. Vor ein paar Tagen erreichte mich unaufgefordert eine E-Mail, abgesendet von einem kostenlosen E-Mail-Account. Diese E-Mail enthielt eine weitergeleitete Nachricht. Darin äußerte sich eine nicht ganz unbekannte deutschsprachige Krimiautorin über mich in beleidigenden Worten. Eigentlich hätte mir das alles herzlich egal sein können. Natürlich habe ich mich geärgert und in dieser Wut kurzschlussartig entsprechende Nachricht veröffentlicht. Was dann geschah, kann man → hier nachlesen. Allerdings hätte ich nicht damit gerechnet, dass dies eine Art Dammbruch war. Plötzlich kamen hier E-Mails an, in denen mir weitere Nachrichten und Texte weitergeleitet wurden, in denen nicht nur ich aufs Übelste beleidigt und beschimpft wurde. Alles Texte, die von einer offenbar internen Liste stammen, die allerdings im Kopf immer als „öffentlich“ gekennzeichnet sind.
Erschrocken habe ich mich über verschiedene Dinge. Da ist zum einen die Wortwahl, derer sich einige Syndikatsmitglieder bedienen, wenn sie über Kritiker (und damit meine ich nicht mich, denn ich bin kein Kritiker), über Verleger oder auch Kollegen schreiben. Da ist zum einen die Tatsache, dass es innerhalb des Syndikats offenbar mehrere Maulwürfe gibt, die durch ihre „Offenheit“ einige ihrer Kollegen und Kolleginnen in rechtliche Schwierigkeiten gebracht haben. Das Wort „Intrigantenstadel“, das dpr (vom Ab-Watsching-Blog) → in einem anderen Zusammenhang an anderer Stelle benutzt, trifft es nicht mal halbwegs.
Das eigentlich Schlimme ist, dass die Damen und Herren Krimiautoren in einem Netzwerk zur Förderung der Kriminalliteratur über alles Mögliche sabbeln: Vom richtigen Umgang miteinander auf Buchmessen, wie man prominenten Mitautoren gegenüber treten soll, gelegentlich zwanghafte Blogger beschimpfen oder darüber streiten, wieviel Geld man für eine neue Internetpräsenz ausgeben soll. Alles harmlos. Über Kriminalliteratur, über gute und schlechte Krimis, über Krimis der Kollegen – egal ob nun Syndikatsmitglied oder nicht – wird nicht ein einziges Wort verloren. Nichts, nada, niente. Wen wundert es da noch, dass die Außenwirkung des Syndikats immer schlechter wird – wenn es überhaupt noch wahrgenommen wird. Letztlich ist nämlich alles nur eine große, aufgeblasene Hülle, in der nichts als stickige, heiße Luft steckt. Jeder Kaninchenzüchterverein kann mehr inhaltliche und fachliche Substanz auf seinem Gebiet aufweisen, als der Haufen von etwa 300 deutschsprachigen Krimiautoren.
Kommentare
„Das es in der Pfalz guten Wein und schöne Landschaft gibt, wissen die Pfälzer und ihre unmittelbaren Nachbarn selbst am besten.“ Als unmittelbarer Nachbar protestiere ich auf das Schärfste gegen diese unhaltbare Tatsachenbehauptung!
dpr von abwatsching the detectives
Bruu-ha-ha! Guter Beitrag. Imho ist von einer Autorenvereinigung nichts anderes zu erwarten. Es gibt ja auch eine Vereinigung der Formel-1-Fahrer, und trotzdem rammen die sich bei der ersten Gelegenheit von der Straße. Das sind Konkurrenten in einem Teich, der zu klein ist für die vielen Fischlein. Die Criminale dient nur dazu, den unbedeutenden Mitgliedern ihre einzige Lesung zu verschaffen, die sie im Jahr haben werden, und sie damit glücklich zu machen, während sich die mittelmäßig Bekannten mit der Presse treffen und die ganze Berühmten fernbleiben. In irgendeinem Forum prahlte mal eine Autorin „Das Syndikat ist der einzige Verein, in dem man mehr rausbekommt als einzahlt“.
Reicht doch als Grund, oder?
Also den „Criminale“-Wein, den es in München zum Probieren gab („Der Wein zum Krimi“, oder war es der „Krimi zum Weinen“, weiß nicht, bin verwirrt), war nach Aussage von Weinkennern nicht ganz überzeugend. Mir wurde aber aus zuverlässiger Quelle versichert, dass es durchaus sehr guten, pfälzischen Wein gibt. Habe ich gehört, ich selbst trinke ja keinen Wein.
Warum sich die Saarländer und Pfälzer nicht mögen, wäre übrigens mal ein interessantes Thema für das Syndikat.
Liebe Grüße
Ludger
Lieber Ludger,
natürlich gibt es in der Pfalz gute Weine und Winzer – es gibt auch gute Krimiautoren aus Deutschland. In Relation zu Größe und Ertrag ist diese Weinanbauregion in Deutschalnd im Mittelfeld.
Nur … Besser als die Weine aus dem Saarland sind sie allemal.
Beste Grüße
bernd
Das, lieber Bernd, wird in der nächsten Redaktionskonferenz von Hinternet auf der Agenda stehen! Ich werde übrigens dafür sorgen, dass feine Mosel-Saar-Ruwer-Weine kredenzt werden. DU allerdings musst dich mit der feinen „Liebfrauenmilch“ abfinden.
bye
dpr
Lieber dpr,
das wird wohl eine kurze Redaktionssitzung. Denn es wird Dir natürlich eine Ehrensache sein, nur saarländische MSR-Weine anzubieten – ich glaube Du könntest da an der Obermosel, bevor diese zur Moselle wird, mit köstlich frischen Elblingen Glück haben.
Was die (sprachlich an Cunnilingus aus dem Glas erinnernde) Liebfrauenmilch betrifft, laß´ gut. Ich erlaube mir einen Rheinlandpfälzer MSR (wie z.B. den letzte Woche getrunkenen Ockfener Bockstein Spätlese vom St. Urbanshof) selber mitzubringen.
Beste Grüße
bernd
Nun, lieber Kollege, es wird mir bei der Beschaffung edler Weine auf 50 Cent nicht ankommen (über 4 Euro geh ich aber nicht!). Ist MSR eigentlich besser als „Qualitätswein“? Nicht, gelt? Ich bring auch Mineralwasser mit, damit wir schön Schorle mischen können!
bye
dpr
Liebe Kollegen,
durch Eure engagierte und vorzügliche Wein-Diskussion habt Ihr Euch für die Aufnahme ins Syndikat qualifiziert. Bitte füllt schnell das 20-seitige Aufnahmeformular aus. Und denkt an Anobella!
Ludger
*sagt nicht, woran ihn das Kürzel MSR erinnert.
Geht nicht, lieber Ludger! Weder Bernd noch moi haben bisher einen Krimi in einem richtigen (!) Verlag veröffentlicht, was ja wohl die Hauptqualifikation ist. Auch Fräulein Anobella ist diesbezüglich noch nicht reif fürs Syndikat. Wir hoffen indes, den Missstand bald beseitigt zu haben.
bye
dpr
MSR=meine Synikatsrundmail?
*winkt ab
die nehmen mich doch nicht mehr auf beim syndikat, das kann ich doch alles vergessen … ganz abgesehen von dem zu erwartenden plagiatsvorwurf …
🙁
dpr wohnt auf der FALSCHEN seite der pfalz. auf der anderen, der dem schwarzwald zugenigten seite – sprich, wo der WEIN wächst – ist sie ein garten eden; ein narr, der das nicht anerkennen würde. dpr, ich fahr dich da mal gern rum. und die winzer, ludger, haben im augenblick nix zu tun, gell, die reben haben gerade erst ausgeknospt; von harter arbeit keine spur, die fahren müßig in ihren weinbergen rum und betrachten voll besitzerstolz ihr eigentum. von oktober bis weihnachtsgeschäft rödeln die, abgesehen von denen mit straußwirtschaft. die freuen sich schon jetzt auf besuch. 😉
hey, deine eingabemaske funktioniert nicht. ein drittel text muss man blind tippen! und dann komme ich von der vorschau nicht weiter zur freigabe des kommentars.
Danke, liebe anobella, für die Einblicke in die Winzer- und Weinwelt. WIR hier in Hamburg haben ja auch einen klitzekleinen Weinberg, direkt über dem Hafen. Über die Qualität des Weines ist mir nichts bekannt.
Und jetzt mal rein technisch: Womit surfst Du denn rum? IE, Firefox, Safari …
Normalerweise sollte die Eingabemaske schon funktionieren und wenn der Text länger wird sollte hier -> ein Scrollbalken erscheinen. Tut er das oder tut er das nicht?
Und der Trick mit der Vorschau: Wenn Du Deinen Text eingegeben hast, klickste auf Vorschau, dann liest Du Deinen eingegebenen Text Korrektur, dann (!) benutzt Du Deinen „BACK“-Button Deines Browsers. Gehst also einen Schritt zurück (zur Sicherheit aber Deinen Text irgendwo zwischenspeichern, ich übernehme keine Garantie). Dann sollte da eigentlich Dein eigegebener Text stehen. Dann kannst Du korrigieren oder abschicken.
Leider funktioniert das komfortablere Plugin für die Vorschau mit der neuen Version von WP hier nicht. Ich suche aber mal, ob es ein besseres Plugin für die Kommentarvorschau gibt.
Ludger
*not nordisch by nature
Die falsche Seite der Pfalz, das gefällt mir ! Weingeographisch gesehen, wohnt dpr wohl auf der falschen Seite von allem – gewissermassen „Dark Side of the Moon“
Aber, liebe Anobella, soweit ich weiß, wird ja in den Steillagengebieten die Zahl der Winzer die voller Besitzerstolz auf ihre Weinberge schauen, dank solcher Leute (wie …) die größzügigerweise 4€ pro Flasche auszugeben bereit sind, nicht gerade größer.
Beste Grüße
MSR ? Mitunter saurer Riesling ?
*kippt unter den tisch
auf der falschen seite von allem … hahaha … dpr … **kringelt sich
firefox, ludger. aber vorher gings ja …
Ich registriere das alles sehr gelassen…bald sind ja wieder Redaktionswahlen…BewerberInnen stehen Schlange…am Ende stehe ich immer auf der richtigen Seite…
bye
dpr
momentan hast du nur MICH!
*sonnt sich
hmm, merkwürdig anobella, die technik gibt mir rätsel auf…
Redaktionswahlen beim Hinternet? Bewerbe mich hiermit. Setze auch ganz schleimiges Grinsen auf…
Ludger
*Nervenbündel
Du bewirbst dich, Ludger? Okay, dann schick mal die Bewerbungsunterlagen. Um Anobella zu ersetzen, musst du dir aber die Fußnägel lackieren, einen uralten Badeanzug tragen und ständig „Hey, hat einer meinen Rote-Bete-Salat gesehen?“ ausrufen.
bye
dpr
*lacht herzlich
**ist nicht ersetzbar