Drei Möglichkeiten der Mimikry

vom Krimiblogger

»König«, sagte er zu mir (manchmal beförderte er mich vom Marqués zum König), »der menschliche Transvestit ist ein Fantasiegebilde, die Zusammenfassung der drei Möglichkeiten der Mimikry.« Er machte eine Pause, um von dem herben griechischen Wein zu trinken, der in hübschen Imitationen antiker Amphoren serviert wurde. »Erstens: der Transvestismus im eigentlichen Sinne des Wortes, der dem unbegrenzten Drang zur Metamorphose innewohnt, jener Umwandlung, die sich nicht auf die bloße Imitation eines bestimmten, realen Modells beschränkt, sondern es auf eine unendliche (und als solche vom Beginn des >Spiels< an akzeptierte) Realität abgesehen hat. Es handelt sich um eine immer flüchtigere und unerreichbarere Irrealität: immer mehr Frau sein, ja, über die Grenze hinaus, über die Frau hinaus... Zweitens: die Camouflage. Denn es deutet alles darauf hin, dass die kosmetische (oder sogar chirurgische) Umwandlung des Mannes in eine Frau eine Art Verschwinden zum heimlichen Ziel hat, ein Unsichtbarmachen, ein effacement, ein Auslöschen des betreffenden Mannes in dem aggressiven Verband der Männer, in der brutalen Männerhorde. Und drittens ist da noch das Moment der Einschüchterung, denn die häufig zu beobachtende Übertreibung, die Maßlosigkeit des Make-ups, die offensichtliche Künstlichkeit, die schillernde Maske, all das soll erschrecken und lähmen, wie bei bestimmten Tieren, die ihre äußere Erscheinung dazu benutzen, zu jagen oder sich zu verteidigen, natürliche Mängel zu verbergen oder nicht vorhandene Eigenschaften wie zum Beispiel Mut oder Geschicklichkeit vorzutäuschen, nicht wahr?«
Leonardo Padura: Labyrinth der Masken

Treffender habe ich Transvestismus selten beschrieben gesehen. Mehr dazu morgen.