Der Preis des Bösen – Mehr zum „Ripper Award“

vom Krimiblogger

Ulrich Noller → macht sich ebenfall so seine (karnevalistischen) Gedanken zum „Ripper Award“. Und dann findet sich auch noch eine längere Abhandlung zum Thema bei → „kultur.macht.europa“. Da lesen wir dann diese Sätze:

„So ist der Ripper „geadezu sprichwörtlich geworden als Ikone unberechenbarer Gewalt und als erster international bekannter Serienmörder der Geschichte“, schreibt die Literaturwissenschaftlerin Susanne Scholz. Allerdings: „Wären da nicht die kollektiven Ängste und Phantasien, aber auch das ‚schmutzige Unterbewusste’ der viktorianischen Gesellschaft sowie die morbide Faszination der aufstrebenden Gerichtsmedizin (gewesen), hätte ‚Jack the Ripper’ nicht zur Projektionsfigur des Bösen werden können.“ Deshalb könne seine Geschichte „als beispielhaft für kulturelles Erzählen gelten“.“

Ja, gerade diese Ikonisierung ist doch das Fragwürdige an all diesen Serienmörder-Blutschmonzetten, die uns seit vielen Jahren überschwemmen. Serienmörder mögen für manche Leute Ikonen ein, für die einfacher gestrickten Gemüter auch Projektionsfläche ihrer Ängste. Aber man darf ja wohl mal nachfragen, wie die Opfer eine solche Ikonisierung sehen würden. Ein Krimipreis, der dann auch noch einen solchen Namen trägt, wird diese Tendenz zur Verklärung noch verstärken.

Warum ausgrechnet die Jack-the-Ripper-Geschichte „als beispielhaft für kulturelles Erzählen“ gilt, kann mir auch Frau Scholz in ihrem Aufsatz „Am Anfang war die Tat?“ nicht plausibel erklären. Kaum einer der literarischen Adaptationen der „Ripper“-Geschichte hat wirklich hohen literarischen Wert (Gegenbeispiele werden gerne genommen). Literarisch wesentlich wichtiger – gerade mit Blick auf die Entwicklung der Kriminalliteratur – waren und sind hingegen all jene Romane, die sich der Ikonisierung entziehen, von Jim Thompson über James Ellroy bis hin zu Derek Raymond. Und auch jüngere Autoren – etwa David Peace, Cathi Unsworth oder Rafael Reig – lehnen diese Ikonisierung ab oder schreiben gar gegen sie an.

Schwerwiegender als diese ästhetisch Bedenken sind jedoch die moralischen Einwände für einen solchen Preisnamen. Wenn „Jack-the-Ripper“ doch so eine „beispielhafte Figur des kulturellen Erzählens“ (bitte, was?) gewesen ist, warum benennen die Londoner zum Beispiel nicht Straßen oder Plätze nach ihm? Der „Ripper Award“ bleibt mit diesem Titel nichts anderes als ein Preis des Bösen. Eine kulturpolitische Dummheit und Peinlichkeit, für die – auch das sei noch einmal erwähnt – Steuergelder ausgegeben werden.