Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

„Politisch korrekt geht es da natürlich nicht immer zu“

Ein Interview mit der Herausgeberin und Lektorin Lisa Kuppler zum Start der „Hard Case Crime“-Reihe in deutscher Übersetzung
Von Ludger Menke

Sie ist eine der innovativsten Krimireihen der letzten Jahre: Über 40 Bände sind in den USA in der Krimireihe „Hard Case Crime“ bislang erschienen. Gnadenlose Gangster, eiskalte Killer und verführerische Racheengel werden in diesen Hardboiled-Krimis wieder zum Leben erweckt. Vergessene Schätze der Pulp-Literatur finden sich dort ebenso wie aufregende, neue Texte junger Krimiautoren. Alles verpackt in bunte Pulp-Cover. Endlich, möchte man sagen, ist „Hard Case Crime“ auch in Deutschland angekommen. Der Rotbuch Verlag hat sich die Lizenz für die Reihe mit Kultpotential gesichert und im März 2008 die ersten drei Titel in deutscher Übersetzung vorgelegt. Zum Start der „Hard Case Crime“-Reihe hatte ich die Möglichkeit, der Lektorin und Herausgeberin Lisa Kuppler einige Fragen zur Reihe zu stellen.
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Treffsicher in der Gimmick-Hölle

Hells BellsChristiane Geldmacher (Hg.): Hell’s Bells : Kriminalgeschichten

„Hells Bells“ – so nennt sich eine weibliche Coverband der Hardrockband AC/DC. Die Ladys stammen alle aus Deutschland und tun das, was Coverbands so tun: Sie spielen die Lieder ihrer Vorbilder nach. „Hell’s Bells“ – diesmal mit einem Apostroph – nennt sich eine Anthologie von fünfzehn deutschsprachigen Kriminalgeschichten, die von der Wiesbadener Autorin Christiane Geldmacher zusammen gestellt wurde. Und auch hier wird etwas nachgespielt – gute Kriminalgeschichten. Literarische Eigenständigkeit findet sich leider nur in einer der Geschichten – die ist dafür dann aber auch wirklich höllisch gut.

Die vierzehn anderen Geschichten hingegen bewegen sich irgendwo zwischen mehr oder weniger unterhaltsamen Klamauk, sprachlicher Spießigkeit und – im schlimmsten Fall – einem stilistischen Fegefeuer. „Suspense“ sollen laut der Herausgeberin die Geschichten eigentlich bieten und zwar in dem Sinne, wie Patricia Highsmith diesen Begriff verwendete. Doch was hat die große Dame der misanthropischen Kriminalliteratur unter „Suspense“ verstanden? Ein Blick in ihren gleichnamigen Werkstattbericht zeigt auf, warum vierzehn der fünfzehn Geschichten an diesem – überfrachteten – Anspruch scheitern.
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„Mit Kriminalromanen hat man angefangen, das Wichtige erscheint später“

Ein Interview mit dem Hamburger Autor Frank Göhre
Von Ludger Menke

krimiblog.de: Friedrich Glauser und Frank Göhre: Sie haben beide die gleichen Initialen, sie sind beide Autoren von stilbildenden Kriminalromanen. Welche Gemeinsamkeiten gibt es noch zwischen Glauser und Göhre?

Frank Göhre: Das habe ich mich auch oft gefragt. Ich bin bis heute noch nicht ganz hinter das Geheimnis gekommen. Ich kann nur sagen, was mich vom ersten Moment angezogen hat: Das war die Suche nach Glück und seine Drogengeschichte. Nicht, dass ich ein Junkie bin, aber ich habe natürlich auch meine Süchte, meine Sehnsüchte. Meine Suche – wie bei Glauser – nach Anerkennung, angenommen zu werden, geliebt zu werden. Das sind die Momente, in denen ich ihm sehr nahe bin. Das ist etwas, was ich auch bei mir feststelle. Dieses Umtriebige des Glausers habe ich in gewisser Weise auch. Obwohl ich jetzt schon seit über 25 Jahren hier in Hamburg wohne, zieht es mich immer wieder weg. Auch ich halte es nicht ständig an einem Platz aus. Meine Frau sagt inzwischen, am wohlsten fühlst Du dich, wenn Du auf Reisen bist – und das stimmt.

Dies sind so einige Eckpunkte, die ich nennen kann. Beim Schreiben ist es etwas, was mich bei ihm fasziniert, was ich nicht kann, was ich bewundert – das ist sein Umgang mit Atmosphäre und Atmosphäre zu schildern. Das versagt sich mir. Ich kriege das einfach nicht aufs Papier. Ich bewundere das. Ich mache es vielleicht auf eine andere Art. Aber die Bilder, die er da findet, die sicher auch geprägt sind durch Drogen – das muss man dann einfach auch sagen. Ich kenne so etwas aus früheren Drogenerfahrungen, dass man so ganz bestimmte Formulierungen findet, die einem plötzlich einfallen, die auf einmal da sind. Diese bewundere ich bei ihm.

Sonst weiß ich keine Gemeinsamkeiten, außer, dass wir beide Kriminalromane schreiben – er geschrieben hat und ich schreibe – und das, was ich in dem Buch „MO“ zum Schluss zitiert habe: „Mit Kriminalromanen hat man angefangen, das Wichtige erscheint später“. Das hoffe ich bei mir ja auch immer noch. (lacht)

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Osterspaziergang

Stochern Sie nicht im Nebel – schöne Ostern wünscht krimiblog.de
Bildquelle: aboutpixel.de / Nebel 5 © Christelle Ganne-Chédeville

Krimi-Poeten

The LineupEs gehe ihnen nicht darum, Kriminalität zu glorifizieren oder sensationslüstern zu betrachten, behaupten die Autoren, die sich an dem interessanten Buchprojekt → „The Lineup“ beteiligen. 14 Krimi-Poeten haben sich → zusammengetan, um Kriminalität in verdichteter Form zu betrachten. Was sehen sie als Kriminalität an und welche Worte finden sie dafür? Veröffenticht wird das Buch, das 34 Seiten umfassen soll, im Eigenverlag unter www.lulu.com.

Für Eigenwerbung haben die 14 Autoren – Patrick Shawn Bagley, Ken Bruen, Sarah Cortez, Graham Everett, Daniel Hatadi, Daniel Thomas Moran, R. Narvaez, Robert Plath, Misti Rainwater-Lites, Stephen D. Rogers, A.E. Roman, Sandra Seamans, Gerald So und KC Trommer – ein → eigenes Blog aufgesetzt. Sehr schön.

Happy Birthday, Crimespace!

Wenn auch um einige Tage verspätet, sollen diese Geburtstagsglückwünsche nicht fehlen. → Crimespace, das internationale Netzwerk von Krimiautoren, Krimikritikern und Krimilesern, ist am 4. März 2008 ein Jahr alt geworden. Was genau bei Crimespace passiert, welche musikalischen Jugendsünden Mr. Hatadi begangen hat und warum sich im ersten Jahr über 900 1.300 Leute bei Crimespace angemeldet haben, erklärt Netzwerk-Gründer → Daniel Hatadi in einem Interview mit Angie Johnson-Schmitt, dass man sich als Blogbetreiber auch ganz bequem auf seinen Blog „entführen“ kann.

Für das Interview mit Daniel Hatadi einfach runterscrollen. Und wie man sieht, gibt es dort noch einige andere interessante Interviews zu hören.

Lambda Literary Awards 2008: Die nominierten Krimis

Bei den diesjährigen → Lambda Literary Awards gibt es ein schöne Überraschung. Bei dem US-amerikanischen Preis, mit dem lesbische, schwule, bisexuelle und transgender Literatur in 21 Kategorien ausgezeichnet wird, gibt es auch die Kategorien „Women’s Mystery“ und „Men’s Mystery“ – also lesbische bzw. schwule Kriminalromane. Wer auf die Nominierungen bei den lesbischen Krimis schaut, wird eine Autorin entdecken, die auch hier in Deutschland schon drei Kriminalromane veröffentlicht hat…

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KrimiWelt: Die zehn besten Krimis des Jahres 2007

kooppartner_krimiwelt_logo.jpgDie Zeit für Jahresrückblicke ist im März ja eigentlich schon vorbei. Aber in der sonst so schnelllebigen Bücherwelt gibt es mindestens eine Ausnahme. Die Jury der KrimiWelt-Bestenliste hat getagt, die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen getan, und herausgekommen ist dabei eine Liste. Darauf zu finden sind die – angeblich – zehn besten Krimis des Jahres. Ob der Urteilsspruch der Jury wirklich weise oder doch eher märchenhaft ist, muss jeder selbst entscheiden.

Was einmal mehr auffällt: Gerade mal drei der dort vertretenen Romane sind deutschsprachig, der Rest kommt aus dem Ausland. Das ist eigentlich ziemlich bitter. Die Liste wurde heute auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt und sieht so aus.


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Zurück zu den Wurzeln

Daniela und ihre → „Leselust“ waren die ersten Begleiterinnen des „Bücherfreundes“. Jetzt hat Daniela ihrer Seite ein neues Aussehen gegeben und auch ihr → gut besuchtes Forum umgestellt. Schön, dass es sie gibt.

„Ripper-Award“: Disput und eine unrühmliche Tradition

Im kleinen Kreis schwelt sie weiter, die Diskussion zum sogenannten „Ripper-Award“ und zu dessen Namensfindung. Bernd hat unter dem Titel → „Wir amüsieren uns zu Tode: Der Ripper Award – eine Nachlese“ einen sehr schönen, umfangreichen Artikel verfasst, in dem er auch auf Aufbau und Organisation (Juryproblematik etc.) eingeht. Herr Linder hat in seinem Blog eine Erwiderung mit dem Titel → „Vergleiche: ein Exorzismus“ veröffentlicht.

Opferperspektive, Adolf Eichmann, unzulässige Vergleiche – nur einige der Stichworte, die dort fallen. Es wird niemanden verwundern, dass für mich die Argumentation, die Bernd vorträgt, nachvollziehbarer ist, als die Argumente, die Herr Linder ins Felde führt. Wobei ich den Vergleich mit Eichmann auch für unzulässig halte. Das hebt den Preis und den notwendigen Streit in historische Dimensionen, die dem Firlefanz, den man da in Unna veranstalten will, überhaupt nicht entsprechen.

Was beide Diskutanten ehrt, ist ihre Ausdauer sowie ihre umfangreiche und interessante Gedankenführung. Etwas, was ich bei den Organisatoren dieses Preises vermisse. Gerade mal zwei Sätze war ihnen die Begründung für den Namen wert, die sie zudem seit → einigen Tagen zurückgezogen haben. Hinzu kommt die Weigerung der Verantwortlichen, sich überhaupt der Kritik zu stellen. Hinter dem Streit verbirgt sich eben nicht nur eine Diskussion um den Namen, es zeigt einmal mehr, wie wenig Krimiwissen und Krimikultur bei Verantwortlichen im sogenannten „Kulturbetrieb“ vorherrscht. Da wird ein Preis lieblos hingeknallt, der halbherzig zwischen Jury- und Publikumspreis schwankt und der zudem mit einer inkompetenten sogenannten „Hauptjury“ besetzt ist. Ein Preis, der bewusst provozierend oder aus Dummheit nach dem Pseudonym eines Serienmörders benannt wird. Aufkommende Kritik wird ignoriert und dann wird nach einigen Wochen versucht, sich irgendwie auf halbherzige Art und Weise aus der Affäre zu ziehen.

Das sich hier eine Lächerlichkeit an die nächste reiht, kennt man allerdings schon von → anderen Krimipreisen. Damit setzen die „Ripper“-Verantwortlichen eine unrühmliche Tradition fort, die bereits von den verschiedenen „Syndikats“-Jurys begonnen wurde. Nur jetzt eben auch noch auf europäischer Ebene, wenn es nach den Verantwortlichen geht. Deutsche Krimi-Peinlichkeiten – jetzt auch international.