Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

„Riesenerfolg“

Wer kennt nicht das schöne Gefühl der Erleichterung, wenn man erfolgreich einen Brief oder ein Paket bei der Post abgegeben hat. Gesteigert wird dies nur noch durch die Empfindung, wenn man erfährt, dass Brief oder Paket wohlbehalten beim Empfänger angekommen sind. Glücksmomente im Alltag, die natürlich auch jungen, erfolgreichen Krimiautoren widerfahren. Zum Beispiel wenn ihr Verlag es erfolgreich geschafft hat, ihren Roman für den → Friedrich-Glauser-Krimipreis einzureichen. Dazu bedarf es nicht viel: Der Roman muss eine deutschsprachige Originalausgabe aus diesem Jahr sein und einige wenige, rein formale Kriterien erfüllen, die auf der → Homepage des Syndikats erklärt werden. Kurz: Ob ein Roman für den Glauser eingereicht werden kann, ist eine rein formale Sache – wie das Abschicken eines Briefes oder eines Pakets. Die inhaltliche Bewertung durch die Jury findet viel später statt.

Die Berliner Zeitung scheint das allerdings nicht so ganz begriffen zu haben. In → ihrem Artikel über den Brandenburger Polizisten und Krimiautor → Jean Wiersch, dessen Debütroman „Havelwasser“ für eben jenen Krimipreis eingereicht wurde, lesen wir:

„Doch immerhin wurde sein Debütkrimi nun für den renommierten Glauser-Preis eingereicht.“

Und etwas weiter unten heißt es:

„Egal, ob der einstige Marineoffizier den Krimi-Oscar bekommt oder nicht. Schon, dass sein „Havelwasser“ eingereicht wurde, sei ein Riesenerfolg.“

Schön, dass man sich bei der Berliner Zeitung so freuen kann und darüber einen Artikel schreibt. Wenn ich das nächste mal einen Brief oder ein Paket zur Post bringe, rufe ich vorher auch einen Kollegen beim „Hamburger Abendblatt“ an. Vielleicht hat der dann Lust auf eine Story über meinen „Riesenerfolg“.

Humor und Hintersinn

Die siebte Stunde von Elisabeth HerrmannElisabeth Herrmann: Die siebte Stunde

Eine Gruppe von Rollenspielern, Jugendliche, die durch eine Schul-AG erste Einblicke in die Juristerei bekommen sollen und unglückliche Teenagerliebe – die Themen in Elisabeth Herrmanns zweiten Kriminalroman „Die siebte Stunde“ wirken unpolitischer als in ihrem viel beachteten Debüt → „Das Kindermädchen“, das vor zwei Jahren reichlich Lob einheimste. Vergessene Zwangsarbeiterinnen im Dritten Reich haben auf den ersten Blick eine größere Brisanz als Kids, die für ein paar Stunden in einen schwarzen Umhang schlüpfen und in Berliner Parks Prinz und Vampir spielen. Doch Elisabeth Herrmann versteht es auch in ihrem zweiten Roman einen scharfen und fesselnden Blick auf Lebenswirklichkeit in der deutschen Hauptstadt zu werfen.

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Marburger Krimifestival

Arne Dahl Krimifestival MarburgWussten wir es nicht schon immer: Frauen sind blutrünstig. Jedenfalls wenn es nach den Kollegen aus Hessen geht, die gestern über das Krimifestival in Marburg berichteten. Zu Wort kommt auch der schwedische Autor Jan Arnald alias Arne Dahl. Was er dazu zu sagen hat und mehr Impressionen vom Festival gibt es in einem knapp dreiminütigen Filmbericht, der → hier anzusehen ist.

Das gesammelte Sein

Es ist → keine neue Diskussion, aber sie wird immer wieder gerne geführt – Krimi und Realität, Krimi und Realismus oder auch „Wie realistisch muss Kriminalliteratur sein?“.

Sammeln wird doch mal ein wenig.

Bernd → schreibt aktuell dazu:

Ein Krimi ist natürlich ein Stück Fiktion und keine simple Abbildung der Realität. Der Krimi schafft seine eigene Welt, seine eigene Realität und als Leser kann ich Übereinstimmungen zur realen Welt finden, die mehr oder weniger fundiert sind oder vom Autor nahegelegt werden. Aber entscheidend ist erst einmal, dass die fiktive Welt stimmig ist und dass das Ganze spannend und gut vorgetragen ist.

Bei der → NZZ lesen wir von David Peace:

„Ein Kriminalroman“, sagt Peace, „hat die Pflicht, sich den sozialen und ökonomischen Fragen auszusetzen, die das Leben bestimmen. Er muss die Umstände betrachten, unter denen ein Verbrechen geschieht. Ein Kriminalroman, ein Roman wie Don DeLillos , kann mehr über die Wirklichkeit eines bestimmten historischen Augenblicks erzählen als ein , an dessen Objektivität ich nicht glaube.“

Verspätet

Warum hat mir → das denn keiner gesagt? Wobei, muss ich wirklich am Sonntagvormittag Natalia Wörner zum Thema Krimi sehen und hören? Wenn die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihre digitale Informationsoffensive mal ernst nehmen würden, würden sie solche Sendungen im Netz bereitstellen. Für die interessierte Minderheit, die am Sonntagvormittag anderes zu tun hat, lieber WDR…

Ansonsten bahnt sich erneut eine Realität-in-Krimis-Diskussion an, wie man zum Beispiel → hier lesen kann. Mal sehen.

Ach so, und in Winsen an der Luhe entsteht gerade ein → Online-Krimi von Marcel. Na denn…

Was die Kritik der Kritik angeht: Das dauert dann doch noch. Die Worte wollen gewogen sein…

Heureka! Kritik der Kritik

„Kleiner staubtrockener, humorloser und kondensierter Kriterienkatalog für idealtypische, anständige Rezensionen von Kriminalromanen“ nennt sich ein → schöner Leitfaden von Thomas Wörtche, der an → anderer Stelle auch schon mal gerne als Pausenclown attakiert wird. Noch übler wird da übrigens mein Lieblingsblog-Kollege dpr heruntergeputzt, was übrigens zeigt, wie trost- und humorlos es in Bielefeld, jenem geheimnisvollen Ort, sein kann. Wie überlebt dort eigentlich ein kleiner Krimiverlag wie → Pendragon?
Jedenfalls wird es mal Zeit für die Kritik der Kritik und Kritiker. Der erste, erschütternde Befund: Erstzunehmende Kritikerinnen gibt es da nicht, jedenfalls nicht im deutschsprachigen Raum. Was die Männer da so treiben – dazu später mehr.

Preisgekröntes Wochenende

Die Preisträger von vier verschiedenen Krimipreisen wurden im Laufe des vergangenen Wochenendes bekanntgegeben: → Anthony Award, → Shamus Award, → Macavity Award und → Barry Award. Mehr dazu auch →hier, → hier, → hier und → hier.

Rein geschäftlich

Screenshot Syndikat
Darüber freut sich die deutsche Krimigemeinde. Nach zehn Jahren haben unsere Freunde vom Syndikat eine neugestaltete Webseite. Schön. Auch die neue Offenheit ist zu begrüßen. Unter dem Punkt „Finanzen“ wird erklärt, wie das so funktioniert mit dem Geld und dem Nicht-Verein:

„Das SYNDIKAT ist kein eingetragener Verein. Es ist eine ehrenwerte Gesellschaft ohne Rechtsform. Deshalb verfügt das SYNDIKAT auch nicht über eigene Finanzmittel.

Aber das SYNDIKAT hat einen engen Verbündeten, nämlich den Förderverein für deutschsprachige Kriminalliteratur. Jedes SYNDIKAT-Mitglied zahlt jährlich eine Spende an den Förderverein, der von diesem Geld nicht nur den Friedrich-Glauser- und den Hansjörg-Martin-Preis auslobt, sondern auch Festivals und Krimitage unterstützt.“

Klingt gut, gell? Warum dann allerdings eine „ehrenwerte Gesellschaft“ – ist die überhaupt rechtsfähig? – eine .biz-Domain benutzt, die eigentlich Webseiten für die „geschäftliche oder gewerbliche Nutzung im guten Glauben“ vorbehalten ist, bleibt eines der Rätsel dieses Nicht-Vereins.

KrimiWelt-Bestenliste für Oktober 2007

kooppartner_krimiwelt_logo.jpgSo recht mag der angekündigte Aufschwung beim deutschsprachigen Krimi nicht in die Gänge kommen. Auf der aktuellen KrimiWelt-Bestenliste finden sich drei deutschsprachige Titel und zwei davon sind alte Bekannte. Der vom SPIEGEL beschworene Krimifrühling im Herbst ist vielleicht doch nur ein laues Lüftchen im Blätterwald.

Für kluge Krimileser stehen sowieso andere Aspekte im Vordergrund. Gute Geschichten und Sprachkunst zum Beispiel. Für die Jury der KrimiWelt-Bestenliste hingegen scheint dies gelegentlich nebensächlich zu sein. Oder warum findet sich nach Karin Slaughters „Gottlos“ (Rang 5 der KrimiWelt-Bestenliste im Juli 2007) nun mit Simon Becketts „Kalte Asche“ schon wieder ein Roman auf der Liste, der grauenvoller Schund ist? Warum platziert sich das Buch erst im Oktober auf der Liste, obwohl es mindestens schon drei Monate in den Buchläden liegt und seit Wochen in der SPIEGEL-Bestsellerliste steht? Was will uns die Jury damit sagen?

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Technischer Hinweis

Gestern habe ich das hier verwendete Blogsystem WordPress auf die aktuelle Version 2.3. upgedate. Leider sind dabei einige Schwierigkeiten aufgetreten, die ich zum Teil beheben konnte. Falls Euch/Ihnen beim Surfen ein Fehler auffällt, würde ich mich über eine kurze E-Mail freuen.