Twitter: Das Gespenst der Belanglosigkeit

vom Krimiblogger

Twitter What are you doingIn den USA und in Kanada wird es von Autoren, Verlagen und Kritikern schon genutzt, in Deutschland schaut man eher abwartend zu: → Twittern. Das „Zwitschern“ wird im englischsprachigen Raum als interessantes Kommunikationswerkzeug genutzt, durch das unter anderem Leser auch direkt mit „ihren“ Autoren, Kritikern oder Verlagen in Kontakt treten können. Ob sich dieser Dienst auch im deutschsprachigen Literaturbetrieb durchsetzen kann, bleibt fraglich. Die Angst vor dem Schreckgespenst „Belanglosigkeit“ mag da in vielen Köpfen spuken, vielleicht sind es aber auch nur einfach fehlende Informationen. Dabei könnte auch der deutsche Literaturbetrieb davon profitieren.

Wer sich durch die Webseiten der Publikumsverlage klickt, wird erstaunt sein. Das, was man gemeinhin mit Anwendungen des so genannten Web 2.0 verbindet, sucht man in der Regel vergebens. Versuchen Sie mal spaßeshalber RSS-Feeds von Verlagen zu abonnieren, um zum Beispiel über Neuerscheinungen auf dem Laufenden zu bleiben. Es dürfte schwierig werden, denn fast alle Verlage setzen immer noch auf Newsletter, die dann ungelesen in den Papierkörben oder Spam-Ordnern ihrer Empfänger landen. Nun ist es fraglich, ob jemand, der schon keine RSS-Feeds auf die Reihe bekommt, es schaffen wird, sich in der munter schwatzende Twitter-Welt zurechtzufinden. Dabei ist Twitter natürlich kein Ersatz oder eine Alternative zu einem RSS-Feed, auch wenn manche große Medienhäuser wie → Spiegel Online das wohl so sehen. Nein, Twitter ist eine Möglichkeit, direkt, unmittelbar, offen, kurz und gleichberechtigt miteinander zu kommunizieren – das muss man dann schon wollen.

Was aber ist überhaupt Twitter? Ein Microblogging-Dienst, in dem man als angemeldeter Nutzer Kurznachrichten, die so genannten „Tweets“, anderer Twitterer „verfolgen“ (follow) kann und in dem man wiederum an andere angemeldete Nutzer seine eigenen „Tweets“ verschickt. In der Regel geschieht dies in einer öffentlichen „Timeline“. Man kann allerdings auch direkt „private“ Tweets an andere Nutzer schicken, die dann nur der jeweilige Empfänger lesen kann. Alle Tweets haben eine maximalle Länge von 140 Zeichen. Jeder Nutzer entscheidet selbst, von welchen anderen Nutzern er die Tweets empfangen möchte. Ein einfaches Grundprinzip also. Hinzu kommen mehr oder weniger nützlich Ergänzungen. So kann man zum Beispiel einen Tweet mit einem Schlagwort – einem Hashtag – versehen. Oder per Widget die eigenen Tweets auf sein Blog oder seine Internetseite stellen. Alle wichtigen Befehle kann man hier nachlesen.

TwitterZugegeben: Am Anfang überwog auch bei mir die Skepsis gegenüber Twitter. Warum sollte mich das „Gezwitschere“ oder „Geschnattere“ anderer Leute interessieren? Genauso könnte ich aber auch fragen, warum mich Blogs anderer Leute interessieren sollten? Spannend sind die Tweets selbst, die mal ein Kommentar zur Befindlichkeit sein können (überraschenderweise gibt es die aber selten), mal können es Linkhinweise sein, mal einfach die Feststellung, dass man dieses oder jenes getan, gelesen, gehört oder gesehen hat. Die Mischung der eigenen Timeline, in der man die Tweets anderer Nutzer verfolgt, macht es attraktiv und lesenswert. Bestimmte Dinge bekommen auf einmal eine ganz andere Relevanz, wecken Neugier oder laden zum Widerspruch ein. Dazu gibt es die Möglichkeit, per SMS zu twittern – man kann also auch von unterwegs Nachrichten ins Netz stellen, Reaktionen bekommen oder auf andere reagieren.

Und was sollte das nun Autoren, Lesern oder Verlagen bringen? Nichts, jedenfalls nicht, wenn man – vor allem als Verlag – nur mit dem Eurozeichen in den Augen vor dem Rechner sitzt. Wie so manche Angebote im Netz machen sie erstmal nur Spaß: Als Autor etwa informiert man seine Leser einfach über den Alltag am Schreibtisch, als Leser gibt man Hinweise auf interessante Diskussionen oder Artikel – und als Verlag könnte man, wenn man denn wollte, Einblicke in die eigene Arbeit geben oder natürlich ganz platt auf die monatlichen Neuerscheinungen hinweisen. Wie man den Dienst nutzt, bleibt letztlich jedem selbst und vor allem der eigenen Kreativität überlassen. Auf jeden Fall übt er aber die Kurzform (140 Zeichen!).

Neulich war in einem Blog zu lesen, dass Twittern wohl das Bloggen ersetzen würde und das sei doch sehr ärmlich. Da lag eindeutig ein Missverständnis vor. Natürlich ersetzt Twitter nicht die Blogs. Aber es kann zu ihnen hinführen oder als Plattform für eine Diskussion zu einzelnen Blogs oder Blogbeiträgen dienen. Twittern ist ein gefiltert-ungefilterter Strom von Nachrichten, aus dem man sich die, die einen interessieren, herauspicken kann. Das ist nicht nur für Leser interessant, sondern auch für Autoren oder Verlage. Näher kommst Du nämlich kaum an Deine Leute – sprich Zielgruppe – ran – außer vielleicht auf Buchmessen oder bei Lesungen. Ob das Potential jedoch bei den Verantwortlichen gesehen wird, bleibt fraglich.

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