Neue Krimis Leser braucht das Land

vom Krimiblogger

Es ist mal wieder Zeit für ein paar Stoßgebete, denn die Lage ist dramatisch: Laut der → Krimibuchhandlung Hammett in Berlin sind im September 2007 207 neue oder neu aufgelegte Krimis auf den Markt gekommen. Rechnet man dies aufs Jahr hoch, erscheinen gut 2.484 Krimis in Deutschland. Zieht man davon Neuauflagen, Taschenbuchausgaben von bereits erschienen Hardcoverausgaben und einen kleinen Teil von True-Crime-Büchern ab, dürfte immer noch eine beachtliche Zahl von „echten“ frischen Krimis – national und international – bleiben. Sagen wir mal, es sind geschätzt zwischen 700 und 1.000 Krimis (ich zähle jetzt nicht alles nach). Noch eine andere Zahl: Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels verzeichnet in seinem → „Branchen-Monitor Buch“ für das Jahr 2006 einen Anteil der Kriminalromane an der gesamten Belletristik von 20,9 %. Damit liegen die Krimis hinter den Romanen und Gesamtausgaben (51,5 %) auf Position zwei. Auch wenn der Anteil von Krimis im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück gegangen ist, zeigt sich doch: Neue Krimis – und vor allem neue Krimiautoren – braucht das Land! Wirklich?

Wie erfreulich ist es da, dass die „Schule des Schreibens“ einen Krimi-Schreibwettbewerb ausgeschrieben hat. Unter dem hübschen Motto → „Seien Sie heimtückisch – Entdecken Sie Ihr Mordstalent!“ sind begabte und weniger begabte Hobbyschreiber aufgerufen, einen Kurzkrimi zu schreiben. Preise locken: Unter anderem ein Wochenendseminar mit dem bekannten und erfolgreichen Krimiautor Oliver Buslau oder ein professionelles Fachlektorat. Das ist nicht nur interessant sondern auch bitter notwendig, denn bei vielen der Neuerscheinungen hat man als Leser mittlerweile das Gefühl, Opfer des Rotstifts wurde die Lektoratsarbeit und nicht die zahlreichen Tipp- und Rechtschreibfehler in gedruckten Büchern. Von Stilblüten bis hin zu sachlichen Fehlern findet man alles in der ach so bunten, deutschen und internationalen Krimilandschaft. Ganz zu schweigen von der nach wie vor meist durchschnittlichen bis minderwertigen literarischen Qualität. Es wird gedruckt, was unsinnige Schreibwettbewerbe, Schreibschulen und Hobbyschreiblinge so hervorbringen. Eine Selektion, die dringend notwendig wäre, findet nicht statt. Und selbst wer es als Autor nicht unter die warme Decke eines „echten“ Verlages schafft, kann immer noch auf Bod ausweichen. Wer will diesen ganzen Mist überhaupt noch lesen?

Liebe Hobbyautoren, bevor Ihr Euch in das tolle Abenteuer Krimi stürzt, denkt doch mal an die armen Leser, die Eure vorzeitigen Geistesergüsse ertagen müssen. Und denkt an die Bäume, die dafür sterben müssen. Bist DU wirklich DER Krimiautor, auf den die Welt gewartet hat? Oder verwechselst Du, wie so viele Deiner Kolleginnen und Kollegen, das Schreiben von Kriminalliteratur mit Malen nach Zahlen?

Liebe selbsternannte Schreibpädagogen, verkneift Euch doch einfach so dämliche Texte wie die → „Kleine Trickkiste für Krimi-Schreiber“. Bringt den Leuten erst einmal Grammatik und Rechtschreibung bei.

Liebe Verleger, wenn Ihr wirklich sparen wollt, dann reduziert die Zahl Eurer Neuerscheinungen. Was Ihr dann druckt, sollte ein ordentliches Lektorat und bei fremdsprachigen Romanen eine gute Übersetzung erhalten. Und übrigens: Man darf Manuskripte auch ablehnen, wirklich.

Liebe Kritiker, nennt den Dreck doch endlich Dreck, statt ständig nach tollen Trends zu suchen. Seid Ihr professionelle Leser oder selbstverliebte Modepolizisten des Literaturbetriebs?

Liebe Leser, seien SIE doch mal heimtückisch und kaufen Sie einen Monat lang keinen einzigen Kriminalroman. Es gibt doch auch hübsche Kochbücher, Bilderbücher, Comics oder Luxusausgaben des Kamasutras oder der Bibel (je nach Geschmack). Oder vielleicht haben Sie noch den ein oder anderen ungelesen Schmöker im Regal stehen, den Sie immer schon mal lesen wollten. Lassen Sie die Verlage doch einfach mal einen Monat auf ihrem gedruckten Müll sitzen…