Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Spaghetti-Kritiker

Im → Hinternet Weblog geht dpr auf den Artikel → „Nach dem Erfolg kommt die Spaghettisierung“ von Thomas Wörtche ein, der zunächst unter der Überschrift „(K)ein Markt für Krimis“ im aktuellen Krimi Spezial der Buchkultur erschienen ist. Wörtches düstere Prognose:
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Krimi korrekt

Das blutige ErbePeter Robinson: Das blutige Erbe

Solide konstruierte und spannende Krimis – dafür steht der britisch-kanadische Autor Peter Robinson. Obwohl schon 1997 in Großbritannien, Kanada und in den USA (dort unter einem anderen Titel) im Original erschien, erreicht sein Roman „Dead Right“ erst jetzt in einer Übersetzung die deutschen Leserinnen und Leser. Das mag daran liegen, das „Dead Right“ – oder „Das blutige Erbe“, wie der neunte Roman innerhalb der Inspektor-Banks-Serie heißt – ein eher schwächerer Roman ist.
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Krimitagebuch – erfreulich bitter

Zum aktuellen Spezial-Heft der Buchkultur äußert sich auch Tobias Gohlis in seinem → Krimitagebuch. Als „erfreulich bitter“ beurteilt Gohlis den Beitrag von Thomas Wörtche. Gohlis‘ Fazit: „Abgeklärte Angst – das ist ein prima Gewürz. Damit werden Helden gestärkt.“

Die besten Krimis der Saison

Ja, für uns Listen-Fetischisten ist doch eine gute Zeit. Ganz frisch hat die österreichische Zeitschrift → Buchkultur ihr Krimi Spezial veröffentlicht. Darin findet sich, wie jedes Jahr, eine Liste mit den besten Krimis der Saison. Eine Jury aus Buchhändler/innen, Redakteur/innen und Autorinnen hat abgestimmt und die Damen und Herren sind zu folgendem Ergebnis gekommen:

1. Fred Vargas: Der vierzehnte Stein
2. Alicia Gimenez-Bartlett: Samariter ohne Herz
3. Reginald Hill. Die Launen des Todes

Die restlichen Top-Ten gibt es auf der → Internetseite der Buchkultur nachzulesen.
Daneben bietet das aktuelle Spezial-Heft reichlich Rezensionen, Porträts über Reginald Hill und Arne Dahl, einen düsteren Artikel von Meister Wörtche über (K)ein Markt für Krimis (wirklich sehr düster, ich mache mir Sorgen!) und einiges mehr…

TagesSatz

Das blutige Erbe

„Frank erinnerte Banks in vielerlei Hinsicht an seinen Vater. Beide hatten im Krieg gekämpft und keiner sprach viel darüber. Ihre Einstellungen zu Ausländern waren auch sehr ähnlich. Banks Vater mochte sich über die Immigranten beklagen, die das Land überschwemmten und die Welt, welche er sein Leben lang gekannt hatte, veränderten und sie plötzlich fremd und ungewohnt erscheinen ließen, sogar bedrohlich – und in der gleichen Weise war Frank vermutlich seine Bemerkung über den geizigen Juden herausgerutscht – , aber wenn es hart auf hart kam, wenn jemand Hilfe brauchte, ob nun ein Schwarzer oder ein Jude, dann hätte Banks‘ Vater in der ersten Reihe gestanden und Frank Hepplethwaite wahrscheinlich gleich neben ihm.
Sowenig akzeptabel selbst diese Einstellungen zu Ausländern waren, dachte Banks, sie waren doch himmelweit entfernt von denen Neville Motcombes und seinesgleichen. Die Sichtweise von Banks‘ Vater, genauso wie Franks, basierte auf Unkenntnis und Sorge, auf Angst vor Veränderung, nicht auf Hass. Motcombes Hass entsprang vielleicht auch einer anfänglichen Angst, doch das entschuldigte noch lange nicht den Weg, den er eingeschlagen hatte.“

Peter Robinson: Das blutige Erbe, S. 242

Daumen drücken…

Die nominierten Weblogs für das → Preisbloggen 2005 sind bekannt. Im Bereich Kultur drücke ich natürlich → Liisa und → Rollblau ganz fest die Daumen! Über die Nominierungen im Bereich „Leben“ könnte man trefflich streiten. Wozu blogbar. de nominiert wurde, wo die Damen und Herren sich ja nun ausreichend über das Preisbloggen lustig gemacht haben, bleibt mir ein Rätsel. Ist wahrscheinlich der neu entdeckte Hang zum Masochismus bei der „Zeit“. Aber ich hab‘ keine Lust zum Streiten.

Ein vergessener Klassiker – Charles Brockden Brown

Charles Brockden BrownMöchte man als Leser eine Zeitreise zu den Anfängen der Kriminalliteratur unternehmen, möchte man Vorläufer und Vordenker des literarischen Verbrechens kennenlernen, dann richtet sich der Blick oft zunächst nach Großbritannien. Dabei lohnt es sich durchaus auch einen Blick auf die USA zu werfen. Leider wird dieser Blick etwas verstellt, denn bis auf die ganz großen Klassiker wie Edgar Allan Poe liegen die Werke anderer, ebenfalls wichtiger Autoren kaum in deutscher Übersetzung vor. Ein trauriges Beispiel ist Charles Brockden Brown, ein Urvater der amerikanischen Literatur überhaupt und Wegbereiter des psychologischen Kriminalromans. Von seinen vier Hauptwerken sind zur Zeit keine deutschen Übersetzungen lieferbar. Für September dieses Jahres ist immerhin ein günstiger Sammelband mit den Romanen „Wieland oder Die Verwandlung“ und „Arthur Mervyn oder die Pest in Philadelphia“ im → Area Verlag angekündigt.

Wer Brown schon jetzt kennenlernen möchte, braucht nicht bis zum Herbst zu warten. Der kleine → Verlag Achilla Presse hat sich des Autors angenommen und das Fragment „Aus den Erinnerungen von Carwin dem Bauchredner“ erstmals in einer deutschen Übersetzung vorlegt. Diese literarische Ruine entstand im letzten Lebensjahrzehnt des Autors. Charles Brockden Brown, der am 17. Januar 1771 in Philadelphia geboren wurde, stammt aus einer strenggläubigen Quäker-Familie. Von seinen religiösen Eltern zu einer juristischen Ausbildung angehalten, wurde Brown Assistent eines Rechtsanwalts. Dennoch betätigte er sich immer wieder auch als Dichter. Brown gilt als der erste amerikanische Schriftsteller, der es schaffte, von seinen Büchern zu leben. Sein Leben, von zahlreichen Krankheiten überschattet, war auch geprägt von den Folgen des amerikanischen Bürgerkriegs. So engagierte er sich in verschiedenen Literatur- und Debattierclubs und äußerte sich zu aktuellen, politischen Fragen. Er schrieb Essays für Zeitschriften und wurde Mitglied des „Friendly Clubs“, dessen Zeitschrift er als Herausgeber betreute.

Die vier Hauptwerke

Daneben schrieb er sechs Romane, von denen vier als Hauptwerke angesehen werden:

  • „Wieland, or the Transformation. An American Tale“ – 1798 (dt. „Wieland oder die Verwandlung. Eine amerikanische Erzählung, erstmals 1973)
  • „Ormond, or the Secet Witness – 1799 (keine deutsche Übersetzung bekannt)
  • „Edgar Huntly, or: Memories of a Sleep-Walker – 1799/1800 (Eine frühere Version hatte den Titel „Sky-Walk, or the Man Who Was Unknown to Himself. dt.: „Edgar Huntly oder Der Nachtwandler“, anonyme Übersetzung erstmals 1857)
  • „Arthur Mervyn, or: Memoirs of the Year 1793 – 1799/1800 (dt.: „Arthur Marvyn oder die Pest in Philadelphia“, anonyme Übersetzung erstmals 1858)

Ein Hauptmotiv, das sich durch das recht abwechslungsreiche Werk von Brown zieht, ist der Schrecken, der jedoch nicht, wie in so manchen englischen Schauerromanen einen übersinnlichen Ursprung hat, sondern der empirisch und rational nachgewiesen werden kann. Todesfälle durch eine Epidemie, religiöser Wahn, der zur Selbstverbrennung führt oder die Verführung durch einen Bauchredner sind nur einige der Facetten. Dabei ist ganz entscheidend, dass Brown seinen Blick auf die Psyche seiner Figuren richtet. Der Schrecken kommt nicht aus Deutschland, sondern aus der Seele – so lautet die oft zitierte Aussage von Edgar Allen Poe, der sich dabei auch auf sein Vorbild Charles Brockden Brown bezieht. Auch Nathaniel Hawthorne und Herman Melville wurden von Brown beeinflusst. Er selbst, der die deutsche Sprache beherrschte, bekam wiederum Anregungen bei der Lektüre deutsche Autoren wie Goethe, Schiller oder Kotzebue.

Dunkle Färbungen und reale Begebenheiten

Arthur Mervyn Auffällig weiterhin, das Brown ein Autor ist, der sich in seinen Texten auf reale Begebenheiten und Ereignisse bezieht – etwa die Fleckfieberepidemie im Jahre 1793 in Philadelphia – diese aber nicht als Kolportage in seine Romane einbaut, sondern sie als Metaphern und Bilder für seine Erzählung nutzt. Somit gilt Brown zu Recht als ein moderner Erzähler, der mit starken Symbolen arbeitete. Wenn überhaupt wird das Werk Browns hierzulande sehr verkürzt als Schreckens- oder Horrorliteratur wahrgenommen. Doch seine eleganten und eindringlichen psychologischen Zeichnungen, seine oft pessimistischen Figuren, die durchaus Noir-Färbungen aufweisen, sowie sein nüchterner Erzählstil können durchaus als Wegbereiter des modernen Kriminalromans gesehen werden. Charles Bockden Brown starb am 22. Februar 1810 an Tuberkulose.

Ein frühes Vorbild für Kriminalerzählungen ist auch das Fragment „Aus den Erinnerungen von Carwin dem Bauchredner“ . Es ist die in Ich-Form erzählte Geschichte von Carwin, einem Bauernsohn, der das einfache Landleben seiner Eltern und seines Bruders satt hat. Als wissbegieriger junger Mann ist er froh, als seine Tante in Philadelphia in aufnimmt und er dem bäuerlichen Leben in Pennsylvania den Rücken kehren kann. Drei Jahre lebt er unbeschwert im Haus seiner Tante. Er entdeckt seine Fähigkeit, Stimmen zu imitieren und diese auch als Bauchredner einzusetzen. Eine Macht, mit der er andere beeinflussen und verwirren kann. Schließlich stirbt seine Tante. Fest hatte er mit der Erbschaft seiner Tante gerechnet, doch die Haushälterin soll laut Testament – dessen Rechtmäßigkeit er anzweifelt – alles erben. Mitten in den Überlegungen, wie er dennoch an das Geld seiner Tante kommen könnte, trifft Carwin auf den mysteriösen Ludloe. Dieser will ihn für eine Geheimgesellschaft anwerben und mit ihm fremde Inseln kolonisieren. Immer stärker gerät Carwin in die Abhängigkeit von Ludloe, der schließlich in das Innerste seines Zöglings schauen kann. Carwin ist zu einer Marionette Ludloes geworden. Dann bricht das Fragment ab.

Vom Täter zum Opfer

CarwinDie Figur des Bauchredners Carwin taucht bereits in Browns Roman „Wieland oder Die Verwandlung“ auf. Dort zerstört Carwin die Harmonie zwischen den Geschwistern Clara und Wieland sowie Claras Geliebten Pleyel. Carwins Einflüsterungen führen dazu, das Wieland in einem religiösen Wahn Clara tötet und sich schließlich selbst umbringt. In dem Fragment hingegen wird Carwin selbst zu einem Abhängigen und Getriebenen, seine Verwandlung von Täter zum Opfer zeichnet sich ab. Dies ist durchaus spannend zu lesen. Gerade Browns psychologische Beschreibungen heben die Erzählung hervor. Allein: Als Einstieg für das Werk von Charles Brockden Brown ist „Aus den Erinnerungen von Carwin dem Bauchredner“ nicht geeignet. So löblich es ist, dass dieses Fragment nun vorliegt, dringlicher ist eine Neuausgabe der vier Hauptwerke Browns in deutscher Sprache. In den USA ist zwischen 1977 und 1987 eine → sechsbändige, kritische Neuausgabe erschienen. Vielleicht schafft sie ja den Sprung über den Atlantik in einer guten Übersetzung. Charles Brockden Brown hätte es verdient.

Charles Brockden Brown: Aus den Erinnerungen von Carwin dem Bauchredner : Ein Fragment / Aus dem Amerikanischen übersetzt und herausgegeben von Alexander Pechmann. – Stollhamm-Butjadingen : Achilla Presse, 2005
ISBN 3-928398-87-3
Amerikanischer Originaltitel: Memoirs of Carwin the biloquist. A Fragment.
Bestellungen über den → Verlag Achilla Presse oder in ausgesuchten Buchhandlungen.

Weiterführende Links:
Charles Brockden Brown Society (engl.)
Umfangreiche Linkliste (engl.)
Informationen zur amerikanischen Neuausgabe (engl.)

E-Texte als PDF-Dokumente bei BlackMask
Arthur Mervyn
Edgar Huntley
Memoirs of Carwin the Biloquist
Ormond
Wieland

Von kleinen und großen Krimis

Halders RuhUlrich Ritzel: Halders Ruh

Klappentexter haben es auch nicht immer leicht. Für die schönen und die schlechten Lügen der Autor/innen müssen sie die verkaufsfördernden Worte finden, die auf ein Buch aufgedruckt werden. Zwischen Hyperbel, Klimax und Neologismus schwingend, finden sie auch immer wieder interessante Vergleiche, wie diesen hier zum Beispiel: „Ulrich Ritzels Erzählungen sind wie kleine Krimis, die ein erstaunliches Eigenleben entwickeln, sobald man sie zu Ende gelesen hat.“ Eine putzige Formulierung, finde ich. „Wie kleine Krimis“. Das sagt ganz viel aus. Etwa, dass in dem neuen Buch von Ulrich Ritzel mit dem Titel „Halders Ruh“ keine Krimis zu finden sind. Es sind schlicht sieben Erzählungen, die aber eben „wie kleine Krimis“ sind. Nur: Was ist überhaupt ein Krimi? Und was sind kleine Krimis? Babykrimis, die mal gaaaanz groß werden wollen? Kurze Krimis, die wie Lügen bekanntlich kurze Beine haben? Kurzkrimis? Kinderkrimis? Ach, die Frage werde ich wohl nicht beantwortet bekommen.

Vielversprechend ist aber auch der zweite Teil des Satzes. Der geneigte Leser, die geneigte Leserin liest also Erzählungen, die ein „Eigenleben“ entwickeln, aber erst, wenn man sie zu Ende gelesen hat. Während des Lesens passiert also erstmal nix – aber danach: Heidewitzka, die Waldfee! Da toben die kleinen Racker, da rauscht und tönt es im Hirn des Lesers, der Leserin. Rummelplatz und Karneval auf einmal, bis es einem schwindelig wird.

Merkwürdig nur, dass ich nach der Lektüre der sieben Erzählungen in „Halders Ruh“ nichts davon gemerkt habe. Worum ging es in den einzelnen, kurzen Geschichten noch? Ach ja, in der ersten Erzählung „In den Bergen ist Schnee gefallen“ steht das Geheimnis eines angesehenen Professors im Mittelpunkt. In einem liegengebliebenen ICE trifft – nicht zufällig – ein Mann auf Professor Pracke. Durch geschickte Fragen bringt dieser Unbekannte den Professor dazu, sein Geheimnis zu lüften. Am Ende liegt einer der beiden tot auf den Bahnschienen. In der zweiten Erzählung „Tanjas Äffchen“ textet mich eine vollkommen wahnsinnige Schwiegermutter am Grab ihrer Enkelin zu. Wie und warum das Kind und seine Mutter sterben mussten und dass es ihr Sohn nun ja doch besser hat. Furchtbar. Vor allem furchtbar vorhersehbar. Spätestens nach drei Seiten wusste ich, worauf die Erzählung hinauslaufen wird. Ähnlich erging es mir bei fast allen sieben Erzählungen in diesem Band. Immer geht es um Menschen, die ein verborgenes Geheimnis haben. Im Laufe der Erzählung wird dies dann durch Dummheit oder Zufall gelüftet.

Aufgewärmtes aus der Schublade

Einzig die Erzählung „Tokajer für Kuhlebrock“ fällt etwas aus dem Rahmen. Es geht zwar auch hier um Geheimnisse, aber diesmal gleich in einer ganzen Familie. Ein leitender Verkäufer muss seinen Chefs die zurückgehenden Einnahmen erklären, seine Frau sorgt sich um ihren an Allergie leidenden Sohn und Filius selbst bunkert für einen Kumpel geklaute Spielekonsolen. Nicht wirklich spannend, aber immerhin entlarvend. Sprachlich und inhaltlich erreicht Ritzel hier das Niveau von Barbara Noack (kennt’ die noch jemand?). Während Noack aber heitere und harmlose Familienromane und -geschichten erzählt, versucht Ritzel eine Familienstory mit umgekehrten Vorzeichen – düster und drohend – zu Papier zu bringen. Wirklich gelungen ist es ihm leider nicht. Ulrich Ritzel, der für seine vier Kriminalromane „Der Schatten des Schwans“, „Schwemmholz“, „Die schwarzen Ränder der Glut“ und „Der Hund des Propheten“ viel Kritikerlob einheimsen konnte und für „Schwemmholz“ 2001 den Deutschen Krimipreis erhielt, enttäuscht mit seinen Erzählungen. Zu vorhersehbar der jeweilige Plot, zu abgegriffen die Themen. Gleich zweimal thematisiert er den Missbrauch bzw. die Verwahrlosung von Kindern („Ein Herz für Moldawien“ und „Halders Ruh“), ringt dem Thema aber keine neuen, erzählerischen Facetten ab.

Mein Gefühl mag mich täuschen, aber ich hatte während der Lektüre den Eindruck, dass Ulrich Ritzel oder sein Verlag mal eben die Schubladen durchstöbert haben und alte Erzählungen zum Aufwärmen herausgesucht haben. So sind sie dann auch: Fade und langweilig. Aus einigen hätte vielleicht ein durchschnittlicher Krimi werden können, andere wären besser in der Schublade geblieben. Hätte auch dem Klappentexter Arbeit erspart.

Ulrich Ritzel: Halders Ruh : Sieben Erzählungen. – München : btb, 2005
ISBN 3-442-73332-4

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KrimiWelt-Bestenliste Juli 2005

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Etwa 1.500 Buchhandlungen in Deutschland bekommen nach Auskunft von Tobias Gohlis den Flyer der „KrimiWelt-Bestenliste“. Ein gutes Zeichen. Darum auch jetzt hier ganz frisch, die besten Krimis für den Monat Juli 2005, ausgewählt von führenden Krimikritiker/innen.

Die KrimiWelt-Bestenliste ist eine Kooperation von ARTE, Nordwest Radio und Die Welt.

1. David Peace: 1974 (Vormonat 1. Platz)
2. Friedrich Ani: Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel (Neu!)
3. Fred Vargas: Der vierzehnte Stein (Vormonat 2. Platz)
4. Guillermo Martínez: Die Pythagoras-Morde (Vormonat 4. Platz)
5. Peter O’Donnell: Modesty Blaise – Die Klaue des Drachen (Vormonat 5. Platz)
5. Heinrich Steinfest: Der Umfang der Hölle (Neu!)
6. Iain Levison: Betriebsbedingt gekündigt (Neu!)
7. Tom Franklin: Die Gefürchteten (Vormonat 6. Platz)
8. Scott Bradfield: Gute Mädchen haben’s schwer (Neu!)
8. Ian Rankin: Das Souvenir des Mörders (Neu!)

Alle weiteren → Infos gibt es in wohlsortierter Weise bei unserem Lieblingsfernsehsender → arte.
Das Buch von Scott Bradfield liegt schon seit einigen Wochen auf meinem SUB und blinzelt mit verführerisch an. Ein Grund mehr, es jetzt zu lesen…

Die einsame Angst des Lesens Lesers

Lesen ist eine einsame Beschäftigung. Ein Beschäftigung, der ich am liebsten zu Hause nachgehe: In meinem Sessel, auf dem Sofa oder gut zugedeckt auf dem Bett. Wenn ein Buch – bei mir häufig ein Kriminalroman – gut ist, dann tauche ich für ein paar Stunden ab. Ich bin dann allein, mein einziger Kontakt zur Außenwelt sind die Worte des Autors oder der Autorin. Jetzt, wo der Sommer da ist, geben mir Freunde gerne den Rat, doch raus zu fahren, sich irgendwo auf die Wiese zu legen, die Sonne zu genießen und dabei ein Buch zu lesen. Ich habe das versucht – ich mag es nicht. Ich lasse mich zu schnell und zu leicht ablenken. Ich brauche zum Lesen Ruhe und vor allem Einsamkeit.

Selbst die drei, vier Seiten, die ich morgens in der U-Bahn lese, sind eigentlich verschwendet. Wenn ich abends zu Hause auf dem Sofa sitze und mein Buch wieder aufschlage, lese ich die in der U-Bahn gelesenen Seiten noch einmal. Eine schöne Verschwendung, der ich gerne nachkomme. Ich liebe auch die Einsamkeit des Lesens. Ich mag das Gefühl, bei mir zu sein und mich doch in fremden, neuen Welten zu bewegen. Am liebsten aber in der geborgenen Umgebung meiner Wohnung. Ein Stück Sicherheit, denn ich weiß beim Lesen ja nie, wohin mich der Autor oder die Autorin gerade schickt: Eine wilde Verfolgungsjagd durch eine Stadt, ein grauenhafter Krieg, ein Gang durch die stinkenden Gassen eines Molochs, eine beklemmende Situation in einem steckengebliebenen Fahrstuhl, kalte Räume in der Pathologie – es ist gut zu wissen, dass ich dann zu Hause bin. Das da ein Autor ist, der sich dies alles ausgedacht hat, hilft mir nicht wirklich. Der Gedanke kommt selten auf. Wie beim Fliegen, vor dem ich auch eine fürchterliche Angst habe. Sitze ich in so einer wackelnden Kiste, 10.000 Meter über dem Erdboden, kann ich mir auch hundertmal vorbeten, das Fliegen statistisch die sicherste Fortbewegungsart ist – es nützt mir nichts. Die Angst bleibt. Wie beim Krimilesen – wenn der Krimi gut ist. Die Angst bleibt. Wenn der Krimi sehr gut ist, dann bleibt die Angst da – selbst wenn ich das Buch schon vor Stunden zugeklappt habe.