Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Ein Bild zum Weglaufen

→ Tobias Gohlis steht ungläubig vor dem Buch „Trias“ von Marc Kayser. Also surfe ich auf die Seite des Autors und was sehe ich? Ein Bild, das mich nun schon seit Wochen verfolgt. Jeden Werktag und rein dienstlich. Das Krimimotiv des Jahres. Zum Weglaufen.

[mygal=zwillinge]

Wiederentdeckung eines Meisterdiebes

Die Gräfin von Cagliostro
Maurice Leblanc: Die Gräfin von Cagliostro oder Die Jugend des Arsène Lupin

Die frühe französische Kriminalliteratur hat hierzulande immer ein wenig im Schatten ihrer angloamerikanischen Schwester gestanden. Edgar Allan Poe, Arthur Conan Doyle oder Gilbert K. Chesterton und ihre Figuren scheinen präsenter zu sein als etwa Eugéne Sue oder Gaston Leroux. Auch Maurice Leblanc und sein Arsène Lupin standen im Bücherregal wohl eher in der zweiten oder dritten Reihe. Der Berliner Verlag Matthes & Seitz sorgt nun für Abhilfe und veröffentlicht einige Romane Leblancs neu. Von den bislang drei geplanten Büchern ist der erste Band „Die Gräfin von Cagliostro oder Die Jugend des Arsène Lupin“ im letzten Herbst erschienen. Ein gelungener Auftakt, denn Leblanc schrieb seinem Helden Lupin mit diesem Roman eine Jugendgeschichte, deren Lektüre lohnenswert ist.

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Der Preis des Bösen – Mehr zum „Ripper Award“

Ulrich Noller → macht sich ebenfall so seine (karnevalistischen) Gedanken zum „Ripper Award“. Und dann findet sich auch noch eine längere Abhandlung zum Thema bei → „kultur.macht.europa“. Da lesen wir dann diese Sätze:

„So ist der Ripper „geadezu sprichwörtlich geworden als Ikone unberechenbarer Gewalt und als erster international bekannter Serienmörder der Geschichte“, schreibt die Literaturwissenschaftlerin Susanne Scholz. Allerdings: „Wären da nicht die kollektiven Ängste und Phantasien, aber auch das ‚schmutzige Unterbewusste’ der viktorianischen Gesellschaft sowie die morbide Faszination der aufstrebenden Gerichtsmedizin (gewesen), hätte ‚Jack the Ripper’ nicht zur Projektionsfigur des Bösen werden können.“ Deshalb könne seine Geschichte „als beispielhaft für kulturelles Erzählen gelten“.“

Ja, gerade diese Ikonisierung ist doch das Fragwürdige an all diesen Serienmörder-Blutschmonzetten, die uns seit vielen Jahren überschwemmen. Serienmörder mögen für manche Leute Ikonen ein, für die einfacher gestrickten Gemüter auch Projektionsfläche ihrer Ängste. Aber man darf ja wohl mal nachfragen, wie die Opfer eine solche Ikonisierung sehen würden. Ein Krimipreis, der dann auch noch einen solchen Namen trägt, wird diese Tendenz zur Verklärung noch verstärken.

Warum ausgrechnet die Jack-the-Ripper-Geschichte „als beispielhaft für kulturelles Erzählen“ gilt, kann mir auch Frau Scholz in ihrem Aufsatz „Am Anfang war die Tat?“ nicht plausibel erklären. Kaum einer der literarischen Adaptationen der „Ripper“-Geschichte hat wirklich hohen literarischen Wert (Gegenbeispiele werden gerne genommen). Literarisch wesentlich wichtiger – gerade mit Blick auf die Entwicklung der Kriminalliteratur – waren und sind hingegen all jene Romane, die sich der Ikonisierung entziehen, von Jim Thompson über James Ellroy bis hin zu Derek Raymond. Und auch jüngere Autoren – etwa David Peace, Cathi Unsworth oder Rafael Reig – lehnen diese Ikonisierung ab oder schreiben gar gegen sie an.

Schwerwiegender als diese ästhetisch Bedenken sind jedoch die moralischen Einwände für einen solchen Preisnamen. Wenn „Jack-the-Ripper“ doch so eine „beispielhafte Figur des kulturellen Erzählens“ (bitte, was?) gewesen ist, warum benennen die Londoner zum Beispiel nicht Straßen oder Plätze nach ihm? Der „Ripper Award“ bleibt mit diesem Titel nichts anderes als ein Preis des Bösen. Eine kulturpolitische Dummheit und Peinlichkeit, für die – auch das sei noch einmal erwähnt – Steuergelder ausgegeben werden.

„Dear Boss“ – Neues zum „Ripper Award“

Lieber Boss Werner,

mir kommt ständig zu Ohren, die → „Welt“ hätte mich geschnappt, aber sie wird mich jetzt nur nicht erwischen. Ich habe gelacht wenn sie so schlau aussehen und darüber reden, sie wären auf der richtigen Spur. Dieser Witz über „Gratwanderung zwischen Realität und Fiktion “ hat mich richtig zum Lachen gebracht. Ich bin hinter Kunst her und ich werde nicht aufhören, sie aufzuschlitzen, bis ich geschnappt werde. Der letzte Job war großartige Arbeit. Ich habe den Preisverantwortlichen keine Zeit zum Kreischen gelassen. Wie können sie mich da schnappen? Ich liebe meine Arbeit und will wieder weitermachen. Sie werden bald von mir und meiner kompetenten Alleinunterhaltung hören. Ich habe etwas von der roten Fiktion vom letzten Job in einer Ginger Bierflasche aufbewahrt, um damit zu schreiben, aber es wurde dick wie Kleister und ich kann es nicht mehr benutzen. Rote Realität tut´s auch, hoffe ich, ha ha. Beim nächsten Mal schneide ich die Ohren der Dame ab und schicke sie den Kulturpolizisten, nur so zum Spaß, das würden sie doch auch tun, oder? Halten Sie diesen Brief zurück, bis ich noch ein bißchen mehr gearbeitet habe, dann geben sie ihn sofort heraus. Mein Messer ist so schön und scharf, ich möchte gleich wieder an die Arbeit gehen, wenn sich die Gelegenheit für mich bietet.
Viel Glück.

Ihr ergebener

Krimiblog-Alleinunterhalter

Macht ihnen doch nichts aus mir diesen Markennamen zu geben

PS: Habs leider nicht geschafft, den Brief zu veschicken, bevor ich die Realität von der Fiktion nicht unterscheiden konnte. Verdammt. Kein Glück bisher. Nun sagen sie ich wäre ein Konstrukt. ha ha.

Unter Verwendung der Übersetzung des „Dear Boss“-Briefes von „Jack the Ripper“. Übersetzung: Thomas Schachner

Blick in die katalanisch- und spanischsprachige Krimi(blogo)spähre

Da ja gerade die → BCNEGRA in Barcelona läuft, hier ein kurzer, unvollständiger Blick in die katalanisch- und spanischsprachige Krimi(blogo)sphäre.

→ „Negra y Criminal“ ist ein gut sotierter Internet-Buchshop mit einer schönen Webpräsenz. Die haben da auch ein hübsches Blog, das sich folgerichtig → El Blog de Negra y Criminal nennt.

→ „La Librería Estudio en Escarlata“ betreibt ebenfalls ein Online-Buchshop und ein → sehr lesenswertes Blog zum Thema populäre Literatur, wozu natürlich auch der Krimi gehört.

Hier im Krimiblog schon seit einiger Zeit verlinkt ist die → „Biblioteca la Bòbila“, die sich auf Kriminalliteratur spezialisiert hat. Auch dort betreibt man ein → eigenes Blog.

Sehr aktiv zeigt sich auch die → „brigada 21“, eine Vereinigung von Krimilesern und -kritikern (Jahresbeitrag: 30. – Euro), die unter anderem unregelmäßig ein kleines Magazin veröffentlicht (als PDF-Dokument auf der Seite verfügbar) und verschiedene Lesezirkel unterstützt.

Sehr schön im Netz aufbereitet ist auch die Zeitschrift → „La Gangsterera“, in deren aktuellen Ausgabe es um die Frauen im Krimi geht.

Um die kriminelle Damenwelt dreht es sich auch beim → „Club de Lectura Dames del Crim“, einer Gruppe von Leuten, die sich vor allem um eben Krimiautorinnen kümmert.

→ „La Balacera“ nennt sich ein regelmäßig gepflegtes Blog zum Thema Kriminalliteratur, das schon seit 2003 im Netz zu finden ist.

Recht jung hingegen ist → „Prótesis“, eine Zeitschrift, die sich um Krimi-Comics kümmert.

Sherlock Holmes hat natürlich auch in Barcelona seine Fans, wie → dieser Zirkel beweist. Um die Klassiker geht es auch auf dieser katalanischen Webseite.

Mariano Sánchez Soler betreibt die informative Seite → cosechanegra.com.

Um die Kriminalliteratur bemüht sich auch die → „Asociación Cultural Novelpol“ aus Gijón. Das ist die Stadt, in der auch die beliebte → „Semana Negra“ alljährlich stattfindet.

Sehr schönes Blog: → Sangre Polar.

Wem diese Links noch nicht reichen, der erhält → hier noch einmal eine umfangreiche Zusammenstellung von Links aus aller Welt.

P.S.: Und weil die Spanier bzw. Katalanen auch über den Tellerrand schauen, hier noch ein → Link in Richtung Italien.

Krimi & Humor: Erste Beiträge zum zweiten Krimi-Blog-Karneval

Blog Karneval LogoDie ersten Beiträge zum Krimi-Blog-Karneval sind da. Sehr schön. Es sind erschienen:

Damit können wir den Rosenmonat wohl gut überstehen. Weitere Beiträge sind natürlich herzlich willkommen. Der Krimi-Blog-Karneval läuft noch bis zum 24. Februar 2008. Wie das mit dem Krimi-Blog-Karneval funktioniert, kann man hier nachlesen.

Herzlichen Glückwunsch & ein Geschenk

Drüben beim → Hinternet, genauer → bei der Abteilung für Kriminelles zwischen zwei Buchdeckeln, die sich so nennt wie dieser hübsche Song von → Elvis Costello oder wie dieser → schicke Werbespot (der den gleichen Song benutzt) oder wie dieser → etwas merkwürdige Spielfilm, da feiern sie heute den 2.000 Beitrag und 6.000 Kommentare. Natürlich gratuliere ich artig. Und schenke ihnen dort noch ganz viele Links, wie zum Bespiel den Elvis-Costello-Song auf der → Ukulele (ein schönes Musikinstrument übrigens, leider ab und zu von Stefan Raab missbraucht), oder ein → Bericht über echte Detektive, eine → Studie in Film, eine → Fälschung, noch eine → Fälschung, einen → Klingelton und eine → Parodie.

Kritische Stimme zum „Ripper Award“

Es wird mehrstimmig: Aus den → leisen Stimmen, zu denen auch → meine gehört, werden erfreulicherweise mehr. Auch im Literaturblog → „Duftender Doppelpunkt“ gibt es → Widerspruch zu der Namensgebung des → „Ripper Awards“. Auch hier die klare Forderung an die Verantwortlichen, den Namen noch einmal zu überdenken. Leider hüllen sich die Verantwortlichen immer noch in Schweigen.

Update: Auch in der → „Netzeitung“ hat man es im „Anhang“ zumindest wahrgenommen.

Fortsetzung folgt…

KrimiWelt-Bestenliste für Februar 2008

kooppartner_krimiwelt_logo.jpgKommen jetzt die Russen? Nun, zwei Titel auf der aktuellen KrimiWelt-Bestenliste deuten darauf hin, dass die Kriminalliteratur das faszinierende Riesenreich im Osten für sich entdeckt. Nach wie vor auf Platz 1: Martin Cruz Smith mit seinem Roman „Stalins Geist“, der den Bogen von der Sowjetunion bis zum modernen und maroden Russland spannt. Auf Rang 4 findet sich Neuling Tom Rob Smith mit seinem Roman „Kind 44“, der vor und nach Stalin spielt. Neben spannenden Geschichten aus Russland findet sich erstmals – ich glaube es ist das erste Mal – ein japanischer Krimi auf der Liste sowie ein alter, neuer Roman von Peter Temple. Lesen Sie selbst.



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Nichts Neues vom „Ripper-Award“

Manchmal muss man einfach aufdringlich sein. Manchmal muss man sich auch wiederholen. Das kann nervig sein, ich weiß, und ich finde es auch nicht angenehm. Aber manche Dinge sind mir wichtig und sollen zumindest nicht ungesagt oder ungeschrieben verhallen. Zum Beispiel die geschmacklose Namensgebung des europäischen Krimipreises „Ripper Award“. Ich hatte mich vor knapp zwei Wochen dazu → in einem Blogbeitrag geäußert. Nun kann man darüber bloggen und zum Tagesgeschäft übergehen. Habe ich aber nicht getan. Ich habe am 10. Januar 2008 eine E-Mail an Frau Krauß und Herrn Dr. Knorr geschrieben. Beide haben an der Idee und dem Konzept des Preises mitgearbeitet, wie man der → entsprechenden Ausschreibung entnehmen kann. Hier ein Auszug aus meiner E-Mail:

Sehr geehrte Frau Krauß,
Sehr geehrter Herr Dr. Knorr,

auf der Internetseite autorennetz-nrw.de ist zu lesen, dass Sie als Organisatoren mitverantwortlich für Idee und Konzept des neu ausgeschriebenen Krimireises „Ripper Award“ sind. Daher wende ich mich an Sie. Es ist erfreulich, dass es einen solchen neuen europäischen Krimipreis geben wird. Entsetzt bin ich aber über die Namensgebung des Preises. Sie benennen einen Preis nach einem realen Serienmörder, der mindestens fünf Frauen bestialisch ermordet haben soll, wie ich der Begründung auf der Internetseite entnommen habe. Historiker und Kriminologen streiten immer noch über seine Identität, aber es ist doch gesichert, dass es ihn gegeben hat. „Jack the Ripper“ ist keine originäre Kunstfigur, vielmehr haben die realen Vorfälle Autoren zu Romanen und Erzählungen inspiriert.

Ich halte diese Namensgebung nicht nur für unglücklich, sie ist in meinen Augen geschmacklos und unsensibel. Ein Literaturpreis ehrt ja nicht nur die Autorin oder den Autor, die/der mit dem Preis ausgezeichnet wird, man würdigt durch eine solche Preisverleihung ja auch immer den Namensgeber, – sofern eine Person als Namensgeber für einen Preis ausgesucht wird. Sie kennen Preise wie den „Glauser“ oder die „Edgars“. Durch die jährliche Preisverleihung wird auch immer an das Werk des jeweiligen Autors – also Friedrich Glauser bzw. Edgar Allen Poe – erinnert und sein stilbildenden Einfluss auf die Kriminalliteratur gewürdigt.. „Jack the Ripper“ hingegen hat nie etwas getan, was Anlass zu einer Würdigung gibt. Er hat verabscheuungswürdige Taten begangen, die man nicht vergessen soll und die keine Grundlage dafür bieten, einen Preis nach ihm zu benennen. Ich möchte Sie also bitten über eine Namensänderung des Preises ernsthaft nachzudenken.

Es folgte noch die Frage nach einer Einwilligung, ob ich aus einer möglichen Antwort Auszüge hier im Blog veröffentlichen darf sowie die üblichen formalen Höflichkeiten.

Bislang gibt es nichts zu veröffentlichen, weil ich bis heute keine Antwort erhalten habe. Am vergangenen Freitag, dem 18. Januar 2008, habe ich noch einmal freundlich nachgefragt. Einen Tag später habe ich einen Artikel für → westropolis.de verfasst, der dort auch veröffentlicht wurde.

Wie heißt es so schön bei uns im Fernsehen: „Wir bleiben dran.“ Genau.