Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Gabriele Fauser gestorben

Wie die → Alligatorpapiere heute mitteilen, ist die Münchener Buchhändlerin Gabriele Fauser am Montagmorgen gestorben. Zusammen mit Monika Dobler betrieb Gabriele Fauser, die Witwe von Jörg Fauser, die → Krimibuchhandlung Glatteis in München. Ich habe Frau Fauser als eine sehr engagierte, kluge und lebensfrohe Buchhändlerin kennengelernt. Zudem kümmerte sie sich unermüdlich um den literarischen Nachlass ihres Mannes. Ihr Tod ist ein großer Verlust.

Therapie

Ja, ja, an so einem → trüben Montag helfen auch keine Antidepressiva, zumal viele von den bunten Pillen ja eh → wirkungslos sind. Auch Texte → wie dieser bringen leider nur wenig Licht ins Dunkel, verdeutlichen aber, dass eine überarbeitete Betrachtung des Kriminalromans dringend notwendig ist. Von der „Geschichtsschreibung“ des Genres mal ganz zu schweigen. Was also hilft einem notorischen Krimileser über das Stimmungstief hinweg? Vielleicht, dass der → Friedrich Ani eine Heimsuchung von Tabor Süden hatte? Oder das beim Syndikat jetzt auch die → Hölle bellt? Oder doch noch schnell in den Zug und ab nach → München?

Depressiver Montag

Trübsal überall: dpr → überfielen am Wochenende letzte Zuckungen. Selbst seine üblichen Frechheiten („Idiotenblog“, ja, das wäre ein schöner Name. Idiotenblog. Okay, mal drüber nachdenken. Oder lieber gleich Gastrezensent bei krimiblog.de werden?) sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Müde Zuckungen eben.

Allerdings: Im Vergleich zu → diesem Text, den einem der → unermüdliche Alligator auf den Bildschirm knallt, sind dprs Zuckungen ja wahre Lebensfreude. „Quo vadis Kriminalliteratur?“ – ein Interview von Ilona Mayer-Zach mit Dr. Richard Donnenberg. Der „Anlasskrimi“ – ich glaube, ich muss kotzen. Solcher gequirlter Schwachsinn versaut einem den Tag. Mehr „Hurz“ war selten.

Krimijahrbuch 2008 – so günstig wie noch nie

Nicht nur die preisbewusste Hausfrau und der pfiffige Sparfuchs werden sich freuen: Das Krimijahrbuch 2008 wird nicht 20, nicht 18, nicht 16 – nein noch nicht einmal 14 Euro kosten. Ganze 12 Euro muss man für das Werk auf den Tisch legen. Im April wird das in Fachkreisen als KJB bekannte Jahrbuch erscheinen und kann zum Beispiel → hier bestellt werden. Und da gibt es noch mal Rabatt: Wer dort direkt bis zum 30. März bestellt, bekommt das hübsche Büchlein für ganze 10. – Euro.

Also: Es gibt nun wirklich keinen Grund mehr, das KJB NICHT zu kaufen.

Ein Inhaltsverzeichnis gibt es übrigens hier, eine Leseprobe findet sich hier.

Roland oder Ronald?

Die Verwechslungsgefahr zwischen Ronald Schill, Hamburgs Ex-Innensenator, und Roland Koch, Ministerpräsident in Hessen auf Abruf, mag ja groß sein. Es kann auch sein, dass sich große Online-Qualitätsjournalisten dabei mal vertippen. Das nun aber so viele Journalisten diese „Bild“-Geschichte munter weiterplappern (z.B. hier, hier, oder hier), ohne wirklich nachzufragen ob überhaupt was an dieser Geschichte dran ist, verwundert doch. Erstens wird Schill hier in einer privaten Umgebung gefilmt und es ist nicht klar, ob er weiß, dass er gefilmt wird. Dann aber hätte er vermutlich gute Karten, gegen die Veröffentlichung und Verbreitung des Videos erfolgreich zu klagen. Zweitens kann man – rein hypothetisch- dem Herrn Schill alles zutrauen. Auch das Lancieren eines solchen Videos. Drittens: Who the fuck is Schill?

Krimi-Nostalgie und nackte Zahlen

Es scheinen längst vergangene Zeiten zu sein. Zufällig bin ich beim Surfen auf einen älteren Artikel aus der „Zeit“ gestoßen. → „Blut und Leichen zu kleinen Preisen“ heißt der, wurde von Ingeborg Zaunitzer-Haase geschrieben und ist 1971 erschienen. Eine zeitgenössische Bestandsaufnahme der Kriminalliteratur und ein kleiner Einblick in die Arbeit von Richard K. Flesch, dem damaligen Krimilektor bei Rowohlt, gerne auch als „Leichen-Flesch“ betitelt. Ach, was findet sich da:

„Überhaupt sind „Bestseller“ wie die Krimis des US-Autors Harry Kemelmann (Auflage über 250 000) oder des schwarzhäutigen Amerikaners Chester Himes (etwa 140 000) in dieser Branche selten. Meist drängen sich Erstauflagen unter 20 000 Stück in Kiosks und Buchhandlungen; Zweitauflagen sind schon Ausnahmen. Rororo druckt beispielsweise zuerst rund 17 500 Stück eines Titels, Goldmann „macht“ um die 15 000, Ullstein startet mit knappen 20 000 und Heyne findet seine Kostenrechnung bei etwa 16 000 Exemplaren.“

Und dann solche Einschätzungen, die wie ein fernes Echo klingen:

Heyne leidet zur Zeit ein wenig unter Profilneurose. Georges Simenons Kommissar Maigret bringt keine Massenumsätze. So wird viel mit neuen Autoren gearbeitet wie John Mac Donald, Robert Crawford, Michel Lebrun. Reihenchef Werner Müller-Reymann meint: „Wir leiden unter der Crux aller Verlage: Die Zeit der großen Kriminalautoren scheint vorbei zu sein.“

In Wahrheit ist nicht die Zeit, sondern die Gelegenheit vorbei: Als mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auch das Ende des Lizenzverbots anbrach, gab es für Krimiverlage selige Zeiten. „Wir hatten einen halben Meter Carter Brown“, erinnert sich Jutta Wannemacher, „heute sind die Reserven so gut wie aufgebraucht.“

So versucht Ullstein sich zu behelfen, indem in Doppelbänden ein bekannter mit einem noch unbekannten Autor zusammengebunden wird. „Aber“, sagt Frau Wannemacher, „Newcomer zu lancieren, ist ein schwieriges Geschäft.“

Es gibt auch nackte Zahlen:

„Von den Autorenhonoraren in der Taschenkrimibranche ist noch kein Schreiber reich geworden. Relativ am besten bezahlt Heyne: Seine Krimiautoren bekommen ungefähr 2400 bis 2700 Mark für 160 bis 180 Druckseiten. Dieses Honorar deckt eine Garantieauflage um‘ 20 000 Stück.

Goldmann pflegt ausländischen Autoren durchschnittlich 1350 für 15 000 gedruckte Exemplare zu zahlen. Geht das Buch so gut, daß sich ein Nachdruck lohnt — der bei mindestens 5000 Exemplaren liegt — so erhält der Autor weitere 8 bis 9 Pfennig für jedes Stück, das die Erstauflage von 15 000 überschreitet. Es gibt aber auch — meist unbekannte, deutsche — Autoren, die mit erheblich geringeren Honoraren vorlieb nehmen müssen. Einem jungen Mann beispielsweise, der kürzlich sein „Erstlingswerk“ offerierte, bot Goldmann für 260 Schreibmaschinenseiten ganze 500 Mark.

Ullstein zahlt seinen Krimiautoren rund 2100 Mark für bis zu 30 000 gedruckte Exemplare. Rowohlt-Honorare dürften etwa in der gleichen Größenordnung liegen. Desch gibt fünf Prozent des Verkaufspreises und zahlt bei Vertragsabschluß einen Vorschuß von tausend Mark. Faustregel und Durchschnitt aller Krimiverlage: 1500 Mark Honorar für je 15 000 Druckexemplare. Zahlungsweise: erste Hälfte bei Vertragsabschluß, Zweite Hälfte bei Erscheinen des Buches. Nebenrechte wie Einnahmen für Fernsehbearbeitungen oder Zeitungsvorabdrucke werden meist etwa im Verhältnis 50 : 50 oder 40 : 60 zwischen Verlag und Autor geteilt. Diese Nebenrechte gewinnen als Einnahmequelle ständig an Bedeutung.“

Dann gibt es noch einen schönen, langen Exkurs über ausländische Krimis, Übersetzungen, Agenturen und Titelfindungen. Krimimachen war eben schon damals kein leichtes Geschäft.

Ripper-Award: Die Halbherzigkeit der Organisatoren

Der Ripper-Award und sein merkwürdiger Name. Eine Geschichte für sich, wie man zum Beispiel → hier oder → hier nachlesen kann. Vereinzelt gab es auch von anderen Seiten Protest.

Jetzt aber wird es drollig. Die Begründung für die Namensgebung stand bis vor einigen Tagen auf → dieser Seite mit der URL http://autorennetz-nrw.de/mah3/html/modules.php? name=News&file=article&sid=307. Eine Version im Cache ist (noch) hier zu finden. Seit kurzem fehlt aber auf eben dieser Seite genau der folgende Abschnitt:

„Der Titel RIPPER AWARD basiert auf der Figur des historischen Jack the Ripper, der im Jahr 1888 im Londoner Stadtviertel Whitechapel mindestens fünf Frauen ermordete. 2008 – wenn das Krimifestival bereits zum Vierten Male stattfinden wird – jähren sich die Ereignisse um den historischen Fall zum 120 Mal.“

Hier nochmal die Screenshots der Seite vor und nach der Änderung.

[mygal=ripper]

Das nenne ich mal echte Halbherzigkeit. Zumal die später eingestellte → Ausschreibung in englischer Sprache (man will ja einen „europäischen“ Krimipreis vergeben) von Anfang an auf die Erklärung verzichtete. Und natürlich habe ich auf meine mehrfachen E-Mails an die Organisatoren bis heute keine Antwort bekommen.

Russland statt Ripper

Den besten Ruf genießt er nicht, der russische Geheimdienst → FSB. Für → reale und → fiktive Verbrechen bietet er reichlich Stoff. Nun → lobt der FSB einen → eigenen Kunstwettbewerb aus. In sechs Kategorien – „Fernseh- und Rundfunkprogramme“, „Schöngeistige Literatur und Journalistik“, „Musikkunst“, „Film für Kino und Fernsehen“, „Schauspielerische Leistung“ und „Bildende Kunst“ – können Beiträge eingereicht werden, die auf hohem Niveau die Tätigkeit der Sicherheitsorgane darstellten. Ist doch auch eine schöne Alternative zum „Ripper-Award“…

Wiesbaden – da guckst Du

Die (angeblich) besten Fernsehkrimis des Jahres soll es ab heute auf dem vierten Krimifestival in Wiesbaden geben. Mehr Infos gibt es → hier. Eröffnet wird das Festival mit der Verfilmung des Thrillers „Die dunkle Seite“ von Frank Schätzing. Unsere Wiesbadener Korrespondentin, → Frau Anobella, hat sich leider noch nicht dazu geäußert…

Leben schreiben

Mo Der Lebensroman des Friedrich GlauserFrank Göhre: MO – Der Lebensroman des Friedrich Glauser

Himbeersirupsätze. Manchmal ist es so ein Wort, das einem im Gedächnis bleibt. Ein Wort, das von Friedrich Glauser stammt oder stammen könnte. Der Hamburger Autor Frank Göhre lässt es in seinem Lebensroman „MO“ den Friedrich Glauser schreiben, in einer Tagebuchnotiz: „Die Wettbewerbsjury, die meine Geschichte abgelehnt hat, prämiert Himbeersirupsätze…“ Ob Glauser dies wirklich so geschrieben hat, könnte man überprüfen, in seinen nachgelassenen Dokumenten, in seinen Briefen, in seinen Notizheften. Aber überprüfbare Texte, Fakten oder Nachweise sind für den Romanbiografen Frank Göhre gar nicht so entscheidend. Göhre begegnet Glauser nicht als literaturwissenschaftliches Objekt, wie zum Beispiel Gerhard Saner, dessen 1981 erschienene Biografie akribisch den Lebenslauf des Schweizers mit Geburtsort Wien nachzeichnet, sondern Göhre sieht in Glauser einen – seinen – Zeitgenossen, einen Schriftstellerkollegen und vor allem einen Menschen, dem er sich literarisch annähert.
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