Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

You’re The Top

It's De LovelySo beginnt der Rosenmontag gut: Gleich zweimal Cole Porter. Auf „It’s De Lovely“ gibt es den „authentischen“ Porter. Zum Beispiel Porter himself gibt mit Vince Giordano and The Nighthawks „Anything Goes“ und „You’re The Top“ zum Besten. Ebenfalls hörenswert ist Sonny Rollins‘ Interpretation von „You Do Something To Me“. Als Anspieltipp für Rosenmontag dann aber doch Rosemary Clooney & Perez Prado, die den gleichen Song als Cha-Cha-Cha präsentieren. Jedenfalls knistert, rauscht und vor allem swingt es wunderbar.

De-LovelyEtwas gewöhnungsbedürftiger ist der Soundtrack zu dem Film „De-Lovely“, mit Kevin Kline als Cole Porter. Leute wie Robbie Willams, Alanis Morissette oder Sheryl Crow versuchen sich an den Klassikern. Sehr gelungen sind jedoch nur einige Songs, zum Beispiel die fetzige Einspielung von „Let’s Misbehave“ durch Elvis Costello. Eine kleine Perle ist auch Natalie Cole mit ihrer Interpretation von „Ev’ry Time We Say Goodbye“.

Und was hat das alles mit Krimi zu tun? Nichts, oder doch. Cole Porter hat die swingende Musik zu der Agatha-Christie-Verfilmung „Evil under the Sun – dt.: Das Böse unter der Sonne“ geschrieben. Schade, dass es diese Musik nicht auch auf CD gibt… Habe ich jedenfalls noch nicht entdecken können.

Krimipause

Ferne PalästeAbilio Estévez: Ferne Paläste (Los Palacios distantes)

Estévez Debütroman „Dein ist das Reich“ ist mir noch in guter Erinnerung. Darum nun etwas Ablenkung vom Krimi mit Estévezs zweiten Roman „Ferne Paläste“. Erwartung: Poetische Prosa, die der Klappentext verspricht:

“ Vor langer Zeit mag das Haus, in dem Victorio wohnt, ein Palast gewesen sein. Jetzt wird es eingerissen, bevor es von selbst zusammenfällt, und Victorio beginnt ein Leben als Vagabund in den Straßen von Havanna, die von Gewalt und Elend beherrscht sind. Immer wird er vertrieben von seinen Zufluchtsorten, bis er ein kleines Theater findet, das Don Fuco in Beschlag genommen hat, der altgewordene Clown, den er schon einige Male auf den Dächern der Stadt gesehen hat, wo er die einfachen Leute zum Lachen bringt, oder auf Beerdigungen, wenn er versucht, Trost zu spenden. Allmählich findet Victorio heraus, was es mit Don Fucos Theater auf sich hat: Überall stößt er auf die Spuren von Havannas einstigem Glanz, hier die Garderobe von Enrico Caruso, dort ein Requisit der Bernhardt, dort ein untrüglicher Beweis dafür, daß die Callas eben doch einmal in Havanna war. Selma, eine junge Prostituierte, gesellt sich zu den beiden, und gemeinsam entdecken sie, daß das Theater auch Bilder aus ihrem eige nen Leben bereithält, Gelegenheiten, Versäumtes nachzuholen und sich mit Verdrängtem zu versöhnen: ein Zauberort. Mit seinem zweiten Roman erzählt Est vez von einer anderen kubanischen Revolution, und in seiner Sprache vollzieht er sie zugleich – die Revolution der Poesie.

Mehr dann später
Abilio Estévez: Ferne Paläste / Roman. Aus dem Spanischen von Susanne Lange. – München : Luchterhand Literaturverlag, 2004. ISBN 3-630-87167-4
EST: Los Palacios distantes <dt.>

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Realitätscheck

Der Tod wirft lange Schatten „Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien, Serbien und der Rest des ehemaligen Jugoslawiens, Österreich, Schweiz und das Vereinigte Königreich. Nur die Deutschen träumten noch mit naiver Überheblichkeit davon, mit allem nichts zu tun zu haben: Krieg und Schmuggel, UN-Embargo und Profiteure, Geldwäscher, Menschenschleuser, Waffenhändler, Mafiosi, Banker und Politiker, Staatschefs und Kriegsverbrecher, echte und angebliche Ritter von Malta, echte und falsche Freimauer, und immer wieder alte Bekannte. Man blieb sich treu, und Triest war der Nabel der Welt – oder eben das Tor zum Balkan, auch für das Verbrechen.“
Veit Heinichen: Der Tod wirft lange Schatten, S. 133

Guter Jahrgang

„2004 war ein guter Jahrgang für den deutschen Krimi, egal was Wörtche, Gohlis und Co auch immer behaupten mögen! „
Marcus Starck, Jurymitglied für den Glauser 2005

Quelle: Marcus Starcks Blog

Na dann ist ja alles klar!
Ich freue mich.

Mehr zum Friedrich-Glauser-Autorenpreis gibt es übrigens hier

10. Todestag

Patricia Highsmith - copyright protected„Ich glaube, das Prinzip des ‘who-done-it’ ist eine dumme Art, sich einen Spaß mit Leuten zu erlauben“. – Patricia Highsmith

Sie galt als menschenscheu, liebte ihre Tiere und verweigerte sich dem Medienrummel. Für Patricia Highsmith waren Interviews schrecklich: „Ich weiß nur, dass es zwei Wochen dauert, sich davon zu erholen, so wie nach einem Autounfall“ hat sie einmal geschrieben. Zweifelnd betrachtete sie auch ihren Erfolg als Schriftstellerin und ihr eigenes Werk.

1921 in Fort Worth / Texas geboren, lebte sie nach der Scheidung ihrer Eltern zunächst bei ihrer Großmutter. Im Alter von sechs Jahren kommt sie zu ihrer Mutter Mary nach New York, die mittlerweile den Reklamemaler Stanley Highsmith geheiratet hatte. Ihren leiblichen Vater, der deutscher Abstammung war, lernte sie erst mit zwölf Jahren kennen.

Schon als Jugendliche begann sie zu schreiben, erste Geschichten veröffentlichte sie im „Barnard Quarterly“, der Studentenzeitschrift ihres College. Dort studierte sie neben Literatur auch Zoologie. Nebenbei belegte sie Kurse in Latein, Griechisch und Deutsch. Ein reges Sozialleben mit einer ganzen Reihe von lesbischen Freundschaften prägten ihr Leben zu dieser Zeit.

Nach ihrem Studienabschluß 1942 verdingte sie sich als Comic-Texterin. Endlich konnte sie aus der Enge der mütterlichen Wohnung ausbrechen und sich ein eigenes Appartement leisten. Erste Romane und Kurzgeschichten wurden von Verlagen abgelehnt. 1950 schließlich der Durchbruch: Alfred Hitchcock wurde kurz nach der Veröffentlichung ihres Romans „Strangers on a train“ (dt. „Zwei Fremde im Zug“) auf das Buch aufmerksam und erwarb für 6.800 Dollar die Filmrechte. Patricia Highsmith wurde berühmt und lebte fortan als freie Schriftstellerin.

Zwei Jahre später veröffentlichte sie unter dem Pseudonym Claire Morgan den Roman „The Price of Salt“ (Neuausgabe 1984 unter dem Titel „Carol“, auf deutsch erstmals 1990 veröffentlicht). Der Roman handelt von einer lesbischen Beziehung mit Happy End. Für die damalige Zeit eine Sensation: Wenn überhaupt Homosexuelle in Romanen auftauchten, büßten sie für ihre „unglücklichen Neigungen“ durch Selbstmord oder qualvolle Depressionen. Nach dem Erscheinen der Taschenbucheausgabe erhielt Patricia Highsmith viele Briefe, in denen ihr Lesben und Schwule für das Buch dankten.

Mit ihrem dritten Roman „The Blunderer“ (1954, dt.: Der Stümper) knüpfte sie wieder an ihr Thriller-Debüt an. In der Folge veröffentlichte sie alle ein bis zwei Jahre einen Kriminalroman. Privat führte sie ein Nomadenleben: Zunächst in Italien, lebte sie ab 1963 in England, ab 1966 in einem kleinen, französischen Dorf, bevor sie sich schließlich 1983 im Tessin niederließ. Ihre steigende Popularität als Schöpferin von psychologischen Krimis, darunter die bekannten „Ripley“-Romane, die besonders in Europa geschätzt wurden, steht im Gegensatz zu ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit. Je bekannter sie wurde, um so mehr zog sie sich zurück, umgab sich mit Katzen und Schnecken, deren Zweigeschlechtlichkeit sie faszinierte.

Auch ihr Interesse als Autorin galt gespaltenen Identitäten, zwanghaften Verhaltensweisen, vor allem aber den „kriminellen Anlagen und Möglichkeiten des Normalmenschen in der Gesellschaft“. Gerechtigkeit, wie sie im regulären „Whodonit“ vollzogen wird, ist für Patricia Highsmith kein Thema. So sind die meisten ihrer Romane keine Krimis im klassischen Sinn. Gelassen schildert sie ihre Figuren, erzählt von einem Frühstück genauso präzise und nüchtern wie von einem Mord und lenkt den Fokus auf die psychologischen Konstellationen. Die Aufklärung des Verbrechens interessiert sie nicht. Sie selber zählte den Roman „The Tremor of Fogery“ (1969, dt. „Das Zittern des Fälschers“) zu einem ihrer besten Bücher.

Zu Lebzeiten veröffentlichte Patricia Highsmith über 20 Romane, sieben Bände mit Kurzgeschichten sowie den Werkstattbericht „Plotting and Writing Suspense Fiction“ (1966, dt.: Suspense oder Wie man einen Thriller schreibt). Viele ihrer Romane wurden verfilmt, unter anderem von Wim Wenders, Claude Chabrol und Anthony Minghella.

Patricia Highsmith starb im Alter von 74 Jahren am 4. Februar 1995 in einem Krankenhaus in Locarno – wie die französische Zeitung „Le Monde“ vermeldete – an Krebs.

Seit 2002 veröffentlicht der Diogenes Verlag in Zürich eine Neuausgabe ihres Werkes. Bislang sind über 20 Romane und Kurzgeschichtensammlungen in neuer Übersetzung erschienen.

Marlowe lebt!

Edward II

‚My father is deceast, come Gaveston,‘
‚And share the kingdom with thy deerest friend.‘
Ah words that make me surfet with delight:
What greater blisse can hap to Gaveston,

Then live and be the favorit of a king?
Sweete prince I come, these these thy amorous lines,
Might have enforst me to have swum from France,
And like Leander gaspt upon the sande,
So thou wouldst smile and take me in thy armes.

Christopher Marlowe: Edward II.


Offenbar hat es der englische Dichter Christopher Marlowe (1564 – 1593) den Autorinnen (ach ja, die Damen) von historischen Krimis angetan. Gleich zwei Neuerscheinungen spekulieren – rein literarisch versteht sich – über das frühe Ende des Raufbolds und vermutlich homosexuellen Marlowe – ein Zeitgenosse von Shakespeare übrigens.

Marlowe CodeSo erschien im Januar Leslie Silberts Krimi „The Intelligencer“ unter dem deutschen Titel „Der Marlowe-Code“. Mrs. Silbert wird schon als der „neue Dan Brown“ angepriesen – was nichts Gutes erwarten lässt. Wie sich das für einen heutigen, historischen Krimi gehört, spielt der Roman gleich auf mehreren Zeitebenen. Klappentext: London 1593: Christopher Marlowe, genialer Dichter und kühner Spion, wird Opfer eines brutalen, ungeklärten Mordes.
New York 2003: Kate Morgan, Renaissance-Expertin und Ermittlerin mit Verbindungen zum Geheimdienst, übernimmt einen spektakulären Auftrag. Und erfährt am eigenen Leib, dass ein verschlüsselter Text aus dem 16. Jahrhundert tödliche Geheimnisse bergen kann…
Im Mai 1593 wurde Londons berühmtester Dichter bei einem Wirtshausstreit erstochen. War es Notwehr? Oder Mord? Ein Unfall, erklärte damals der königliche Leichenbeschauer, doch bis heute kursieren andere Gerüchte: Denn Christopher Marlowe war als Spion im Auftrag von Königin Elizabeth I. unterwegs.

Nun denn, klingt alles sehr nach Dan Brown, nach dem „Da-Vinci-Code“ nun also der „Marlowe-Code“. Demnächst dann der „Shakespeare-Code“, schön auf über 450 Seiten ausgebreitet …

Tamburlaine must die Wesentlich kürzer und knapper kommt da Louise Welshs „Tamburlaine Must Die“ daher, das im März unter dem deutschen Titel „Tamburlaine muss sterben“ bei Kunstmann mit gerade mal 120 Seiten erscheinen soll. Auch hier steht der gute Marlowe im Mittelpunkt, vielmehr seine letzten Tage. Klappentext: 1593 ist London eine aufregende, unruhige Stadt. Ein verzweifelter Ort, bedroht von Krieg und Pest. Fremde sind hier nicht willkommen, aufgespießte Köpfe grinsen von der Tower Bridge. Der Stückeschreiber, Poet und Spion Christopher Marlowe hat noch drei Tage zu leben. Drei Tage, in denen er mit gefährlichen Regierungsvertretern konfrontiert wird, die ihr eigenes Süppchen kochen, mit Doppelagenten, mit Schwarzer Magie, mit Verrat und Rachsucht. Drei Tage, in denen er den mörderischen Tamburlaine sucht, einen Killer, der seinem eigenen, äußerst gewalttätigen Theaterstück entsprungen zu sein scheint. „Tamburlaine muss sterben“ ist die abenteuerliche Geschichte eines Mannes, der Kirche und Staat herausfordert und entdeckt, dass es Schlimmeres gibt als die Verdammung.
Aha, ja. Gut. Ganz schön camp!

Als Ausgleich empfehle ich dann doch mal kein Buch, sondern einen wunderbaren Film: Derek Jarmans Adaptation von Marlowes Stück „Edward II.“ Eindrucksvoller, brisanter und aktueller.

Schwarze Romane

Dark ZoneMartin Compart: Dark Zone: Ein Noir-Reader
Comparts neuer Reader hat auf der Krimi-Couch zu einer interessanten Diskussion geführt. Wie schon im Vorgänger, Noir 2000 (DuMont, leider vergriffen), gibt es auch im neuen Reader so lustige Listen wie zum Beispiel „Die schlechtesten Verfilmungen von Noir-Romanen“ oder „10 Noir-Romane, die man gelesen haben sollte“. Nun, natürlich ist das nur Beiwerk, Auflockerungen zwischen düsteren Portraits und dem Schwerpunkt zu Alain Delon, der 2005 siebzig Jahre alt wird. Ein wenig befremdlich ist es schon, wenn Delon als Säulenheiliger des Noir-Films herhalten muss und augenzwinkernd als „Geschenk der Götter“ gefeiert wird. Aber gut, es wird Gründe dafür geben.
Wesentlich spannender war für mich Joachim Kalkas Beitrag über Gilbert Keith Chesterton (G.K. Chesterton – auteur noir. Ein kleiner Versuch, S. 112 – 125), der eine eigenwillige Tradition zwischen Chesterton und dem Noir-Film herstellt. Wo der gute Chesterton doch hierzulande vor allem als Erfinder von Father/Pater Brown gilt und wem kommen dabei nicht die wenig noirhaften Verfilmungen mit Heinz Rühmann in den Sinn? Auf jeden Fall ein interessanter Ansatz.
Lesenswert auch das Vorwort von Compart, in dem er (einmal mehr) auf die Verlage einschlägt.

Die Hoffnung, dem Noir-Liebhaber (wenn er denn noch nicht ganz zur fremdsprachigen Lektüre abgewandert ist, wovon die immer umfangreicheren Angebote nicht nur in Krimi-Buchhandlungen künden) ein paar neue Lesevergnügen zu bereiten oder einenen neuen Autor oder Film entdecken zu lassen, hat die Produktion dieses Buches motiviert. Der gute Verkauf des ersten Noir-Readers (trotz aller Schwierigkeiten) war für ein sekundärliterarisches Buch fast sensationell. Was beweist, dass die Verlage eine potente Kundschaft und ein großes Potential nicht nutzen, dafür aber gerne darüber jammern, dass der sogenannte Mittelbau (Bücher, die sich ständig aber nicht bestsellermäßig verkaufen) weggebrochen sei. Dabei wäre alles so einfach: Rückkehr zu den Reihen, die jeder Leser sofort identifizieren kann. Reihen mit skandinavischen Psychokrimis, Reihen mit Detektivromanen, Reihen mit historischen Krimis, meinetwegen auch Reihen mit Weichspülgeschichten mit ein wenig grüner Sozialkritik und Kommissarinnen mit Menstruationsbeschwerden… Aber, zum Teufel, auch Reihen mit harten Polit-Thrillern und Noir-Romanen, die belegen, das unsere Zivilisation auf Kains Mord aufgebaut ist.
Martin Compart

Quelle: Martin Compart (Hrsg.): Dark Zone – Ein Noir-Reader. – Erkrath : Strange Verlag, 2004. – ISBN 3-89064-818-5

Ob es wirklich so einfach ist? Krimis in entsprechende Reihen zu packen und schon finden die richtigen Bücher zu den richtigen Lesern? Die Diskussionen der letzten Zeit zeigen doch, dass die Grenzen fliessend sind. Was neue Autoren angeht: So neu sind die im Buch besprochenen Autoren nun auch wieder nicht. Zu den Filmen will und kann ich nichts sagen. Trotzdem: Comparts Reader ist ein kluger, schwarzer Schmökerspaß, für Leute, die es im Kriminalroman gerne härter und dunkler haben möchten.

Was mir allerdings auffällt (schon beim ersten Noir-Reader), dass Compart relativ wenig französischsprachige Autor/innen bespricht. Was ist mit Jean-Patrick Manchette oder Jean-Bernard Pouy, die im Distel Literatur Verlag erscheinen. Gerade die Programmarbeit dieses Verlages zeigt doch, dass es gute Noir-Literatur auch in deutscher Übersetzung gibt. Auch der kleine Assoziation A Verlag aus Berlin baut gerade eine neue Noir-Reihe auf. So düster sieht es also vielleicht doch nicht aus für die schwarzen Romane.

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Krimikritiker

„Kriminalromane zu rezensieren ist ein einsames Geschäft. Mehr noch als der gewöhnliche Literaturkritiker verortet sich der professionelle Leser von Spannungsliteratur abseits der krimikonsumierenden Massen. Die lesen nämlich weiter Donna Leon, mag er auch noch so oft Magdalen Nabb oder Michael Dibdin als bessere Alternativen empfehlen. Das schmerzt ihn, stärkt aber auch sein Selbstbewusstsein.“
Joachim Feldmann

Quelle: Mord & Totschlag 45. Von Joachim Feldmann. Am Erker. Zeitschrift für Literatur

Schlechte Aussichten für das Böse

Schön, die Alligatorpapiere informieren wieder über Neuigkeiten, wenn auch noch etwas angeschlagen. Gute Besserung!
So stolpere ich über einen Bericht in der taz, in dem Carsten Würmann über die Tagung „Wiederkehr des Bösen? Der Kriminalroman auf neuen Wegen“, in der Evangelischen Akademie Iserlohn berichtet. Neuigkeiten: So gut wie keine. Krimiautoren pochen darauf, dass Krimis jahrelange Recherche und Vorarbeit brauchen. Der Soziologe Otthein Rammstedt sieht den Krimi dem Geist der Zeit verpflichtet und Sigrid Thielking erklärt, dass der Krimi aktuelle Phänomene und Probleme aufnehme. Besonders traurig stimmt mich aber der letzte Absatz:

„Gefragt seien Krimis mit Mehrwegfunktion, die wie beispielsweise der historische Krimi Spannung mit Wissensvermittlung verknüpften. Subgenres wie der düstere Roman noir oder Politthriller treten hinter Plots zurück, wie sie etwa der Bestsellerautor Jacques Berndorf in seinen Eifel-Krimis liefert: Alltag mit Haustieren, Heimat und Natur, die vom Auto aus genossen werden kann, das rechte Maß an Liebe und Erotik und aufrichtige Männerfreundschaft, die höchstens einmal durch Ermittlungsprobleme getrübt wird. Was das nun über die bundesdeutsche Gesellschaft aussagt, dürfte auf folgenden Konferenzen hinreichend geklärt werden.

Quelle: Dem Geist der Zeit verpflichtet. Von Carsten Würmann. taz

Mehrwegfunktion (ein grausliches Wort) also, Spannung und Wissensvermittlung. Wo bleibt da die Literatur? Kriminalistische Texte haben Funktionen zu erfüllen, zeigen, wie gut oder schlecht der Autor / die Autorin recherchiert hat. Mehr nicht. Das Krimis durchaus Wissen vermitteln können, keine Frage. Aber was ist mit Stil, mit dem Sprachumgang, mit Schnitttechniken, Anordnung von Plots? Hier wird ein Genre auf formale Attribute reduziert. Wenn Würmann am Anfang seines Artikels dann auch noch die bekannten Autor/innen nennt, die Millionen-Auflagen erreichen (Dan Brown, Donna Leon, Henning Mankell, Elizabeth George), dann weiß man, woher der Wind weht. Das Autor/innen, die eben nicht in diese Schubladen passen, es schwer haben, wusste ich schon vorher. Trübe Aussichten für den Kriminalroman, jenseits der Bestsellerlisten.

Tod in Triest

Der Tod wirft lange SchattenVeit Heinichen: Der Tod wirft lange Schatten

Zum vierten Mal führt Veit Heinichen seine Leser nach Triest. Sein nicht gerade sympathischer Kommissar Laurenti wird wohl einiges zu tun bekommen, so mein Eindruck nach den ersten Seiten. Gleich am Anfang eine Vergewaltigung, dann eine verpatzte Dokumentenübergabe (vermutlich von Erpressern), wilde Verfolgungsjagd mit anschließender Einschüchterung einer Frau… Obwohl der Roman im Mai spielt, herrscht gleich zu Beginn eine drückende, düsteres Stimmung. Durchaus spannend, deshalb erstmal genug, es wird weiter gelesen.

Veit Heinichen: Der Tod wirft lange Schatten / Roman. – Wien (u.a.) : Zsolnay, 2005. – ISBN 3-552-05313-1
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