Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Blog-Liste

Bei Toms Krimitreff gibt es ganz aktuell eine kommentierte Liste mit Blogs von Autoren, darunter auch einige Krimiautoren, und anderen, literaturinteressierten Menschen. Wer also stöbern möchte, diese Liste gibt einen guten Einstieg, gerade für krimilesende Menschen. Aber Vorsicht! Blogs sind untereinander verlinkt und schon surft und liest man stundenlang umher und verliert sich in ganz andere, fremde Welten. Also, bringt viel Zeit mit!

P.S.: Ausdrücklich empfohlen seien aber auch die Blogs, die hier in der rechten Spalte verlinkt sind 😉

P.P.S.: Eine ganz wichtige Ergänzung zu den Blogs. Der Ende November verstorbene Joseph Hansen führte ein halbes Jahr vor seinem Tod ebenfalls ein hochinteressantes Internet-Tagebuch.

Aufgeklärt

Bei dem Roman „Hotel Terminus“, welchen ich vorgestern vorgestellt habe, handelt es sich also nicht um eine Fortsetzung vom „Gipfeltreffen“ und hat auch eher nichts mit dem irischen Roman „Yeats is dead“ zu tun. Es handelt sich vielmehr um ein „Hotel-Roman“ als Krimi. Nun gut, konnte ich nicht wissen – weil „Hotel Terminus“ gibt’s ja noch nicht. Allerdings ist es ja nicht alltäglich, dass gleich ein ganzes Dutzend von Krimiautor/innen sich zusammen an eine Geschichte begeben.

Ein ähnliches Hotel-Projekt gab es aber – so weit ich mich erinnere – auch schon mal in Deutschland, mir fällt es nur gerade nicht ein….

Wer weiß, vielleicht wagen sich die Krimiautor/inne ja auch einmal an eine Sache wie „React Hamburg“

Betrachtungen von „Leichenflesch“

Der Autor (Species Germaniae) liegt in seiner Selbsteinschätzung etwa zwischen Shakespeare, Homer und – wegen der Auflagenhöhe – Konsalik. Er betrachtet sich als unterbezahlt und ausgebeutet; er leidet darunter, nicht in lindgrünem Maroquin mit Goldschnitt publiziert zu werden und fordert dem Verlag infolgedessen ein hohes Maß an Streicheleinheiten ab. Wer ihn als Lektor betreut, braucht eine gediegene Kindergärtnerinnenausbildung. Auf verlagsseitige Änderungsvorschläge an seinem Manuskript reagiert der Autor wie eine tropische Orchidee auf minus 17 Grad (Wird das Buch ein Renner, dann trotz, liegt es wie Blei, wegen der Änderungen). Bei Erscheinen des Werkes (Taschenbuch, 128 Seiten) verlangt er ganzseitige Anzeigen in ZEIT, SPIEGEL, STERN, FAZ, Süddeutsche Zeitung, Trierer Bistumsblatt, Playboy und den HOREN. Den (vertraglich vereinbarten) Verlagsanteil an Nebenrechtserlösen schätzt er ein wie die Vergewaltigung einer Dreizehnjährigen. Auf der Frankfurter Buchmesse sinkt er dem Verleger mit einem gehauchten „lieber Meister“ (….) an die Brust.
Richard K. Flesch – Miszellen zum Thema Kriminalroman

Rezension wird im Genre Kriminalliteratur in der Regel von Leuten besorgt, die, etwa in der Obersekunda, einen Roman von Christie gelesen haben und sie späterhin hartnäckig mit Raymond Chandler verwechseln. Die weitere Entwicklung der Gattung haben sie nicht mehr verfolgt, und wenn sie sich trotzdem an Sjöwall/Wahlöö herantrauen, oder an Boileau/Narcejac, dann scheitern sie häufig an der richtigen Schreibweise der schwierigen Namen. Sie lesen das jeweilige Buch diagonal und/oder nur zur Hälfte und kommen so zu schlüssigen und profund-oberflächlichen Fehlurteilen.
P.S.: Es gibt hierzulande auch ein paar blitzgescheite Leute, die mit Sachverstand und Detailkenntnis Kriminalroman-Rezensionen schreiben, die diesen Namen verdienen und die Blätter gefunden haben, in denen ihr Votum nicht redaktionell verstümmelt wird.

Richard K. Flesch – Miszellen zum Thema Kriminalroman

Die Leser: Es gibt welche, die behaupten, sie läsen NIE Kriminalromane. Das sind meistens Leute, bei denen sie im Bücherschrank hinter Grass, Böll und Konsorten in der zweiten Reihe stehen. Es gibt andere, die lesen NUR Krimis. Sie geben’s im allgemeinen auch freimütig zu; allerdings sind unter ihnen immer mal welche, die bei der Erwähnung des Namens Kierkegaard unbefangen fragen: „Ach, ist das nicht der Schwede, der Boris Becker geschlagen hat?“
Wieder andere erholen sich bei einem Krimi vom letzten Sartre, nur mal so zwischendurch – im Jet (bis New York reicht bei mittlerer Lesegeschwindigkeit ein Band für DM 4,80, bis Chicago ist DM 5,80 empfehlenswert), am Urlaubsstrand, im Bett vor dem Einschlafen, wobei allerdings ein wirklich rundum guter Krimi manchmal unzweckmäßig ist. – Im Grunde ist davon auszugehen, daß im statistischen Durchschnitt alle Leute – ab und zu, anfallweise, überwiegend – Kriminalromane lesen, Anachoreten und Stigmatisierte möglicherweise ausgenommen.

Richard K. Flesch – Miszellen zum Thema Kriminalroman

Schmunzeln

Blog-Wars Episode IV heißt der neuste Eintrag bei Marcus Starck. Ich weiß zwar nicht, wie der gute Marcus auf Episode IV kommt, aber gut. Und er hat es erkannt: Ich bin ein ganz freundlicher und netter Mensch (meistens jedenfalls)! Das möchte ich nur klar stellen, weil Marcus offenbar einen ganz eigenwilligen und eingeschränkten Eindruck von mir hat:

„Wahrscheinlich ist genau das der Grund für Ludgers Anflug von Positivität. Es liegt ihm noch kein Text vor, den er irgendwie kritisieren könnte. Verwunderlich wenn nicht inkonsequent ist, dass er, der sonst kein gutes Haar am deutschen Krimi lässt, hier auf ein Buch hinweist, das von zwölf deutschen Krimiautoren geschrieben wurde.“

Tja, offenbar hat er zum Beispiel meinen Eintrag zum Deutschen Krimipreis nicht gelesen, wo ich mich sehr erfreut über die Vergabe an Astrid Paprotta gezeigt habe.

Noch verwunderlicher wird das alles, wenn man bei Marcus mal auf die Seite schaut, wo er präsentiert. Was entdecken meine müden Augen dort:

„Faszinierend an Starcks Roman ist die genaue Wiedergabe der Mechanismen, der scharfe Blick hinter die Kulissen, aber auch das Offenlegen der Gier, die dieses Schmierentheater erst ermöglicht. Dabei erzählt Starck seine Geschichte sachlich und realitätsnah, er baut eine gute Portion Spannung auf, die den Roman zu einem Pageturner werden läßt.“

Muss wohl an meiner Inkonsequenz gelegen haben.

Zwei Sachen noch für das Protokoll:

1. Das ich ständig mit einer angeblichen Wörtche-Proskynese koketiere, stimmt nicht, ich habe es bisher erst einmal erwähnt.

2. Was Marcus in seinem „Gegenangriff“ verschweigt: In meinem letzten Beitrag habe ich einfach auf die Tradition hinweisen wollen, in der das kommende Buch „Hotel Terminus“ steht. Das war ganz freundlich gemeint. Weil ich eben auch ein freundlicher Mensch bin.

Tradition

Hotel TerminusWeil mir ja immer wieder vorgeworfen wird, ich sei so negativ (bin ich gar nicht) hier ein ganz freundlicher Hinweis auf ein Krimiprojekt. „Hotel Terminus“ heißt der Roman, an dem 12 Autorinnen und Autoren gemeinsam geschrieben haben. Veröffentlicht werden soll das Buch im März beim Aufbau-Verlag Einen ersten Einblick gibt es auf der oben verlinkten Website, die als Blog gestaltet ist. Mit dabei sind Regula Venske, Silvia Kaffke, H.P. Karr, Edith Kneifl, Ralf Kramp, Christine Lehmann, Birgit H. Hölscher, Horst Eckert, Roger M. Fiedler, Peter Zeindler, Jürgen Alberts und Walter Wehner.

Die Zwölf knüpfen damit an eine Tradition an, die schon 1931 durch den sogenannten „Detection Club“, wenn man will eine Art englischer Vorläufer des deutschsprachigen Syndikats, begonnen wurde. „The Floating Admiral“ hieß der Roman, der gemeinsam von 14 Autoren geschrieben wurden. Mit dabei waren Dorothy L. Sayers, G.K. Chesterton, Canon Victor L. Whitechurch, G.D.H., M. Cole, Hentry Wade, Agatha Christie, John Rhode, Milward Kennedy, Ronald A. Knox, Freeman Wills Crofts, Edgar Jepson, Clemence Dane und Anthony Berkeley. Die deutsche Ausgabe erschien leider erst 1983 zum ersten Mal unter dem Titel „Die letzte Fahrt des Admirals“, das Buch ist momentan wohl vergriffen und nur im Antiquriat zu bekommen.

Yeats ist TotDie Idee, gemeinsam an einem Roman zu schreiben, hat dann bei deutschsprachigen Autoren für immer wieder neue, gemeinsame Projekte gesorgt. So erschien 1999 zum Beispiel das Buch „Die allerletzte Fahrt des Admirals – 9 Autoren überführen eine Leiche“, 2000 folgte der Roman „Gipfeltreffen“ und nun steht also das „Hotel Terminus“ an.

Auch irische und englische Autoren haben diese Tradition fortgeführt. 1988 erschien der Roman „Yeats is Dead!“, an dem 15 Autoren mitgeschrieben haben, darunter Roddy Doyle, Joseph O’Conner und Frank McCourt. Die deutsche Übersetzung wurde 2001 unter dem Titel „Yeats ist tot!“ erstmals verlegt. Das Schöne an diesem Buch (nicht nur, dass es spannend zu lesen ist): Alle beteiligten Autoren spendeten ihre Tantiemen Amnesty International.

Danke, Darja!

War doch mal wieder nett! Wenn nur dieser merkwürdige Hund nicht gewesen wäre…. See you

In & Out

Blogs sind geschwätzig. Ich nehme mich da gar nicht aus. Ein wenig hier pallavern, ein wenig dort quatschen – manchmal ist es nett, manchmal langweilig. Manchmal aber ist es auch einfach unsinnig, wie der neueste Beitrag in meinem derzeitigen Lieblingsblog zeigt. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Marcus Starck im fernen Australien einen großen Nachholbedarf hat.

Natürlich möchte mancher Blogger Themen setzen – auch Kritiker und Leser sind immer wieder auf der Suche nach „neuen“ Tendenzen: Was ist gerade angesagt? Historische Krimis? Der Mix aus Historie und Gegenwart, wie es Brown und Co. machen? Serienmörder im neuen Gewand? Kinderschänder? Kommt nach der Schweden-und Skandinavien-Welle vielleicht die Asien-Krimi-Welle? Wie sieht es mit dem Öko-Thriller aus? Folgen Herrn Schätzing viele neue Klone?

Natürlich ist auch wichtig, was vielleicht gerade „out“ ist: Wer liest noch Regiokrimis? Haben die Schweden ausgewalandert? Noch wichtiger sind diese Fragen vielleicht für Autoren, weil, wenn Mann/Frau da den richtigen Zeitgeist trifft, kann er/sie ganz schnell viele Bücher verkaufen. Definitiv „out“ ist aber die Frage, ob Männer oder Frauen die bessern Krimis schreiben. Weil’s einfach ’ne dusselige Frage ist, die noch nicht einmal ironisch gemeint irgendeine Bedeutung hat.

Klare Ansage

Entweder auf die Tränendrüse drücken oder Angriff auf’s Zwerchfell. So geht es wieder vor- und vor allem aufwärts. Einfache Strategie – ob’s was nützt?

Aufgewärmt

„Glauser vs. Deutscher Krimipreis“ heißt der neueste Eintrag von Herrn Starck (dass ist der mit „SexDotCom“, jenem Insider-Krimi-und-Hau-Drauf-und-vielen-Ferkeleien-Bericht aus der schmutzigen Welt der New Economy und der noch schmutzigeren Welt des Porno-Business, welches so gerne ein Skandalbuch gewesen wäre, es aber leider knapp verpasst hat, weil sich nur ein paar geprellte Anleger des darin skizzierten AdultShop wirklich darüber aufgeregt haben, den meisten Krimilesern aber schlicht egal war), der nach seinem Debüt in diesem Jahr in der Jury des Glauser-Autorenpreises 2005 sitzt und somit über die Vergabe des „Glausers“ entscheidet. Nun wärmt Starck eine Diskussion auf, die es schon im letzten Jahr gab (siehe hier und hier) und die schon damals keinen wirklich interessierte. Schon allein der Vergleich zwischen einem Kritikerpreis und einem Autorenpreis ist dummes Zeug, es sind die berühmten Äpfel und Birnen – oder Affen und Bananen, wie es Herr Starck in einem Anflug von Erkenntnis selbst bezeichnet. Ansonsten rennt Herr Starck (der ja eigentlich in Australien lebt und sich vielleicht mal die dortige Krimiszene angucken sollte) die bekannten offenen Türen ein, die Jan Christian Schmidt schon im letzten Jahr skizziert hat.

Wie dem auch sei, Marcus Starck ist in diesem Jahr in der Jury, scheint sich aber seines Urteils schon im Vorfeld nicht sehr sicher zu sein.

„Im Gegensatz zum DKP müssen die Verlage ihre Bücher einreichen. (Nur so nebenbei, weder Piper reichte Astrid Paprottas ›Die ungeschminkte Wahrheit‹ (Rang 1 DKP) noch Kiepenheuer & Witsch, Frank Schätzings ›Der Schwarm‹ (Rang 2 DKP) für den Glauser ein.)
Marcus Starck: Glauser vs. Deutscher Krimipreis

Es sind also die Verlage, die gepennt haben, deshalb kein Glauser für Paprotta, kein Preis für Schätzing. Schon mal auf die Seite von Astrid Paprotta, der Siegerin des DKPs geschaut? Was findet sich da unter den FAQ

„Weitschweifig und von eigener Wichtigkeit beseelt über die eigenen Bücher zu parlieren, liegt mir nicht. Ich trete auch nirgendwo ein, warum sollten sich beispielsweise die Farbe Blau liebende Menschen in einer Vereinigung der Farbe Blau liebenden Menschen zusammenschließen? Nur weil es dämlich ist.
exit

Astrid Paprotta

Es sage keiner, dies sei kein Argument, warum Frau Paprotta offensichtlich nix mit einer Vereinigung Namens „Syndikat“ zu tun haben will und somit für den Glauser nicht in Frage kommt.

Was wird also dieses Jahr passieren? Nichts. Irgendwann im März oder April kommt die Liste mit den nominierten Krimis für den Glauser und etwas später dann die Liste mit den Gewinnern, die dann während der Criminale im HSK ausgezeichnet werden. Schön für die Autoren und Autorinnen – die meisten Krimileser werden es achselzuckend zur Kenntniss nehmen (wenn überhaupt).

Kriminalliteratur hat in Deutschland eben keine Lobby (bis auf ein paar Leute, die sich wirklich damit auseinandersetzen) und wie Thomas Wörtche es formuliert hat „keine Tradition“. Krimi bedeutet in diesem Lande eben immer noch Agatha Christie, Martha Grimes, Dan Brown oder Leslie Silbert (der neue Shooting-Star). Da kann man noch soviel Event betreiben. Es interessiert nur ganz wenige Leute. Das darum solche Preise kaum wahrgenommen werden (mal ehrlich, wer hat die Gewinnerin vom letzten Jahr noch auf der Reihe?) – wen wundert es?

Also „Alles Scheiße, oder was?“ wie es Herr Starck formuliert?. Jein: Schade, dass es immer noch keine wirklich breite Krimikultur in diesem Lande gibt. Aber es gibt die Nischen, die feinen, kleinen Ecken und Plätze, engagierte Verlage wie Distel oder Pulp Master (in dem Herr Starck erscheint), es gibt die Alligatorpapiere, es gibt die klugen Buchhändler/innen, wie Frau Fauser in München oder Herrn Sarrazin in Köln, und es gibt auch immer wieder gute, neue Autor/innen. Man muss sie nur suchen. Das bedeutet Arbeit und dafür sind die meisten Krimileser einfach zu bequem. Gute Kriminalliteratur muss auf Widerspruch stoßen, muss die Konfrontation suchen, unbequem sein. In Zeiten, die von vielen Menschen als immer härter empfunden werden (unabhängig ob dies objektiv zutrifft), sehe ich gute Chancen für solche Bücher.

Wahl-Krimi

In den nächsten Tagen steht leider kein Krimi an und auch Estévez wird nur in kurzen Abschnitten gelesen (was ich nicht mag). Im nördlichen Nachbarland steht mal wieder eine Wahl an. Die Menschen hinterm Deich können sich dann entscheiden ob sie eine Kaffeekannensammelnde und krimilesende (!) Landesmutter für weitere fünf Jahre haben wollen, oder ob es doch der kernige Bauer aus Friesland richten soll. Ein liberaler Schönling will auch mitmischen, genauso wie eine grüne Juristin, die ja eigentlich aus einem ganz anderen Land kommt. Es soll spannend werden, weil der kernige Bauer lange in den Umfragen führte, aber dann wendete sich das Blatt und nun hat die krimilesende Landesmutter gute Aussichten. Ach, und dann gibt’s da noch die Dänen…

Schön übrigens, dass mir gerade der Ordner auf unserem Server abgerauscht ist, auf dem ich brav meine ganzen Bildchen gespeichert hatte. So ein Mist – zwei Stunden Photoshop-Gewerkel umsonst… Grrrr.