TagesSatz: Nur hungernde Autoren können gute Autoren sein
vom Krimiblogger
»Wenn der Literatur nutzt, was den Schriftstellern schadet, dann, liebe Förderfunktionäre und kuchenverdrückendes Literaturhauspublikum: Schadet den Schriftstellern! Hungert sie aus! Macht sie wütend! Was entsteht, wenn unsere brillantesten Autoren auf ihre Worte zurückgeworfen sind, wenn sie Sätze, Bücher, Plots als Waffen im Diskurskrieg begreifen, wenn sie gegen die kaum weniger gewordenen Verlogenheiten des heutigen Staates anschreiben, ungebunden, ungesichert, im Geist des Partisanen – was dann entsteht, das ist es, was wir lesen wollen und was das Zeug hat, die Zeiten zu überdauern. Der Schriftsteller als spürbares Gegengewicht, nicht als Pokalentsorgungscontainer an der Autobahn nach Bad Gandersheim.«
Oliver Jungen in seinem Pamphlet: „→ Autorenförderung? Hungert sie aus!“ in der FAZ
Kommentare
Richtig. Bei Hamsun konnte man ja sehen, wie gut es geworden ist. (Aber das soll ja auch nicht mehr alles stimmen, wie ich gelesen habe.) Ebensowenig wie es stimmt, dass die Autoren überfüttert sind.
Grüße von Henny
Hallo Henny,
eine extreme Ansicht, die Oliver Jungen da vertritt. Und das immer wieder der arme Kafka als Beispiel für leidende Autoren vorgeführt wird (schließlich hat er zu Lebzeiten ja nur wenig von seinem Erfolg als Schriftsteller gehabt), sehe ich auch nicht als tolle Argumentation. Man könnte jetzt reichlich Beispiele finden von Autoren (angfangen bei Goethe bis hin zu Thomas Mann), die rein materiell nicht gerade schlecht gestellt waren und dennoch gute Literatur geschrieben haben.
Wo Jungen sicher in die richtige Richtung weißt, ist die Schwemme von Literaturpreisen, um die es ja in seinem Artikel geht.
Liebe Grüße
Ludger
Natürlich wird die Fülle der Literaturpreise auf Dauer etwas unübersichtlich. Doch können Autoren – außer bei den großen Preisen und Dotierungen, von denen es soviele denn auch nicht gibt – davon ihren Lebensunterhalt und damit ihre Arbeit finanzieren ? Nein, Literaturförderung und Preise sollten, müssen sein, denke ich. Probleme habe ich eher mit der zunehmenden Schwemme massenkompatibler und auf Konsum ausgelegter Bücher, die ja auch nicht wenig zu der alljährlichen Überflutung durch Neuerscheinungen beitragen. Weltweit wird das Literaturgeschäft immer kommerzieller, während Anspruchsvolleres weiter in den Hintergrund und in die Nischen gedrängt wird. Was – gerade bei der zunehmenden Zahl von Filialisten – als Stapeltitel nicht taugt, gerät inzwischen schnell aus dem Blick und könnte, im Falle die Buchpreisbndung fiele, woran ja viele kräftig arbeiten, in einer hochpreisigen Luxusnische enden, ohne daß aber die Entlohnung des Autors dadurch merklich anstiege. LG tinius
Hallo tinius,
bei manchen Literaturpreisen frage ich mich schon, wer da was an wen vergibt – es geht schon in eine inflationäre Richtung, je mehr Preise, desto schwieriger wird es für den einzelnen Preis, seine Bedeutung publik zu machen.
Massenkompatible Literatur gab es, glaube ich, schon immer, sie schafft es heute vielleicht mehr, sich ins mediale Licht zu rücken. Was früher verschämt unter der Bettdecke gelesen wurde – und damit meine ich nicht nur Krimis – darüber wird heute munter diskutiert und so getan, als seien das Bücher, die unglaublich wichtig und bedeutend sind. In zwei Jahren erinnert sich keiner mehr daran.
Und das das Buchgeschäft kommerziell ist, dürfte jeden Verleger freuen. Es ist einfach diese Gradwanderung zwischen literarischer Klasse und Masse, die vor allem die Verlage hinbekommen müssen. Darum beneide ich sie nicht unbedingt – zumindest die Verleger, die noch einen literarischen Anspruch haben.
Liebe Grüße
Ludger
Es gab doch immer gute und schlechte Literatur. Das allermeiste, was gedruckt (oder auch in den Medien hochgejubelt) wird, interessiert nach einigen Jahrzehnten niemanden mehr, die interessanten Autoren und Bücher dagegen bleiben im literarischen Bewußtsein. Wo ist da das Problem?
An den zahlreichen Preisen scheint mir vor allem problematisch: Was gutgestellte Mittelstandsfeulletonisten für gute Literatur halten, ist in Wahrheit häufig genauso piefig, zahnlos und bieder wie diese Feulletonisten selbst.
Besser schiene mir, wenn die Stellung der Autoren gegenüber den Verlagen gestärkt würde. Das Gehalt jeder Sekretärin ist tariflich geregelt, selbst die Gewinnspanne des Buchhandels ist staatlich reguliert. Nur die Autorenhonorare sollen völlig frei ausgehandelt werden – mit dem Ergebnis, das unbekanntere Autoren häufig extrem unterbezahlt sind.