Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Die neue Doku-Soap: Krimirezensionen für Blogs

dpr ist schuld. Sein aktueller und lesenswerter Eintrag zum Thema → „Berufsbild: Krimirezensent“ hat mich auf die Idee gebracht. Nach der legendäre Reihe „Bloggen für Krimiautoren – Tote, Tags und Technik“ in drei Teilen – gefördert von der „Arbeitsgemeinschaft Regionaler Grimmi-Autorinnen und –Autoren in der EU“ – kurz ARGE – folgt nun „Krimirezensionen für Blogs – eine mehrteilige Doku-Soap für goldige Krimirezensionen in der Blogosphäre“. — Ja, und da sehen wir auch schon den ersten hauptamtlichen Kritiker vom Stuhle kippen. Egal, ein bisschen Verlust ist immer. — Zurück zum Thema: In unserer schönen Doku-Soap wollen wir uns dem Mysterium „Krimirezension“ annähern. Wie schreibt man „gute“ Krimirezensionen? Wie kommt man überhaupt auf die Idee „Krimirezensent“ zu werden? Locken wirklich blutjunge Bücherpakete und dicke Praktikantinnen? Kann man durch Bloggen neuer, deutscher Krimipapst werden? All dies und noch viel mehr ab morgen hier – und nur hier – bei krimiblog.de.

Zur Einstimmung gleich eine kleine Aufgabe: Woran erkennt man, dass ein gewisser Dieter Paul Rudolph ein Meister des Doppeldeutigen ist? Antworten gerne in den Kommentaren.

Wer war’s?

Es gibt einen Satz in Thomas Wörtches aktueller Glosse → „Was hilft, viele Bücher zu verkaufen?“, der das akute Dilemma der deutschen Krimiwelt auf den Punkt bringt:

»Denn die hunderten von „neuen“ deutschen Autorinnen und Autoren aus dem Regionalsektor, die Retro-Manie, die Kombi-Manie (…) die ganze wahnsinnige Überproduktion funktioniert ja u.a. auch, weil die qualitativen Warnsysteme außer Kraft sind.«

Das ist ein wahrer Satz. Bis diese Aussage im Text fällt, folgt man zunächst ausführlichen Erläuterungen über die Werbung und Ausrichtung von Texten ans nebulöse Zielpublikum, das ja leider oft nicht so will, wie es Verlage, Autoren und Kritiker gerne hätten. Nun wollen diese vielen Sätze eigentlich nur eines sagen: Werbung ist Werbung. Und sie tut das, was Werbung immer tut – potentielle Kunden, in diesem Fall Leser und Leserinnen, umwerben, zum Kauf des Produktes – hier ist es der „Krimi“ – animieren. Erkenntnisgewinn und Neuigkeitswert halten sich bei diesen langen Ausführungen in Grenzen.
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Der Tod braucht seine Zeit

Es ist traurig: → Niederländische Medien berichteten bereits am 7. Juli 2008 darüber, das der Autor Janwillem van de Wetering am 4. Juli 2008 in Maine (USA), gestorben ist. Der → Rowohlt-Verlag, in dem nur noch wenige Bücher des Autoren lieferbar sind, vermeldet den Tod unter den News angeblich am 7. Juli – allerdings konnte ich, als ich meinen Eintrag am 8. Juli verfasste, auf der Homepage des Verlags noch nichts finden. Und was ist mit all den deutschen Qualitätsmedien? Sie melden exakt heute, → drei Tage später, den Tod und vermutlich auch nur, weil die dpa heute um 12:05 Uhr die erste Meldung rausgehauen hat. Dort steht, das der Rowohlt-Verlag die Meldung über den Tod des Autors „am Donnerstag“ (also heute) veröffentlicht habe. Das ist ein Armutszeugnis. Für den Verlag und für all diese Qualitätsmedien.

Streifzug: Zahlen, viktorianische Professoren und lebenswichtige Autoren

→ Anne Chaplet und → Tobias Gohlis weisen auf eine Meldung der FAZ hin, wonach die Warengruppe „Krimis/Spannung“ im Jahr 2007 eine Umsatzsteigerung von 4,7 Prozent vorweisen kann. Innerhalb der Warengruppe Belletristik lag der Anteil von Krimis bei 25,6 Prozent. Ein weiterer Grund zur Freude: Anne Chaplet findet meine letzte Mankell-Rezension „lesenswert“. Dafür bedanke ich mich artig und aufrichtig.

Ins Ausland: Dort gefällt mir zum Beispiel das Blog → „The Little Professor“, in dem es um „Things Victorian and academic“ geht. Aktuell eine Rezension zu Benjamin Blacks letztem Buch → „The Silver Swan“ und ein → Beitrag zum viktorianischen Feminismus und zur Religion.

Bei → Ward Six überlegt man, → was schlechte Literatur ausmacht.

Um ein „typisches Mädchen“ geht es bei → 3:AM. Dort hat man → Cathy Unsworth interviewt. Erinnert mich daran, dass ich zwar ihren Debütroman gelesen, bislang aber nicht besprochen habe.

Fast schon ein Blog-Stöckchen: → Drei (Kriminal)-Autoren, ohne die man nicht leben kann – Antworten gibt es bei → Crime Down Under. Bleibt die Frage, welche Autorin oder welchen Autor Ihr zum Überleben braucht…

Janwillem van de Wetering gestorben

Wie → dpr beim Hinternet mitteilt, ist der niederländische Autor Janwillem van de Wetering am 4. Juli 2008 in Maine, in den USA, verstorben. Beim niederländischen Radio gibt es eine kurze Meldung dazu. Auf den deutschen Nachrichtenseiten konnte ich leider noch nichts entdecken.

→ Janwillem van de Wetering bei kaliber38.de (kostenpflichtig)
→ Janwillem van de Wetering bei krimi-couch.de
→ Meldung bei De Papieren Man
→ Meldung bei de Volkskrant
→ Ein Nachruf bei NRC Handelsblad

Hoffen wir, dass die deutschen Kulturredaktionen diese traurige Meldung nicht vergessen.

Tief durchatmen

Also jetzt mal ehrlich: Diese voll aggressiven Diskussionen, die da gestern abgingen – das geht doch gar nicht. Das ist nicht gut für den Biorhythmus und der Mond steht wahrscheinlich auch echt voll beschissen. Wenn sich der Vorsitzende einer gewissen Bestenliste darüber freut, dass es etwas → „immer voll in die Fresse!“ gibt, wenn renomierte Krimiserien als → „Hartkäse“ oder „Weichgekochtes“ diffamiert werden oder wenn auf dem → Jahrmarkt der Eitelkeiten die Fetzen fliegen – dann wird es Zeit für ein wenig Entspannung. Leute, tief durchatmen und mitmachen. Werft die Hände hoch! Folgendes Gute-Laune-Lied ist den gereizten Kritikern gewidmet…
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Butter bei die Fische

Jetzt wird es drollig. Reaktionen auf → diesen Artikel von Thomas Wörtche. Der wird von uns Lesern, wie der gute dpr wieder einmal feststellt, → nicht richtig gelesen. Ein solcher Vorwurf kommt ja nicht das erste Mal aus dem Saarland. Wir können einfach nicht richtig lesen! Wir sind zu dusselig folgenden Kernsatz und Kernaussage aus Wörtches Aufsatz herauszufiltern:

»… aber hardboiled ist und bleibt eine Einstellung zur Welt.«

Eine Aussage, die in dieser Kürze eben umstritten sein kann, was der Sinn einer Glosse ist oder sein sollte. Vor allem aber kann sie in dem von Wörtche gesetzten Kontext schlicht missverständlich sein. Denn „hardboiled“ wurde und wird auch als Bezeichnung für ein „Subgenre“ benutzt. Das mag falsch sein, allerdings weiß jeder ernstzunehmende Kritiker um die Schwierigkeiten und Stolperfallen der Genre- und Subgenre-Definitionen und wie sinnvoll oder wie unsinnig sie sein können. Dementsprechend vorsichtig sollte er damit als Autor umgehen. Darum vernebelt auch der Nachsatz » Blutströme reichen da nicht, postmodernes Gezappel à la David Peace genauso wenig wie ästhetisch karg vermittelte gesellschaftspolitische Regression.« mehr, als er wirklich erhellt. Welche Autoren/Romane vermitteln zum Beispiel ästhetisch karg gesellschaftspolitische Regression? Oder wie sagt man bei uns im Norden: Butter bei die Fische!

Es mag ja sein, dass wir alle zu dumm sind, den rapiden und rasanten Ausführungen zu folgen. Bedenklich finde ich allerdings, dass Thomas Wörtche mittlerweile einen Exegeten braucht, damit ihn das gemeine Krimivolk versteht. Wie wäre es mit Texten, die dort gekonnt verkürzend sind, wo es zum Thema passt und wo die Schwerter so scharf sind, das sie trotzdem stechen. Wo aber solche Texte klare Aussagen treffen wollen, sollten sie dies auch deutlich und unmissverständlich tun. Denn es ist nicht immer der Leser, der versagt.

Platzpatrone: Gefährliches Vakuum

Der Chinese von Henning MankellHenning Mankell: Der Chinese

Einen neuen Roman von Henning Mankell zu rezensieren lohne sich eigentlich nicht – diese Meinung vertreten einige Kritiker. Schließlich hat → Jan Christian Schmidt schon vor einigen Jahren festgestellt, dass Mankells Prosa “furztrocken“ und die Plots “bis zur Schmerzgrenze unplausibel“ seien. Es handle sich bei Mankells Büchern um nichts anderes als “Trivialliteratur für sozial-romantische Bedenkenträger… “. Obwohl dieses – aus meiner Sicht richtige – Urteil schon 2001 gefällt wurde, trifft es auch weitgehend für die nachfolgend erschienen Kriminalromane des Schweden zu. Warum also sollte man sich Gedanken über sein neuestes Werk mit dem Titel “Der Chinese“ machen? Der Grund liegt in der fatalen Wirkung, die das Werk von Henning Mankell auf die Wahrnehmung von Kriminalliteratur hierzulande leider und immer noch hat. Entscheidender ist aber das Schweigen über dieses Buch.
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Ein aufgeblähtes Windchen

Da schreibt der Thomas Wörtche einen eher → mittelprächtigen Text, der mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Warum etwa sind die Cover der Hard-Case-Crime-Reihe „handwerklich schlecht“ und damit „inkompetent“? Welche Rolle spielt es, dass der Herausgeber der US-amerikanischen Hard-Case-Crime-Reihe schlechte Kriminalromane geschrieben hat? Wo bitte wird denn ein Trend zum „hardboiler“ gebastelt? Und alle – ich schließe mich da ausdrücklich nicht aus – → werfen → sich → auf diesen Text. Erschreckend. Hier ist er tatsächlich, der Sturm im Wasserglas, aus dem ein aufgeblähtes Windchen wird.

Lustiges Bashing

Gereizte Stimmung bei den Herren Kritikern – so scheint mir das jedenfalls.

Der gute Thomas Wörtche → schlägt kräftig auf die Hard-Case-Crime-Reihe bei Rotbuch ein. Und wen findet man in der Vorschau von Rotbuch als Pressestimme? Richtig. Auch noch ausgerechnet bei einem Titel von Mickey Spillane. Dem konnte Wörtche noch nie etwas Gutes abgewinnen.

Meine Wenigkeit hingegen rührt → Tobias Gohlis. Weil ich die KrimiWelt-Bestenliste und die spärlichen Selbstkommentare (das stimmt allerdings) dazu so akribisch verfolge. Wenn schon der große Vorsitzende seine eigene Liste nicht für so wichtig erachtet, soll er doch froh sein, dass ich das tue. Mal abgesehen davon, dass der gute dpr mit seiner Replik (ausnahmsweise) völlig richtig liegt.

Ist halt Sommer und die großen Jungs dürfen in den Sandkasten. Echte Verisse konnten die – von Wörtche abgesehen – noch nie. Gerade die Herren und die Damen der KrimiWelt-Bestenliste-Jury. Die Lobhudeln sich noch einmal zu Tode. Echte Slasher findet man da eher in den USA und die gehen damit viel entspanner und vor allem souveräner um. Boing.