Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Der neue Boucher aus Blieskastel

dpr ist unter die Krimiautoren gegangen. Spätestens im Juli 2008 dürfte er, → wie er schreibt, „alle Bedingungen erfüllen, um einen Mitgliedsantrag beim SYNDIKAT, der Vereinigung deutschsprachiger KrimiautorInnen, stellen zu können.“ Er wird also Krimischriftsteller – und damit fast ein ganzes Jahr zu spät, denn schließlich wird der August 2007 der Monat des deutschsprachigen Krimis, jedenfalls wenn wir dem SPIEGEL von dieser Woche (gedruckte Ausgabe) glauben schenken dürfen. Noch dramatischer ist aber die Frage, die sich dpr angesichts seiner Krimiautorenschaft stellt: Darf er dann noch andere Krimis rezensieren, gar verreissen?

Natürlich eine rhetorische Frage, denn niemand wird es einem Krimiautoren verbieten, über andere Krimiautoren zu schreiben und sie zu kritisieren – außer vielleicht die Hauptversammlung des Syndikats. Was dpr hier als hochmoralische Frage verkauft, ist in Wirklichkeit nichts anderes als virales Marketing für sein kommendes Werk, auf das wir noch fast ein Jahr lang warten müssen. Und: Natürlich bekommt er massenhaft Zuspruch, er möge seine Kritikertätigkeit doch nicht einstellen. Das ist alles sehr, sehr perfide und der Bursche aus Blieskastel sieht sich womöglich als neuen → Boucher. Der war ja bekanntlich auch Autor und Kritiker in einer Person. Welch‘ durchtriebens Spiel, für dass er auch noch die geschätze A.C. als Kronzeugin benutzt…

Fundstücke für…

… Grenzgänger: → molosovsky stellt bei der → Literaturwelt den aktuellen Roman „Bad Monkeys“ von Matt Ruff vor. (Würde ich nicht Krimis lesen, ich würde Matt Ruff lesen).

… Schwesternliebhaber: → 13 Schwestern nennt sich das Blog von Berliner Krimiautorinnen, die zu den → Mörderischen Schwestern gehören und längst mehr als 13 Mitglieder (!) zählen.

… Vielleser: AxelB stellt vor: → Robert Littles „Zufallscode“ und → Scott Smiths „Dickicht“.

… Schnellleser: Der Krimikritiker gibt beim Krimi-Tipp der Woche → Jerry Cotton den Vorzug.

… Gläubige: „Krimi – Kirche – Karate“ verspricht Matthias Fischer in seinem neuen → Weblog. Wenn Herr Fischer dann noch das Apostroph aus dem Blogtitel nimmt, darf er auch in Zukunft Bücher schreiben (Wo ist eigentlich Georg, wenn man ihn mal braucht…)

… Apostrophliebhaber: Noch so ein Fall für Georg gibt es hier: „Karla’s Buchkolumne“.

… Gourmets (das sind so Leute wie dpr): → Thrill & Chill heißt eine Krimibuchhandlung im schönen Wien und die haben da auch ein kleines → Weblog.

Lange Zeit bin ich früh schlafen gegangen

Blogs und → Stöckchen kannte Marcel Proust noch nicht, dafür die wohltuende Kraft des Schlafes. Tolle Überleitung zu meinem ersten Stöckchen, dass ich von → dolcevita zugeworfen bekommen habe. Es geht nämlich ums Schlafen.

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Geschichten, die das Leben schreibt…

… gibt es im Blog „Skandinavische Kriminalfälle“, den die Journalistin Ingrid Raagaard seit Juli 2007 führt. Unter → skankrimi.blogspot.com gibt es True-Crime-Storys aus dem hohen Norden. Die Autorin sammelt und schreibt Reportagen über wahre Verbrechen aus Dänemark, Schweden und Norwegen – ein interessanter Einblick in die kriminelle Wirklichkeit.

Magdalen Nabb gestorben

Magdalen Nabb gestorbenWie der → Diogenes-Verlag mitteilt, ist die englische Krimiautorin Magdalen Nabb am 18. August 2007 in Florenz im Alter von 60 Jahren an einem Hirnschlag verstorben. Magdalen Nabb wurde 1947 in Church, einem Dorf in Lancashire, England, geboren. Sie studierte an der Kunsthochschule in Manchester und begann dort zu schreiben. Seit 1975 lebte und arbeitete sie als Journalistin und Schriftstellerin in Florenz. Ihre Guarnaccia-Krimis wurden hochgeschätzt, unter anderem von Georges Simenon, und sind in insgesamt vierzehn Sprachen übersetzt.

Im Diogenes-Verlag erschienen bislang dreizehn Romane mit dem sympathisch-schrulligen Maresciallo, in denen die Autorin es vermochte, den Schauplatz Florenz dem Leser anschaulich und lebhaft nahezubringen. Ein weiteres Manuskript hatte sie vor kurzem fertiggestellt, der vierzehnte Fall des Ermittlers Guarnaccia mit dem Titel Vita Nuova wird auf Deutsch voraussichtlich im Frühjahr 2008 veröffentlicht. Magdalen Nabb schrieb auch für Kinder und Jugendliche.

Im April 2006 hatte ich die Gelegenheit die Autorin in Hamburg zu treffen. Das Interview kann → hier nachgelesen werden. Meine Besprechung ihres Kriminalromans Eine Japanerin in Florenz findet sich → hier.

Rankin, Rowling und der rote Hering

Da hat der schottische Krimiautor → Ian Rankin den Kollegen von der Presse aber einen schönen, → roten Hering hingelegt. → All, → überall war zu lesen, das es ein Gerücht gäbe, → J. K. Rowling, die Autorin der Harry-Potter-Romane, würde als nächstes Buch einen Krimi verfassen. Rankins Ehefrau Miranda hätte die Potter-Erfinderin bereits in einem Café in Edinburgh gesehen, wo sie – wie einst bei Harry Potter – an einem Roman schriebe. Das hat sich nun als putziger „red herring“ von Ian Rankin herausgestellt. „Dieser Witz ist wohl außer Kontrolle geraten“ sagte Rankin gegenüber dem → Guardian. Seine Bemerkung ließ er während einer Veranstaltung auf einem Literaturfestival in Edinburgh fallen. „600 Leute saßen im Publikum und nur eine Person hat nicht gelacht.“ sagte Rankin.

Da sind wir doch mal gespannt, wann Spiegel, Zeit & Co. diesen roten Hering richtig stellen…

Via → gorgmorg

Aus dem Archiv: Heiße Rhythmen und kalter Krieg

King von Martin SchüllerMorgen, am 16. August 2007, jährt sich zum 30. Mal der Todestag von Elvis Presley. Aus diesem Grunde habe ich mal ein wenig in meinem Archiv gewühlt und die Rezension eines Krimis von → Martin Schüller zu Tage gefördert, die ich vor fünf Jahren geschrieben habe. Die Originalausgabe des Krimis „King“ ist zwar nur noch antiquarisch zu bekommen, aber die Taschenbuchausgabe ist weiterhin lieferbar.

Martin Schüller: King
Bad Nauheim, 1959: Elvis, der King des Rock’n’Roll, ist in der Stadt. Seinen Militärdienst leistet er im nahegelegenen Friedberg ab, doch er residiert mit seinem gesamten Clan in der kleinen, hessischen Kurstadt, genauer gesagt in der Goethestraße. Täglich belagern vor allem weibliche Fans sein Haus, um ein Autogramm oder vielleicht auch mehr von ihrem Idol zu bekommen. Unter die wartenden Teenager mischen sich auch merkwürdige Gestalten: Sie geben sich als Reporter der Vancouver Sun aus, in Wahrheit sind sie jedoch Agenten des CIA. Denn Elvis ist in Gefahr und sie sollen ihn schützen.

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Schwedischer Zickenkrieg

» Will ich jetzt lieber das Päckchen mit dem älteren, sexistischen Kriminologie-Professor kaufen oder das mit der weiblichen Pappfigur der jungen Autorin im Schaufenster? «

Diese Frage beschäftigt derzeit die schwedische Krimiwelt im → großen Zickenkrieg Sexisten gegen Blondinen. Herrlich. So etwas würde es bei uns in Deutschland natürlich nie geben, da sei das Harmonie-Syndikat vor…

Lesen Sie noch oder lümmeln Sie schon?

Es geht voran mit der deutschen Kriminalliteraturkultur: Wie die dpa heute meldet, wird am 19. September 2007 anlässlich des Krimifestivals → „Tatort Eifel“ das → „Kriminalhaus“ in Hildesheim Hillesheim* eröffnet. In dem Haus wird unter anderem die größte deutschsprachige Kriminalbibliothek mit mehr als 26.000 Bänden untergebracht sein. Initiator und Krimiautor → Ralf Kramp zur Ausstattung: „Das sind die Bücher des deutschen Krimiarchivs aus Bonn, die noch nie zu sehen waren“. Die Literatur umfasst Klassiker wie Miss Marple, Sherlock Holmes oder Jerry Cotton und reicht bis hin zu Siggi Baumeister und Geschichten über andere furchtlose Detektive. In einem Krimicafé „Sherlock“ können Besucher dann etwa mit einer Kaffee-Spezialröstung „Schwarzer Tod“ auf literarische Verbrechenssuche gehen. Ausgeliehen werden können die Bücher nicht.

„Es wird genügend Leseecken geben, in denen man sich lümmeln und in Ruhe schmökern kann“, sagte Kramp, der das Haus mit seiner Frau Monika angemietet hat. Das nach seiner Kenntnis erste Krimicafé Deutschlands wird mit „1000 Deko-Gegenständen“ wie alten Filmplakaten oder Büsten und „Detektiv-Tischen“ für die passende Lesstimmung sorgen. „Wir wollen mit dem Haus unsere Leidenschaft für das Genre Krimi auf spielerische Art und Weise nahe bringen“, sagte Kramp. Die Bibliothek soll aber auch für Forscher zur Verfügung stehen.

* korrigiert, siehe Kommentar.

Platzpatrone: Psycho-Papp-Thriller

Cry Baby Gillian FlynnGillian Flynn: Cry Baby

Seit einiger Zeit bringt der Frankfurter Scherz-Verlag seine Hardcover-Krimis und -Thriller mit metallisch glänzenden Schutzumschlägen heraus. Ob Elizabeth Corleys letzter Roman Sine Culpa, Andrew Gross Thriller Blut und Lüge oder Gillian Flynns vielgelobtes Debüt Cry Baby – es sind Hochglanzprodukte in edlen Gewändern, very stylish. Äußerlich. „Don’t choose a book by its cover“ – diese alte Leserweisheit gilt natürlich auch für die Edelschwarten aus dem Hause Scherz und vor allem für Gillian Flynns Cry Baby. Der Roman, dessen Originalausgabe Sharp Objects für mehrere Krimipreise nominiert war und sogar den „Ian Fleming Steel Dagger“ der britischen Crime Writers Association (CWA) abräumen konnten, ist exakt das, was der Kritiker Thomas Wörtche als „Designer-Krimi“ bezeichnet: Zur hohlen Form verkommenes Easy-Reading, hier mit der Extraportion Abartigkeit.

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