Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Urteil: „Tannöd“ ist kein Plagiat

Andrea Maria Schenkel by Ludger MenkeDie Zivilkammer des Landgerichts München I hat im Prozess um Plagiatsvorwürfe gegen die Autorin Andrea Maria Schenkel und ihren Roman „Tannöd“ heute das Urteil gesprochen. Danach ist der Krimi-Bestseller „Tannöd“ kein Plagiat. Die Klage des Sachbuchautors → Peter Leuschner wurde zurückgewiesen. Ihr Roman sei „trotz bestehender Parallelen“ zu dem Sachbuch „Der Mordfall Hinterkaifeck“ wegen seines eigenschöpferischen Gehalts als „urheberrechtlich unbedenklich“ anzusehen, heißt es in der noch nicht rechtskräftigen Entscheidung (Az.: 21 O 15192/07). Hintergrund beider Bücher ist ein bis heute nicht → aufgeklärter sechsfacher Mord auf einem Einödhof in Bayern im Jahre 1922.

Leuschner hatte Andrea Maria Schenkel vorgeworfen, ihren Roman praktisch von seinem Buch abgeschrieben zu haben. Sie habe Szenen- und Handlungselemente übernommen, die auf seiner Fantasie basierten und damit urheberrechtlich geschützt seien. Dem schloss sich das Gericht nicht an. Nach Durchsicht der noch vorhandenen Ermittlungsakten, Polizeiberichte und Pressemitteilungen kamen die Richter zu dem Ergebnis, Leuschner habe häufig lediglich historische Überlieferungen weiter ausgeschmückt. Schenkel konnte laut Urteil bestimmte Handlungselemente öffentlich zugänglichen amtlichen Dokumenten entnehmen.

Soweit sich die Autorin einzelner Szenen des Sachbuchs bedient habe, sind diese laut Urteil „nicht so bestimmend“, dass sie den ganzen Kriminalroman prägten. Dessen hervorstechende Eigenart ergebe sich „aus Stil, Aufbau und Erzählweise“.

Die Entscheidung kam nicht überraschend. Schon in der mündlichen Verhandlung im Februar hatte Vorsitzender Thomas Kaess deutlich gemacht, dass in seinen Augen die übernommenen Details „keine stark prägenden Elemente sind“. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 500.000 Euro festgesetzt.

Wie lenkt man ein Interview?

Kann mir bitte jemand mal den Leitfaden für die Lenkung von Interviews ‚rüber schicken? Laut dem „Focus“- Autor Nico Freyer habe ich es nämlich → „irgendwie“ verpasst ein Interview mit Gilbert Adair, das im „Krimijahrbuch 2008“ erschienen ist, so zu führen, wie es sich gehört. Nur mal so: Irgendwie versuche ich ja Worte wie „irgendwie“ in meinen Besprechungen irgendwie zu vermeiden. Wenn es irgendwie geht. Weil „irgendwie“ jegliche Aussage irgendwie verwässert. So, als sei das alles irgendwie gar nicht so, wie man es irgendwie schreibt.

Egal. Interessant, das man dies bei der „Welt“ anders sieht: Dort freut man sich über die → „kundigen Interviews mit Autoren wie Frank Göhre und Gilbert Adair“.

Mit Dank an dpr für den → Hinweis auf die „Focus“-Besprechung.

Apropos Lenkung von Interviews: Gut, dass Nico Freyer nicht die Bücher „Into the Badlands“ und „Back to the Badlands“ von John Williams in die Hände gefallen sind. Die Interviews, die der Journalist Williams dort führt, werden nun gar nicht so gelenkt, wie es sich für das deutsche Feuilleton „gehört“. Glücklicherweise. Mehr dazu in den nächsten Tagen hier in einer Besprechung.

Streifzug: Mord im Museum und blutige Steaks

Als Staubsauger betätigt. Folgendes eingefangen:

Die → unaufgeklärten Morde von Hinterkaifeck, die unter anderem Andrea Maria Schenkel zu ihrem Roman „Tannöd“ inspiriert haben, kommen jetzt ins Museum.

Frank Schätzing ist davon überzeugt, dass man jede Geschichte als Krimi erzählen kann. „Oder nehmen Sie Kochrezepte: Tomaten häuten, Kartoffeln die Augen ausstechen. Wie wollen die meisten ihr Steak? Blutig!“. → Mehr dazu im Interview mit dem Tagesspiegel.

Immer wieder hörenswert ist der Buchmarkt beim Deutschlandfunk. In den vergangnen Tagen wurden dort unter anderem das neue Buch → „Quellcode“ von William Gibson vorgestellt sowie → Michael Chabons „Die Vereinigung jiddischer Polizisten“.

Bislang in keiner Zeitung gefunden, daher hier ganz kurz vermerkt: Die Stadt Wiesbaden vergibt ein Krimistipendium
Zur Förderung der Kriminalliteratur wird die Stadt Wiesbaden künftig an drei Krimiautoren pro Jahr ein je vierwöchiges Aufenthaltsstipendium vergeben. Das erste „Trio mortale“ im Frühjahr 2009 werden Mitra Devi, Tatjana Kruse und Oliver Bottini bilden, wie die Stadt am Donnerstag mitteilte. Das Stipendium ist pro Autor mit 2.500 Euro dotiert. Die drei Autoren, die beim Krimiherbst 2007 mitgewirkt haben, werden zu gleicher Zeit im Literaturhaus wohnen und arbeiten.

Streifzug: Von hungrigen Detektiven und paradiesischen Krimis

Es erstaunt mich immer wieder, was einem so ins Blogger-Netz gehen kann, wenn man sich ein wenig umschaut.

Zum Beispiel ein Blog über → Mysteries in Paradies. Dort macht man sich auch Gedanken über → deutsche Krimiautoren.

„Soda versus Pop. GO!“ – was für ein Schlachtruf. So etwas fällt → hungernden Detektiven ein.

Immer wieder schön, wenn sich Autoren zusammenrotten, um zum Beispiel ein Blog zu betreiben. → Type M for Murder kommt dann dabei heraus.

Auch US-amerikanische Krimibuchhandlungen bloggen, → wie zum Beispiel in Arizona. Da haben sie ihren deutschen Kollegen etwas voraus.

Nicht wirklich neu, aber immer wieder einen Besuch wert, sind die → Schnipsel bei Euro Crime.

Derweil erklärt uns John Barnett, → was man eigentlich unter Mord versteht. Gut aufgepasst, liebe Kinder!

Und zum Schluss das Interview der Woche: Das hat Thomas H. Cook gegeben und kann → im Blog von Radio Free UBU nachgelesen werden.

Platzpatrone: Lustige Abzocke

Wie man als Verlag sowohl mit Büchern als auch mit deren Besprechungen Geld verdienen kann und wie man als Zeitung darüber nicht berichten sollte.

Das „Hamburger Abendblatt“ hat heute einen → launigen Artikel veröffentlicht, in dem es um eine Internetseite geht, bei der man als Schriftsteller gegen Geld eine positive Rezension bekommt. Nun ist das nicht wirklich neu, dem Abendblatt aber offenbar einen Artikel auf der ersten Seite in der Printausgabe wert. Schade, dass dem Abendblatt-Autor Joachim Mischke nicht die großen Anzeigen auf der Startseite der betroffenen Homepage ins Auge gefallen sind und dass er sich vermutlich auch nicht die Mühe gemacht hat, einfach mal ins Impressum der betroffenen Seite zu klicken. Betrieben wird diese ach so lustige Dienstleistung am frustrierten Schriftsteller nämlich von der Brentano Gesellschaft Frankfurt. Und spätestens da hätten bei ihm, wenn er sich denn wenigstens etwas im Literaturbetrieb auskennen würde, → die → Alarmglocken → läuten → müssen.

Weitere Infos zu Zuschuss-Verlagen gibt es übrigens → hier.

Wahrheit oder Wahn?

Der langsame Tod der Luciana B.Guillermo Martínez: Der langsame Tod der Luciana B.

An Jorge Luis Borges, dem großen Schriftsteller der argentinischen Literatur, scheint kaum einer seiner schreibenden Landsleute vorbei zu kommen. An ihm und seinem Werk arbeiten sich Autoren der jüngeren Generation offensichtlich gerne ab. So zum Beispiel der 1962 geborene Guillermo Martínez, der von Hause aus Mathematiker ist und unter anderem eine Abhandlung über “Borges y la matematica“ (“Borges und die Mathematik“) verfasst hat. Auch in seinem an literarischen Anspielungen und Verweisen reichen Roman “La muerte lenta de Luciana B“ – bei uns unter dem Titel “Der langsame Tod der Luciana B.“ kürzlich erschienen – finden sich starke Bezüge zum Wegbereiter der postmodernen Literatur. Der belesene Borges spielte in seinen Erzählungen gerne mit seinen Lesern, sorgte durch das Verwischen der Grenzen zwischen Realität und Fiktion für Verunsicherung. Ähnliches findet sich nun in dem Roman von Martínez, der über das langsame Sterben der jungen Luciana B. berichtet.
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Ein Literaturpreis und eine Anthologie

Die Blog-Kollegen vom → „Duftenden Doppelpunkt“ sind sehr rührig und feiern am 16. Mai in der Bücherei Sandleiten in Wien die → Verleihung des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ und präsentieren gleichzeitig die Anthologie „Rote Lilo trifft Wolfsmann“, in der Texte des Literaturpreises versammelt sind. Gleichzeitig läuft auch noch ein Quiz zum Thema „Literatur in der Arbeitswelt“. Viel Spaß dabei!

TagesSatz: Nur hungernde Autoren können gute Autoren sein

»Wenn der Literatur nutzt, was den Schriftstellern schadet, dann, liebe Förderfunktionäre und kuchenverdrückendes Literaturhauspublikum: Schadet den Schriftstellern! Hungert sie aus! Macht sie wütend! Was entsteht, wenn unsere brillantesten Autoren auf ihre Worte zurückgeworfen sind, wenn sie Sätze, Bücher, Plots als Waffen im Diskurskrieg begreifen, wenn sie gegen die kaum weniger gewordenen Verlogenheiten des heutigen Staates anschreiben, ungebunden, ungesichert, im Geist des Partisanen – was dann entsteht, das ist es, was wir lesen wollen und was das Zeug hat, die Zeiten zu überdauern. Der Schriftsteller als spürbares Gegengewicht, nicht als Pokalentsorgungscontainer an der Autobahn nach Bad Gandersheim.«
Oliver Jungen in seinem Pamphlet: „→ Autorenförderung? Hungert sie aus!“ in der FAZ

„Eine gute Kriminalgeschichte schärft die Sinne“

Andrew Taylor. Photo by Ludger Menke

Ein Interview mit dem britschen Autor Andrew Taylor
Von Ludger Menke

Er ist einer der erfolgreichsten Kriminalschriftsteller in England: Andrew Taylor. Der 1951 geborene Autor hat über 30 Bücher veröffentlicht, neben Kriminalromanen auch Kinder- und Jugendbücher. Bei uns wurde Taylor unter anderem durch seine „Roth“-Triologie bekannt, in der er auf sehr realistische Weise das Leben im Londoner Vorort Roth erzählt und die in England unter dem Titel „Fallen Angel“ für das Fernsehen verfilmt wurde. Auch die „Lydmouth“-Serie, deren erster Band „An Air That Kills“ (dt.: „Dunkle Verhältnisse“) 1994 erschienen ist und von einem Kritiker als „Middlemarch mit Mord“ bezeichnet wurde, ist bei uns erschienen. In der bislang acht Bände umfassenden Serie schildert Taylor das Leben des Polizisten Richard Thornhill in dem kleinen, fiktiven Ort Lydmouth während der 1950er Jahre. Leider ist Andrew Taylor, der scheinbar mühelos zwischen verschiedenen Stilen der Kriminalliteratur wechseln kann, immer noch ein Geheimtipp bei uns. Um so erfreulicher, dass er im April 2008 zu einer Lesereise nach Deutschland kam und ich die Möglichkeit zu einem Gespräch hatte.

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Edgar Awards 2008 – Die Gewinner

Am 1. Mai wurden in New York die Gewinner der diesjährigen Edgar Awards in den jeweiligen Kategorien bekannt gegeben. Die →”Edgars” zählen zu den renommiertesten Krimipreisen und werden von den → Mystery Writers of America (MWA) vergeben. Hier die Liste der Preisträger:

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