Krimiblog-Archiv

2005 – 2010

Voting der Woche: Krimi mit Beilage

Bei einer DVD gehört es mittlerweile zum Standart: Besondere Features wie ein „Making of“, Interviews mit den Schauspielern oder herausgeschnittene Szenen bieten Filmfans einen Mehrwert. Etwas zögerlicher zeigen sich da die Buchverlage. Bislang noch sporadisch legen sie ihren Krimis ein Heftchen bei oder hängen am Endes des Buches Ergänzung an. Darin finden sich dann zum Beispiel ein Interview mit dem Autor, Werkbibliografie, Biografie oder herausgestrichene Stellen. Wie sinnvoll halt Sie diese „Krimis mit Beilage“? Wünschen Sie sich mehr davon oder reicht Ihnen einfach der Krimi? Darum geht es im Voting der Woche.

Read the rest of this entry »

Presseschau

Crime Time Ein großes Special über den „Fledermaus-Detektiv“ Batman erwartet die Leser in der 46. Ausgabe der englischen Zeitschrift → Crime Time. Comics und Filme stehen hier entsprechend im Mittelpunkt. Daneben gibt es weitere Artikel und Interviews: Ian Rankin gibt Auskunft über seinen Roman „Fleshmarket Close“, der kürzlich bei uns unter dem Titel „So soll er sterben“ in der deutschen Übersetzung erschienen ist. (Übrigens eine lobenswerte Edition, da Goldmann dem Roman ein kleines Heftchen beigelegt hat, in dem es unter anderem ein Interview mit dem Meister gibt. Das dürfen die Verlage gerne öfter machen).

Weiterhin in der Crime Time: Jonathan Gash, der bei uns nach Einstellung der DuMont-Noir-Reihe fast schon wieder aus den Buchhandlungen verschwunden ist, äußert sich zum Einfluss des Fernsehens; Maxim Jakubowski bespricht Romane von John Twelve Hawks, Reginald Hill oder Robert Lewis; Mike Ashley porträtiert einen der letzten britischen Pulp-Autoren, Edward D. Hoch, der an seiner neunhundertneunten (!) Kurzgeschichte arbeitet. Nach DVD- und TV-Tipps gibt es dann schließlich „The Verdict“, Kurzbesprechungen von aktuellen Neuerscheinungen.

Dr. Mabuses feuchte Träume

Vincents Methode
Rüdiger Janczyk: Vincents Methode : Niederrhein Krimi

Wenn der Onkel Doktor zum Stift greift, muss er nicht unbedingt rezeptpflichtige Medikamente verschreiben. Er kann zum Beispiel auch einen Krimi zu Papier bringen. Rüdiger Janczyk ist Arzt und hat statt einem Medikamentenrezept seinen dritten Krimi geschrieben. „Vincents Methode“ lautet der Titel und verspricht eine Geschichte über das organisierte Verbrechen am Niederrhein. Leider eine Geschichte mit Nebenwirkungen.

Read the rest of this entry »

Die Jungfrau und der schwule Bulle

Reine Nervensache
Martin Arz: Reine Nervensache : Pfeffers zweiter Fall

Schwule Kommissare sind eine Seltenheit in deutschen Krimis. Einer der wenigen Autoren, die eine solche Figur erfunden haben, ist der Münchener Autor und Maler Martin Arz. Bekannt wurde er zunächst durch seine Reihe um den schwulen Hobbydetektiv Felix von Schwind. Vier Romane mit dem gutaussehenden Kundenberater einer Münchener Werbeagentur liegen bislang vor. 2004 veröffentlichte Arz dann den Auftakt zu einer neuen Krimiserie um den schwulen Kriminalrat Max Pfeffer. „Das geschenkte Mädchen“ heißt der erste Roman, in dem der Mord an einem Afrika-Experten den klugen Kommissar mit den Abgründen der deutschen Kolonialgeschichte konfrontiert. Nun liegt der zweite Fall für Pfeffer vor: „Reine Nervensache“ lautet der Titel und diesmal ruft ein geköpfter TV-Produzent Max Pfeffer auf den Plan.

Read the rest of this entry »

Europolar – die dritte Ausgabe

Europolar

Es gibt Pressemitteilungen, über die freue ich mich. Zum Beispiel diese, die gerade in meinem Postfach war:

Die dritte Ausgabe der fünfsprachigen Internetzeitschrift → Europolar (französisch, englisch, deutsch, italienisch, spanisch) zum europäischen Kriminalroman ist gerade erschienen. Die Idee entstand im November 2004 während einer Krimitagung der deutsch-französischen Kultur- und Begegnungsstätte Genshagen. Zwei Monate später ging die erste Ausgabe ins Netz. Die regelmäßigen Rubriken der website stellen Romane, neueste Informationen aus der Krimiszene, grundlegende Essays (z.B. zu Jean-Patrick Manchette) und Interviews vor. Jede Ausgabe bietet den Krimiliebhabern und Autoren die Möglichkeit über ein Thema kontrovers zu diskutieren. Die erste Ausgabe stellte die europäische Verfassung zur Diskussion, die zweite den bezahlten Urlaub und in der Nummer 3 wird die Erinnerung im Kriminalroman behandelt.

Read the rest of this entry »

Voting der Woche: Regionalkrimis

Geliebt und verschmäht – an den Regionalkrimis scheiden sich die Geister. Doch wie denken Sie darüber? Mögen Sie Krimis aus der Region oder haben Sie nur ein müdes Lächeln dafür übrig? Darum geht es diesmal im Voting der Woche. Read the rest of this entry »

Liebestöter

Mausefalle Bitte denken Sie jetzt nicht, ich sei ein Dessous-Fetischist. Der Internetversand → heldengold.de bietet tragbare Devotionalien für vermeintliche Krimifreundinnen und -freunde. Ein Bestseller ist der String mit dem Aufdruck „Die Mausefalle“. Ungefähr so erotisch wie die früheren Liebestöter. Das wäre doch auch mal ein netter Krimititel: Eine nymphomane Großstadtschickse murkst ihre Liebhaber mit einem Mieder ab…. Aber ich schweife ab.

Zurück zu Heldengold. Nett sind übrigens auch die Kategorien: Krimi, Agenten, Ganoven. Warum die T-Shirts mit der TV-Schnarchnase „Matula“ unter „Agenten“ gelistet sind, bleibt ein Rätsel. Artikel, die kein Mensch braucht, müssen vermutlich gut versteckt werden.

Gefunden über das → Gästebuch der Krimi-Couch.

Mut und Humor gegen das Vergessen

Das Kindermädchen

Elisabeth Herrmann: Das Kindermädchen

„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Diese oft zitierte Aussage von Hanns Joachim Friedrichs soll Journalisten zur Neutralität verpflichten. Doch wie sieht es mit Autorinnen und Autoren von Kriminalliteratur aus? Dürfen sie sich mit einer Sache „gemein“ machen, wenn sie allgemein für „gut“ befunden wird? Wo liegen die Grenzen zwischen Nichteinmischung und persönlicher Beteiligung? Elisabeth Herrmann ist Fernsehjournalistin und arbeitet für den RBB. Nun ist ihr zweiter Roman „Das Kindermädchen“ erschienen (zugleich ihr erster Krimi), in dem sie einen bedrückenden Aspekt deutscher Gegenwart und Vergangenheit behandelt. Es geht um die beschämende Verleugnung der Existenz von Zwangsarbeiterinnen in deutschen Familien während des Dritten Reichs.

Dass es Ausbeutung von Zwangsarbeitern in Fabriken und Firmen gab und dass sich bis heute einige deutsche Wirtschaftsunternehmen weigern, den wenigen Überlebenden eine Entschädigung zu zahlen, kann noch als bekannt vorausgesetzt werden. Man hat davon gehört. Kaum jemand aber weiß von den Frauen und Mädchen, die während der letzten Jahre der NS-Herrschaft aus Polen oder der Ukraine nach Deutschland verschleppt wurden, wo sie als Haushaltshilfe oder Kindermädchen in den Haushalten reicher Familien schuften mussten. Genau um so einen Fall geht es in Herrmanns Kriminalroman.

Read the rest of this entry »

Sprachlosigkeit statt Streitlust

Eine → merkwürdige Utopie hat der gute dpr heute ins → Blog gestellt. „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“, möchte ich da rufen. Das liegt unter anderem daran, dass ich auf der Seite der Leserinnen und Leser, zu denen ich mich auch zähle, nur sehr wenig Diskussions- oder Kommunikationsbedarf sehe. Da gibt es selten eine Botschaft zu hören.

Wie es bei den Autorinnen und Autoren aussieht, vermag ich nicht zu beurteilen. Ein Blick auf die → Notizen eines deutschen Krimiautors (Einträge vom 21. und 20. Oktober 2005) sprechen jedoch nicht unbedingt dafür. Ein Einzelfall, sicherlich. Denn sonst hört man auch von dieser Seite nur wenige Botschaften, ausser denen, die manche in ihre Bücher verpacken. Sprachlosigkeit statt Streitlust. Da hat es dann selbst eine alte Krawallschachtel schwer.

Alte deutsche Heimatliteratur

Heimatroman
Totgesagte leben länger. Das zeigt die alte, immer wieder aufkommende Diskussion um den Regionalkrimi. Der gute dpr hat ganz frisch ein paar → Gedanken zum Regionalkrimi geblogt. Schon vor fünf Jahren stellte Reinhard Jahn in einem längeren Vortrag → Überlegungen zum Regionalkrimi an und versuchte sich in einer Definition. Auch der geschätzte Stefan Lichtblau veröffentlichte vor einigen Jahren einen →Beitrag zum Thema und vermutete den „Regio-Krimi“ gar schon auf dem Weg zur neuen Pulp-Literatur.

Wiederholt machen die jeweiligen Autoren darauf aufmerksam, dass es beim Regionalkrimi um den lokalen Bezug geht, den Wiedererkennungseffekt. Das dabei die literarische Qualität sehr oft nachsteht, ist ein Makel des regionalen Krimis. Dem mag man zustimmen. Was bei all diesen Überlegungen jedoch kaum erwähnt wird, ist die Tradition der Heimatliteratur in Deutschland. Die ist nämlich eine sehr zweifelhafte.

Read the rest of this entry »