
Elisabeth Herrmann: Das Kindermädchen
„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“ Diese oft zitierte Aussage von Hanns Joachim Friedrichs soll Journalisten zur Neutralität verpflichten. Doch wie sieht es mit Autorinnen und Autoren von Kriminalliteratur aus? Dürfen sie sich mit einer Sache „gemein“ machen, wenn sie allgemein für „gut“ befunden wird? Wo liegen die Grenzen zwischen Nichteinmischung und persönlicher Beteiligung? Elisabeth Herrmann ist Fernsehjournalistin und arbeitet für den RBB. Nun ist ihr zweiter Roman „Das Kindermädchen“ erschienen (zugleich ihr erster Krimi), in dem sie einen bedrückenden Aspekt deutscher Gegenwart und Vergangenheit behandelt. Es geht um die beschämende Verleugnung der Existenz von Zwangsarbeiterinnen in deutschen Familien während des Dritten Reichs.
Dass es Ausbeutung von Zwangsarbeitern in Fabriken und Firmen gab und dass sich bis heute einige deutsche Wirtschaftsunternehmen weigern, den wenigen Überlebenden eine Entschädigung zu zahlen, kann noch als bekannt vorausgesetzt werden. Man hat davon gehört. Kaum jemand aber weiß von den Frauen und Mädchen, die während der letzten Jahre der NS-Herrschaft aus Polen oder der Ukraine nach Deutschland verschleppt wurden, wo sie als Haushaltshilfe oder Kindermädchen in den Haushalten reicher Familien schuften mussten. Genau um so einen Fall geht es in Herrmanns Kriminalroman.
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